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Grosse Schweizer Arbeitgeber behandeln das Thema Workation (noch) sehr stiefmütterlich. Bild: Adobe Stock

Deshalb sind die Arbeitgeber bei Workation zurückhaltend

Reto Suter

Einige propagieren es als Allheilmittel im Kampf gegen den Fachkräftemangel, andere sehen es als Zauberformel für zufriedenes Personal: Workation. Für die grossen Schweizer Arbeitgeber ist der Mix aus Job und Ferien (momentan) allerdings kaum der Rede wert.

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, motiviertere Angestellte und zusätzliche Inspiration für anstehende Projekte – Argumente, die für einen Workation-Aufenthalt sprechen, gibt es viele. Umso erstaunlicher ist es, dass zahlreiche Schweizer Firmen das Thema (noch) sehr stiefmütterlich behandeln. Darauf jedenfalls lässt eine Umfrage von Travelnews bei mehreren grossen Schweizer Arbeitgebern schliessen.

Für Nestlé und die Zurich Versicherung scheinen Workation-Angebote derart nebensächlich zu sein, dass die Unternehmen nicht einmal geantwortet haben. Die anderen angefragten Firmen haben das Thema zwar auf dem Zettel. In eine Vorreiterrolle schlüpfen will derzeit aber niemand.

Kaum Nachfrage, grosse Risiken

Die Swisscom streicht heraus, dass sie das mobile Arbeiten schon seit Jahren fördere, allerdings ausschliesslich in der Schweiz. Die Vorgabe: An mindestens zwei Tagen pro Woche müssen die Angestellten im Büro arbeiten. Bei Workation im Ausland steht das grösste Telekommunikations-Unternehmen der Schweiz mit fast 20'000 Mitarbeitenden derzeit auf die Bremse.

«Mobiles Arbeiten in anderen Ländern kann rechtliche Risiken nach sich ziehen – sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer», erklärt Swisscom-Sprecherin Sabrina Hubacher. Dies bedürfe einer umfassenden, länderspezifischen Abklärung. «Wir verfolgen die (rechtlichen) Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und prüfen, ob und in welcher Form wir unseren Mitarbeitenden in Zukunft Workation aus dem Ausland anbieten können und wollen.»

Ähnlich tönt es beim Versicherer Baloise Group, der aktuell knapp 8000 Mitarbeitende beschäftigt. Das Workation-Modell werde nicht aktiv gefördert, sagt Sprecherin Fiona Egli. «Individuelle Anfragen prüfen wir jedoch hinsichtlich rechtlicher und geschäftlicher Machbarkeit.» Bisher haben laut Egli nur einige wenige Angestellte einen Workation-Aufenthalt gemacht. Die Nachfrage sei sehr klein.

Voraussetzungen sehr unterschiedlich

Die Schweizerische Post gibt zu bedenken, dass bei ihr nur 12'000 von 47'000 Mitarbeitenden in Jobs arbeiten, die auch im Homeoffice zu erledigen sind. «Ausserdem sind wir überzeugt davon, dass es Nähe zur internen und externen Kundschaft, geplante physische Meetings und auch spontane Begegnungen auf dem Gang braucht», sagt Sprecherin Jacqueline Bühlmann. Sie seien eine wichtige Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg.

Die Post bewilligt mobiles Arbeiten aus dem Ausland nur in Ausnahmefällen. Sie begründet diese Haltung wie die Swisscom mit der komplexen Situation punkto Versicherungen, Steuern und Datenschutz.

In einer vergleichbaren Situation ist die Migros. Rund drei Viertel ihrer 47'000 Angestellten können laut Sprecherin Carmen Hefti gar nicht von zu Hause oder sonst wo arbeiten. «Wie die Homeoffice-Regelung dort, wo arbeiten per Remote-Zugriff möglich ist, umgesetzt wird, entscheiden die jeweiligen Genossenschaften und Unternehmen der Migros-Gruppe selbst», so Hefti. Zu Fragen, die konkret Workation betrafen, äusserte sich die Migros-Sprecherin nicht.

Gar kein Thema ist Workation beim Liftbauer Schindler mit seinen knapp 70'000 Mitarbeitenden. «Der persönliche Kontakt ist in unserer Branche sehr wichtig», sagt Sprecher Roman Schenkel. «Wir wollen, dass sich unsere Teams regelmässig in unseren Büros Face-to-Face treffen, austauschen und neue Ideen generieren. Zudem gebe es viele Angestellte mit Kundenkontakt, für die Workation ohnehin nicht in Frage komme, beispielsweise in der Montage, in der Wartung oder im Verkauf.

Kein Trumpf auf dem Arbeitsmarkt

Kaum einen Vorteil versprechen sich die angefragten Firmen von Workation, wenn es darum geht, Personal zu rekrutieren und Mitarbeitende längerfristig ans Unternehmen zu binden. Sie werfen momentan andere Argumente in die Waagschale, um sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren: Faire Löhne, Gleitzeit, Ferienkauf sowie interne und externe Weiterbildung – um nur einige zu nennen.

«Themen wie Homeoffice, Unternehmenskultur und Sinnhaftigkeit der Arbeit wird eine deutlich grössere Bedeutung beigemessen», fasst es Fiona Egli, Sprecherin der Baloise Group zusammen.

Fazit: Ganz ausser Acht lassen wollen die grossen Schweizer Arbeitgeber des Thema Workation zwar nicht. Allzu grosses Potenzial scheinen sie darin allerdings nicht zu sehen. Gut möglich, dass sich die Situation in einigen Jahren anders präsentiert.