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Kolumbien, das neue Costa Rica
Reto SuterDer Netflix-Hit «Narcos» hat Kolumbien zahlreichen Menschen näher gebracht – allerdings vorwiegend negativ behaftet. Denn er basiert auf der wahren Geschichte der gewalttätigen Drogenkartelle Kolumbiens. Hauptfigur ist der berüchtigte Drogenbaron Pablo Escobar. Die Serie befeuert das Klischee, dass das Land nach wie vor ein gefährliches Pflaster sei.
Im internationalen Vergleich mag die Kriminalitätsrate immer noch eher hoch sein. Sie ging in den vergangenen Jahren aber stark zurück. Inzwischen ist sie kaum mehr höher als in den anderen Ländern Südamerikas. Diese positive Entwicklung ist vielen Reisenden nicht verborgen geblieben, wie Globetrotter auf Anfrage von Travelnews bestätigt. «Die Nachfrage ist in den letzten Jahren – mit Ausnahme der Corona-Zeit – konstant gestiegen», sagt Sprecherin Sandra Studer.
Edelweiss-Flüge als Katalysator für Reise-Boom
Ab dem 22. November fliegt die Edelweiss zweimal wöchentlich ab Zürich nach Kolumbien. Immer mittwochs und sonntags geht's nonstop in die Hauptstadt Bogotá und von dort weiter nach Cartagena an die Karibikküste. Von diesem neuen Angebot versprechen sich die grossen Schweizer Reiseveranstalter viel.
Laut Sebastian Kickmaier, Director Tour Operating bei Travelhouse, ist das touristische Potenzial Kolumbiens riesig. Andere Märkte hätten das schon etwas früher erkannt, die Schweiz hole jetzt aber auf. «Das Land bietet alle Facetten, die das Reisen interessant machen – von attraktiven Städten wie Bogotá und Medellín über die Karibik- und die Pazifikküste bis zum Dschungel im Amazonasgebiet», so Kickmaier. Zudem habe sich die Sicherheitslage deutlich verbessert, die Touristenpolizei sei massiv aufgestockt worden.
Auch DER Touristik Suisse sieht Kolumbien nach bewegten Jahren mit Drogenkartellen und Guerillakriegen im Aufbruch und baut seine Angebote entsprechend aus. Ganz neu ins Programm aufgenommen werden zwei unterschiedlich lange Gruppenreisen. Beide führen von Bogotá nach Cartagena, wie es kürzlich an einem Karibik-Workshop mit Reiseprofis hiess.
Costa Rica taugt als Vorbild
Die beliebteste Destination der Schweizerinnen und Schweizer in Lateinamerika ist seit vielen Jahren Costa Rica. Das Land mit seinen 100 Vulkanen und 27 Nationalparks gilt als das fortschrittlichste der Region, was Wirtschaft und Sauberkeit angeht. Nicht umsonst wird es auch «die Schweiz Mittelamerikas» genannt. Kann Kolumbien in touristischer Hinsicht schon bald mit den Ticos in Costa Rica konkurrenzieren? Hier gehen die Meinungen in der Schweizer Reisebranche auseinander.
Sebastian Kickmaier von Travelhouse glaubt daran, dass sich Kolumbien im Tourismus früher oder später mit Costa Rica messen kann. Gleichzeitig betont er aber auch: «Das wird sicherlich noch nicht im kommenden Jahr der Fall sein. Längerfristig sind wir allerdings überzeugt davon, dass Kolumbien das Zeug dazu hat, um zur nächsten grossen Destination Lateinamerikas zu werden», sagt der Experte von Travelhouse.
Zurückhaltender äussert sich bei diesem Vergleich Sandra Studer von Globetrotter. «Ich gehe nicht davon aus, dass Kolumbien ein zweites Costa Rica wird», sagt sie. Das habe mehrere Gründe. «Mittel- und langfristig braucht es in Kolumbien sicherlich noch eine breitere Hotelinfrastruktur, insbesondere im Bereich Badeferien», so Studer. Zudem seien die Distanzen viel grösser als in Costa Rica. Deshalb eigne sich Kolumbien weniger gut als Selbstfahrerdestination. Und: Trotz einer deutliche besseren Situation als noch vor ein paar Jahren leide das Land immer noch unter seinem schlechten Ruf betreffend Sicherheit.
Wie gross die Lust der Schweizerinnen und Schweizer nach Ferien in Kolumbien tatsächlich ist, wird sich erstmals im kommenden Winter zeigen, wenn die Edelweiss ihre Flüge nach Bogotá und Cartagena aufgenommen hat.