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Hütten-Knigge für Einsteiger: Was darf ich, was muss ich?
Christian HaasBernina Trek, Meraner Höhenweg, Alpe-Adria-Trail: Es gibt viele lohnenswerte Wochenend- und Mehrtageswanderungen. Kein Wunder, dass diese sich – durch die Pandemie nochmal beschleunigt - immer grösserer Beliebtheit erfreuen. Dazu trägt auch das Hüttenflair bei, das eben nicht nur bei einer kurzen Einkehr erlebt wird, sondern über Nacht. Wobei auch klar ist: Ein Hüttenbesuch unterscheidet sich in vielen Punkten von einem Hotelaufenthalt. Damit die Übernachtung in einer Berghütte so angenehm wie möglich wird, helfen einige einfache Verhaltensregeln.
Auch wenn es allein in den Alpen mehr als 2000 Hütten gibt, lautet der wichtigste Tipp: frühzeitig reservieren! Zum einen steigen die Chancen, nicht im Matratzenlager zu landen. Die meisten Hütten verfügen neben den grossen Lagern nämlich auch über familiärere Zwei- bis Sechsbettzimmer. Zum anderen ist es gerade in Kleingruppen sowie bei Fernwanderungen essentiell, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort auch wirklich unterzukommen. Sonst bedeutet das womöglich das Tour-Ende.
Spontane Übernachtungen sind selten möglich
Auf «freies Bettenglück» sollte man nicht vertrauen. Da hilft es auch wenig, dass Hüttenwirte oft nur etwa drei Viertel der Schlafplätze im Voraus vergeben. Selbst der Rest ist insbesondere bei schönem (Wochenend-)Wetter gern schnell belegt. Was dann? Falls man an einem ausgebuchten Tag noch eine andere Hütte in der Nähe erreichen kann, wird der Wirt einen dorthin umleiten. Beruhigend: Ist dies nicht möglich oder droht schlechtes Wetter, gibt es immer noch das Notlager, über das jede Hütte verfügt und das im Notfall auch vergeben wird. Das bedeutet aber freilich noch geringeren Komfort.

Wie aber findet man überhaupt passende Bergunterkünfte? Als erste Anlaufstelle bezüglich Kontakt und Öffnungszeiten dienen die Alpenvereine in den verschiedenen Ländern. Ein umfassendes Online-Reservierungsportal vereinfacht die Suche nach freien Terminen.
Alpenvereinsmitglieder nächtigen übrigens ein paar Euro respektive Franken günstiger. Zudem wird ihnen das «Bergsteigeressen» zum Vorzugspreis aufgetischt, sie können an Kursen teilnehmen, Wanderkarten ermässigt leihen, kaufen und vieles mehr, und das für einen Jahresbeitrag zwischen 80 und 180 Franken, in Deutschland zwischen 45 und 120 Euro – je nach Sektion.
So läuft der «Check-in» in der Hütte ab
Was passiert aber nun bei der Ankunft auf der Hütte? Zuerst meldet man sich beim Hüttenwirt. Der teilt dann Zimmer- oder Lagerplatznummer ein und erklärt die Duschgepflogenheiten (Münzen? Wertmarken? Mitunter gibt es aber auch gar keine Duschen) und die festen Essenszeiten (meist schliesst die Küche bereits um 19 Uhr – also rechtzeitig ankommen!).
Wichtig: Bevor es in die Schlafräume geht, sind die Berg- gegen Leihschuhe zu tauschen. Wer die nicht anziehen will, muss eigene Schlappen, Hüttenschuhe oder dicke Socken mitbringen. Im Ess- wie im Schlafbereich tabu sind im Übrigen auch Wanderstöcke, Steigeisen, Seile und ähnliche Ausrüstungsgegenstände. Diese sind in Regalen oder Boxen in der Nähe des Eingangs zu verstauen. Nasse Kleidung und Schuhe gehören in den Trockenraum, schliesslich sollte die Geruchstoleranz der Mitschläfer nicht allzu sehr strapaziert werden.

Ein Wort zum Schlafequipment. Zahlreiche Hütten statten die Betten mit Kissen und Wolldecke aus. Doch da diese nur selten gewaschen werden, ist ein eigener Hüttenschlafsack fast überall Pflicht, angenehm sowieso. Die im Gegensatz zum «richtigen» Schlafsack dünne, leichte und ab zehn Euro erhältliche Variante dient der Hygiene. Dabei schlüpft man in eben diesen Schlafsack und deckt sich zusätzlich mit den zur Verfügung gestellten Decken zu. Das reicht wärmetechnisch dicke. Ganz und gar nicht dicke ist hingegen meist der eigene Stellplatz.
Daher gilt es gerade im Matratzenlager, Rucksack und andere Utensilien gut zu verstauen und nicht so zu stellen, dass andere darüber stolpern. Das gilt vor allem nachts. Dann ist ohnehin eine Stirnlampe praktisch, mit der man die Hände frei hat und nicht im Dunklen durch das Lager taumelt, etwa beim nächtlichen Gang zur Toilette. Zur Not tut es die Lichtfunktion am Handy. Dieses aber bitte in den Offline-Modus versetzen oder ganz ausschalten, um andere akustisch nicht zu belästigen. Es reicht, wenn das ein Schnarcher tut. Da gibt es statistisch quasi in jeder Hüttennacht einen, mindestens. Die Rettung? Ohropax!
Es gilt meist eine strikte Nachtruhe
Sorge, dass die Hütte zur Partyzone mutiert, mag auf manch privat betriebener Hütte berechtigt sein, nicht aber bei den Alpenvereinsunterkünften. Dort gilt meist strenge Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr. Das bedeutet aber auch: Wer frühmorgens aufbrechen will, muss am Abend vorher packen und dann hinausschleichen. Was sonst noch untersagt ist? Etwa eigenen Müll vor Ort hinterlassen (richtig: ihn wieder ins Tal mitnehmen).
Zudem sind in den meisten Hütten Rundfunk-, Fernseh- und Musikgeräte unerwünscht. Wer einen Hund dabei hat, sollte das vorher melden, womöglich findet sich eine Lösung. In den Schlafräumen sind Tiere jedenfalls tabu, ebenso wie Rauchen, Kochen und Essen sowie der Genuss von mitgebrachtem Alkohol. Falls man Proviant dabei hat, muss man ebenfalls um Erlaubnis fragen, ob dieser im Speisesaal verzehrt werden darf. Ach ja, noch ein letzter Tipp: Am Berg regiert auf vielen Hütten immer noch Bargeld. Also vorher kalkulieren (ca. 20–30 Franken pro Übernachtung) und ausreichend Geld für die gesamte Wanderung einstecken!
Weitere Informationen:
Die Alpenvereine im Internet: www.alpenverein.de und www.alpenverein.at, www.sac-cas.ch, www.ffcam.fr, www.cai.it