Here & There
«Wir wollen die Touristenzahlen verdreifachen»
Reto SuterDie Länder auf der Arabischen Halbinsel sind bestrebt, auf der touristischen Landkarte eine immer grössere Rolle zu spielen. Sie wollen vorbereitet sein für die Zeit, wenn die weltweite Nachfrage nach ihren Öl- und Gasvorräten sinkt oder die Reserven versiegen. Zugpferd waren in touristischer Hinsicht über viele Jahre die Vereinigten Arabischen Emirate. Bis auf Jemen zogen die anderen Länder nach. Als letztes vor wenigen Jahren auch Saudi-Arabien, das dafür mit einer besonders grossen Kelle anrührt.
Oman spielt schon länger im Konzert der Grossen mit, war bisher aber nicht ganz so laut wie andere Länder. Das soll sich jetzt ändern. Im Kampf um ein ansehnliches Stück des Gästekuchens auf der Arabischen Halbinsel schalten die Regierung und die Branche einen Gang höher. Das unterstreicht unter anderem die Tatsache, dass Oman offizielles Gastland der ITB Berlin 2024 ist (Travelnews berichtete). Keiner weiss über die Tourismus-Offensive des Landes besser Bescheid als Hashil Al Mahrouqi, CEO der Omran Group.
Herr Al Mahrouqi, warum sollte ich als Schweizer Tourist ausgerechnet Oman besuchen und nicht ein anderes Land auf der Arabischen Halbinsel?
Hashil Al Mahrouqi: Oman ist ein sehr abwechslungsreiches Land. Unsere Meeresküste ist beispielsweise fast 3200 Kilometer lang. Gleichzeitig haben wir auch Berge und natürlich die Wüste. Diese Vielfalt finden Sie in keinem anderen Land der Region. Zudem ist Oman ständig im Wandel. Das widerspiegelt sich unter anderem in der Tierwelt vor der Nordküste, die sich laufend verändert. In einem Jahr lassen sich dort Delfine beobachten, im nächsten dann nicht mehr. Das macht Oman einzigartig.
Wie sehen die touristischen Angebote konkret aus?
Adventure-Tourismus hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Wandern in den Bergen auf bis zu 3000 Metern über Meer und bei rund 20 Grad ist genauso möglich wie eine Wüstensafari bei fast 50 Grad. Zudem spielt Agrotourismus eine grosse Rolle. Der Süden des Oman ist das einzige Gebiet in der Region, in dem Kokospalmen wachsen. Auch Mangobäume sind dort zu finden. In Oman können Sie alle vier Jahreszeiten innerhalb von zwei Tagen erleben.
Ein grosses Thema ist derzeit die Nachhaltigkeit. Wo setzt Oman in dieser Hinsicht an?
Nachhaltigkeit ist für uns ein ganz wichtiges Thema, auf das wir schon länger ein besonderes Augenmerk legen. In unserer Tourismusstrategie haben wir punkto Nachhaltigkeit klare Ziele. Prägendes Beispiel ist hierfür «The Yiti Sustainable City». Die Stadt ist darauf ausgelegt, ihren Energiebedarf zu 100 Prozent autonom zu decken. Das Projekt umfasst fast 1700 Wohneinheiten, darunter 300 ökologische und energieeffiziente Villen. (Anm. d. Red. Erste Immobilien sind Mitte Mai in den Verkauf gegangen.)
Oman ist flächenmässig in etwa sieben Mal so gross wie die Schweiz. Wie gut ist das Land erschlossen?
Das sehe ich als weiteren grossen Pluspunkt. Man würde es bei einem so grossen Land in dieser Region vielleicht nicht erwarten: Aber Oman ist von ganz im Norden bis tief in den Süden optimal miteinander verbunden. Die Verkehrsinfrastruktur im Land ist ausgezeichnet. Kommt hinzu: Wir haben gleich vier internationale Flughäfen. Oman ist deshalb sehr gut an fast alle Regionen der Welt angeschlossen.
Wie viele Gästeankünfte verzeichnete Oman im vergangenen Jahr?
2022 war wegen Corona noch speziell. Das Land war erst im zweiten Halbjahr wieder komplett geöffnet. Wir durften rund drei Millionen ausländische Besucherinnen und Besucher begrüssen.
«Starkes Wachstumspotenzial sehen wir in Indien und China»
Wie stark soll das Wachstum in den kommenden Jahren ausfallen?
Für 2040 verfolgen wir das Ziel von elf Millionen Gästen im Land. Wir sind also etwa bei einem Drittel angelangt. Betreffend Infrastruktur sind wir auf Kurs. Oman ist definitiv bereit für die elf Millionen Touristinnen und Touristen (lacht).
Welches sind die wichtigsten Märkte für Oman?
Wir wollen uns grundsätzlich nicht auf bestimmte Gebiete festlegen. Aber Westeuropa ist schon länger ein sehr wichtiger Markt für uns. Zuletzt hat auch die Nachfrage in Osteuropa angezogen. Wichtig sind auch die Nachbarländer wie beispielsweise Saudi-Arabien. Wachstumspotenzial sehen wir in Indien und China.
Wie sieht es punkto Amerika und Südamerika aus? Ist es realistisch, auch von dort viele Gäste nach Oman zu locken?
In dieser Hinsicht haben wir während der Fussball-WM 2022 in Katar spannende Erfahrungen gemacht. Leute aus Südamerika, die uns zuvor nicht als Feriendestination auf dem Schirm hatten, logierten bei uns im Land und besuchten von hier aus die die WM-Spiele. Viele von ihnen waren begeistert von Oman und werden hoffentlich wiederkommen.
Stichwort Fussball-WM. In Westeuropa standen vor allem Katar und Saudi-Arabien im Fokus des Interesses. Oman hingegen fristete etwas ein Schattendasein. Teilen Sie diese Ansicht?
Von einem Schattendasein würde ich nicht sprechen. Aber es ist halt schon so: Oman ist in vielen Dingen weniger extrem und deshalb vielleicht auch weniger im Gespräch als Katar, die Emirate oder Saudi-Arabien. Diese Länder machen beim Tourismusmarketing sicherlich einen guten Job. Aber wissen Sie was: Die landschaftliche Schönheit mit den Bergen hat nun mal ausschliesslich Oman zu bieten.