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Sandra Herren, Direktorin für den Geschäftsbereich Mobilität und Freizeit und Mitglied der TCS-Geschäftsleitung, am Sitz in Hinwil ZH. Bilder: TN

«Am Bodensee fehlt uns noch ein Campingplatz»

Gregor Waser

Im Interview mit Travelnews äussert sich Sandra Herren, Direktorin für den Geschäftsbereich Mobilität und Freizeit beim TCS, über die künftige Ausrichtung der Campingplätze und sie verrät ambitionierte Pläne im Reisebereich.

Bei den 25 TCS-Campingplätzen zeichnet sich eine weitere gute Saison ab. Doch welche Entwicklung strebt der Touring Club Schweiz (TCS) an als grösster Betreiber von Campingplätzen in der Schweiz?

Sandra Herren, Direktorin für den Geschäftsbereich Mobilität und Freizeit und Mitglied der TCS-Geschäftsleitung, nimmt im Interview dazu Stellung. Neben Tourismus & Freizeit (darunter fallen die Campingplätze) leitet sie drei weitere Divisionen: Training & Events, die Mobilitätsakademie sowie TCS Reisen. 2012 stiess Sandra Herren zum TCS – mit dem Auftrag, die einzelnen Divisionen selbsttragend zu gestalten.

Frau Herren, sind die 25 TCS-Campingplätze selbsttragend?

Sandra Herren: Ja, das sind sie geworden. Im Bereich Camping haben wir vor zehn Jahren eine neue Strategie eingeleitet. Wir fokussierten ab 2014 auf die besten Plätze und lancierten den Bereich Glamping, um neue Zielgruppen zu erreichen. Dazu übernahmen wir wieder die Obhut bei den Restaurants und Shops, um mehr Umsatz zu erzielen und alles aus einer Hand anbieten zu können. So konnten wir das Erlebnis für den Kunden verbessern.

Kamen diese neuen Gäste dann auch?

Sehr! Unser Ansatz lautete: es gibt Leute, die auf den Campingplatz kommen würden, aber nicht mit dem Zelt, die suchen einen gewissen Komfort. Hierzu entwickelten wir neue Unterkunftsformen von Bungalows über Pods bis zu fix installierten Safari-Zelten.

«Wir verzeichnen so viele Vorausbuchungen wie noch nie, 2023 dürfte ein top Jahr werden.»

Welchen neuen Themen sind für die TCS-Campingplätze wichtig?

Die Nachhaltigkeit nimmt an Bedeutung zu. Den neusten Campingplatz La Tène am Neuenburgersee möchten wir zum nachhaltigsten Platz der Schweiz entwickeln. Dazu gehören etwa Photovoltaik-Anlagen oder Wege, die die Biodiversität schützen. In drei Etappen wird der Platz umgebaut, 2026 sollte er fertig sein. Camping erfolgt in der Natur, und es geht darum, dieser Sorge zu tragen und ihre Schönheit bewusst zu erleben. Wir wollen unseren Gästen aufzeigen: So kann man noch besser auf die Natur aufpassen.

Und wo schläft der Glamping-Gast in La Tène?

Wir werden eine neue Form kreieren, angelehnt an die Pfahlbauten, die in der Gegend einst prägend waren. Mittlerweile verfügen wir schweizweit über rund 20 verschiedene Glamping-Unterkunftstypen und knapp 300 Einheiten.

Wie läuft es den TCS-Campingplätzen in diesem Jahr?

Wir verzeichnen so viele Vorausbuchungen wie noch nie, 2023 dürfte ein top Jahr werden. Aktuell liegen wir per Ende Mai bei den Online-Buchungen 23 Prozent höher gegenüber Vorjahr. Die Ostern und Pfingsten waren in diesem Jahr sehr gut. Nun hoffen wir, dass unsere Gäste auch auf schönes Sommerwetter zählen können.

«Es gibt immer mehr multimodale Kunden, der geht mal ins Hotel in die Ferien, das nächste Mal auf den Camping.»

Sind Sie mit der Anzahl von 25 Campingplätzen zufrieden? Wo gibt es noch geografische Lücken?

Wo wir sehr gerne einen hätten, wenn Sie einen wüssten (lacht), das wäre am Bodensee. Da wären wir sofort zu haben. Auch im Tessin schauen wir uns um für einen neuen Platz. Wir sind offen für neue Standorte und prüfen die auch. Wir werden auch immer wieder mal angefragt, aber ein neuer Platz muss natürlich gewisse Bedingungen erfüllen, vom geografischen Standort über die Grösse bis zu möglichen lokalen Synergien. Der TCS hatte in den 90er-Jahren ja fast einmal 100 Plätze. Das Investieren in all diese Plätze war kostenintensiv. Insofern ist es uns heute ein Anliegen, dass wir nachhaltig entwickeln und nicht an den Punkt kommen, wo wir den Werterhalt nicht mehr aufrechthalten können.

Hält der Camping-Trend denn überhaupt an?

Das glauben wir, das ist kein kurzfristiger Trend. Klar, irgendwann kommt dann wieder mal was anderes; wie damals in den 50er-Jahren, da gings ja nur rauf mit Camping. Doch plötzlich kamen Billigflüge und die Leute zog es ins Ausland und die Plätze blieben leer.

Dass die Schweizer in der Pandemie in der Schweiz bleiben mussten, einen Ferienaufenthalt im eigenen Land besser schätzen gelernt haben, ist das ein Trend, der anhält?

Ich glaube schon. Klar zieht es aktuell auch viele wieder in die Auslandferien. Aber der Umstand, dass das Wetter in den letzten Jahren meist sehr gut war, spricht für einen Aufenthalt in der Schweiz, auch in der Vorsaison. Gerade dann können wir mit unseren Glamping-Unterkünften besonders punkten, auch wenn es mal regnen sollte. Was wir zudem merken: es gibt immer mehr multimodale Kunden, der geht mal ins Hotel in die Ferien, das nächste Mal auf den Camping.

Sandra Herren im Training & Freizeit Zentrum Betzholz in Hinwil, wo der TCS Fahrtrainings anbietet.

TCS Reisen ist ein weiterer Bereich, den sie leiten. Im November 2019 berichteten wir über grosse Ausbaupläne …

… leider kamen die mit der Pandemie nicht zum Fliegen. November 2019 war rückblickend gesehen wohl der denkbar schlechtes Zeitpunkt für eine Neulancierung unserer eigenen Reisen. Klar, das ist schade, gleichzeitig hatten wir auch Glück, dass wir noch nicht mehr Leute eingestellt hatten. 2022 merkten wir aber, wie es wieder anzieht, in diesem Jahr erst recht.

Wieviele Mitglieder-Reisen bieten sie heute an?

In diesem Jahr sind es je 26 Gruppenreisen in Deutsch und Französisch. Die Kreuzfahrten laufen gut, preislich liegen wir da eher im mittleren bis oberen Bereich und zählen auf eine Zielgruppe 60+. Bald stehen eine Polynesien-Reise an mit 32 Personen und eine Spitzbergen-Reise mit 30 Personen. Diesen Bereich möchten wir weiter ausbauen.

Was sind denn die Trümpfe von TCS Reisen?

Wir kreieren Reisen für unsere Mitglieder. Der Club-Gedanke spielt da eine grosse Rolle. Jede Reise, ob in französisch oder deutsch durchgeführt, wird von uns neben der lokalen Reiseleitung zusätzlich begleitet von A bis Z. Das Sicherheitsgefühl spielt eine grosse Rolle, hier klappt alles, hier habe ich rund um die Uhr eine Ansprechperson, die mit auf der Reise dabei ist. Auch Extrawünsche werden berücksichtigt und zusätzlich ist man mit dem ETI-Schutzbrief gut abgedeckt. Bei unseren Reisen ist alles drin bis hin zum Trinkgeld, man muss an nichts mehr sonst denken, ausser den Koffer zu packen. Sorglos reisen, lautet unsere Devise.

«Jeder hat das Gefühl, er könne autofahren…»

Eine weitere Division, die Sie managen, sind die Fahrtraining und Events. Wie entwickeln sich die?

Das Thema Verkehrssicherheit hat sich der TCS schon immer gross auf die Fahne geschrieben. Auch diesen  Bereich haben wir ausgebaut und machen 30 Prozent mehr Umsatz als früher. Wir verfügen über Experten und mit unseren sechs Trainingsgeländen über reichlich Platz. Gerade im B2B-Bereich konnten wir zulegen, mit Firmen, die bei uns Kurse absolvieren. Dann haben wir auch alle Blaulicht-Organisationen, die wir ausbilden, auch Verkehrsbetriebe und das Militär nutzen unsere Trainingsgelände. Deutlich zugelegt haben wir bei den Events, die Mischung aus Fahrtraining und Get-together kommt gut an. Obwohl ja jeder das Gefühl hat, er könne autofahren …

… ja, sicher …

(lacht), klar, man kann’s und es funktioniert, aber wenn Sie dann mal einen Kurs belegen, stellen Sie schnell fest, ok, dieses Verhalten oder dieses Bremsmanöver wäre auch noch gut zu beherrschen. Privatpersonen belegen solche Kurse kaum. Aber wenn eine Firma kommt und die Aussendienst-Mitarbeiter schulen möchte, verknüpft mit einem Abendevent, das kommt gut an. Und es gibt ja auch immer wieder mal Änderungen im Strassengesetz. Ein solcher Fresh-up schadet niemandem.

Seit einigen Jahren bieten Sie auch Drohnenkurse an. Passt das zum TCS?

Bestimmt, hier geht’s ja auch um das Thema Verkehrssicherheit, wenn auch in der Luft. Die Nachfrage ist hoch, von Amateuren aber auch von Berufsleuten, seien es SBB, Polizei, B2B-Kunden. Wir sind der grösste Anbieter von Drohnenkursen. Die Einsatzgebiete werden immer mehr: Bahnlinien kontrollieren, in der Landwirtschaft, etwa beim Check ob Rehkitze auf den Feldern sind, bei Vermessungen, bei Weinbauern oder Seilbahnen, wo man nicht extra auf den Mast kraxeln muss, wenn einem die Drohne den überprüfenden Blick erlaubt. Zudem leiten wir mit der Mobilitätsakademie die «Drone & Vertical Mobility Academy» im Auftrag der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) und sorgen hier weltweit für die Entwicklung von Projekten, Know-how-Transfer und Beratungen.