Here & There

Die gut 100 Hektar grosse Zeche Zollverein Essen wurde 1986 geschlossen und hat seitdem eine grosse Umwandlung erlebt. Bilder: SD

Das unbekannte Deutschland – der Ruhrpott

Sabine Denzel

Wenn man vor 25 Jahren noch davon geredet hat, die Industrielandschaft des Ruhrpotts für den Tourismus zugänglich zu machen, wurde man mitleidig belächelt. Heute, 25 Jahre später sieht man jedoch – es kann funktionieren!

Der erste Gedanke, bei der Ankunft im Ruhrpott ist «ok… gibt’s das auch in schön?». Es ist klar sichtbar, dass vor allem hier im Zweiten Weltkrieg viel zerstört wurde. Alte Gebäude sind quasi nicht existent, Essen beispielsweise wurde im 2. Weltkrieg zu 90 Prozent zerbombt. Der Aufbau musste danach schnell gehen – auf die Schönheit wurde hier leider kaum geachtet. Beschauliche Fachwerkstädtchen sucht man im Ruhrgebiet vergebens.

Wir haben uns umgesehen und drei Highlights entdeckt, die bei einem Besuch in der Region unbedingt eingeplant werden müssen.

Zeche Zollverein Essen

Einst eines der grössten Bergwerke der Region und ein Vorzeigebergwerk ist heute UNESCO Weltkulturerbe. Die gut 100 Hektar grosse Zeche wurde 1986 geschlossen und hat seitdem eine grosse Umwandlung erlebt. Tourismusprojekte, Kunst, Museen, Festivals und Events sind auf dem Gelände zu finden, so beispielsweise auch das Red Dot Museum für Design, ja sogar ein Pool ist auf dem Dach der alten Kokerei zu finden. Auch 40 Bienenvölker haben sich – neben vielen anderen Arten – auf dem Areal angesiedelt.

Tourismusprojekte, Kunst, Museen, Festivals und Events sind auf dem Gelände zu finden.

Der Zollverein Essen ist die wohl die schönste Kohlenmine der Welt und wurde 1928-1932 erbaut und dies im damals aktuellen Bauhaus-Stil. Die Gebäude wurden nicht nur auf die Effektivität ausgerichtet sondern waren das Prestigeobjekt der damaligen Zeit. Zu den Höhepunkten haben in der Zeche Zollverein gut 8000 Menschen gearbeitet.

Liebevoll wird sie übrigens auch «der Eiffelturm des Ruhrpott» genannt. Noch ein geschichtlicher Aspekt: erstaunlicherweise wurde die Zeche Zollverein im zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Jährlich besuchen gut 1,5 Millionen Menschen die Zeche Zollverein.

UNESCO-Welterbe Zollverein - Leuchtturm für das Ruhrgebiet

Gasometer Oberhausen

Um das bei der bei der Koksverbrennung entstandene Gas sinnvoll zu nutzen mussten Speicher gebaut werden. Ende der 1920er-Jahre wurde daher in Oberhausen der Gasometer gebaut, mit 117 Metern Höhe und einem Durchmesser von 67 Metern der grösste Gasspeicher Europas. Schon von weitem sieht man noch heute das imposante Gebäude, das allerdings im 2. Weltkrieg mehrfach von Bomben getroffen wurde und erst 1949 wieder auggebaut wurde. Endgültig stillgelegt wurde der Gasometer 1988, doch wurde er aufwändig umgebaut und ist heute eine Ausstellungshalle mit nutzbarer Fläche von 7000 Quadratmetern.

Im Gasometer Oberhausen ist die Ausstellung «Das zerbrechliche Paradies» noch bis Ende November zu sehen. Bild: Thomas Wolf

Im Inneren führt ein Panoramalift bis aufs Dach des Gasometers, der einen einzigartigen Rundblick über das gesamte westliche Ruhrgebiet bietet. Hier finden immer wieder Ausstellungen statt, so beispielsweise aktuell die Ausstellung «Das zerbrechliche Paradies» die noch bis Ende November zu sehen sein wird. Highlight der Ausstellung ist eine Erdkugel mit einem Durchmesser von 20 Meterrn, die im 100 Meter hohen Luftraum des Gasometers angebracht ist und bei deren Anblick man sich fühlt, als wäre man im Weltall.

Das Gasometer liegt direkt neben dem CentO Oberhausen, einer der grössten Shoppingmalls in Europa.

Gasometer Oberhausen

Landschaftspark Duisburg Nord

Ein weiteres Industriedenkmal im Ruhrgebiet ist der heutige Landschaftspark Duisburg Nord. Und glücklicherweise wurde der Hochofen, wo bis 1985 Roheisen für die Stahlindustrie produziert wurde, nicht nach der Stilllegung abgerissen, sondern wurde innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einer wirklichen Oase in der Grossstadt. In den ehemaligen Werkshallen finden nun Veranstaltungen statt, im Sommer wird ein Open Air Kino veranstaltet. Die ehemaligen Erzlagerbunker wurden nun zu alpinen Klettergärten. Für noch mehr Adrenalin sorgt der Hochseilparcours in einer der ehemaligen Giesshallen. Im ehemaligen Gasometer entstand Europas grösstes künstliches Tauchsportzentrum.

Der Landschaftspark Duisburg Nord ist ein beliebtes Ausflugsziel der Region.

Doch auch die ehemaligen Industrieanlagen sind noch zu besichtigen – und es ist gut zu sehen, wie sich die Natur die Industrieanlage nach und nach wieder zurückerobert. So ist der Landschaftspark ein beliebtes Ausflugsziel der Region, sei es für Geschichtsinteressierte oder aber für Familien, denn Kinder können sich auf dem 180 Hektar grossen Areal nach Herzenslust austoben.

Die Zeitung «The Guardian» wählte den Landschaftspark zu einer der zehn schönsten Grossstadtoasen der Welt, was wir nur unterschreiben können. Magisch wird der Park dann Abends wenn die alte Industrieanlage von der Lichtinstallation des Künstlers Jonathan Park angestrahlt wird. Der Geheimtipp des Tourguide: man muss sich die Lichtinstallation nicht ansehen, wenn es schönes Wetter ist, denn bei Regen oder Nebel glänzen die Metallgebäude und sorgen so für einen ganz besonderen Wow-Effekt.

Landschaftspark Duisburg-Nord

Mein Fazit

Das Ruhrgebiet ist eine Destination, deren Charme sich nicht gleich auf den ersten Blick erschliesst und die entdeckt werden muss. Aber wer diesem Charme verfallen ist, der wird wieder kommen. Auch für mich wird es nicht der letzte Besuch im Pott sein, denn es gibt noch vieles zu entdecken, angefangen beim Urban Hiking, die zahlreichen Wanderwege die sich durch das Ruhrgebiet erstrecken, warten darauf, entdeckt zu werden bis hin zu den Shopping-Möglichkeiten, von Düsseldorf bis Oberhausen.

Und ein weiteres Highlight wartet bekanntlich 2024 auf alle Fussballfans – die EM findet in Deutschland statt und mit Gelsenkirchen und Dortmund im Ruhrgebiet und Düsseldorf und Köln in unmittelbarer Nähe liegen vier der zehn Stadien in Nordrhein-Westfalen.