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Hierhin solltest du 2023 besser nicht reisen
Der Overtourism macht zahlreichen Reisezielen zu schaffen. Die Folgen der gewaltigen Touristenströme können für Mensch und Umwelt längerfristig dramatisch sein. Konkret handelt es sich um drei Problemfelder: Naturattraktionen, die dringend eine Pause nötig haben, Regionen, die unter akuter Wasserknappheit leiden und Orte, die schlicht überfüllt sind.
Das US-amerikanische Reisemagazin «Fodor's» hat deshalb eine «No List» mit Destinationen veröffentlicht, die Reisende in diesem Jahr lieber nicht besuchen sollten. Die Liste soll nicht als Boykottaufforderung verstanden werden, sondern als Denkanstoss bei der Reiseplanung. Diese zehn Orte haben aus Sicht der Autoren eine Pause verdient.
1. Steilküsten der Normandie:
Die Steilküsten in der französischen Normandie haben mit Küstenerosion zu kämpfen, die mit dem Touristenansturm zusammenhängt. Besonders betroffen war in den vergangenen Jahren die kleine Stadt Étretat (Foto). Zehntausende Reisende wollen über ihre steilen Felsklippen wandern und Fotos von der beeindruckenden Kulisse machen. Laut der «Rheinischen Post» musste die Kläranlage wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet werden, weil sie die Menschenmassen nicht bewältigen konnte. «Es muss eine Balance gefunden werden», sagt Étretats Stadtrat Jean-Baptiste Renié gegenüber «Fodor's».
2. Venedig:
Venedig gehört zu den grössten Touristenmagneten der Welt. Im vergangenen Sommer waren täglich bis zu 80'000 Reisende in der Stadt. Der Ansturm steigert das Überschwemmungsrisiko. Um das Problem des Overtourism in den Griff zu bekommen, hat Italien die Zufahrt von Kreuzfahrtschiffen in die venezianische Lagune eingeschränkt. Zudem gibt es Pläne, von Tagesgästen eine Eintrittsgebühr zu verlangen. Diese soll noch im laufenden Jahr eingeführt werden.
3. Amsterdam:
Amsterdam ist bei Schweizer Reisenden vor allem für Weekend-Trips sehr beliebt. Die niederländische Hauptstadt ächzt seit Längerem unter dem gewaltigen Touristenansturm. Jedes Jahr fallen rund 17 Millionen Reisende in die Stadt ein. Das sind so viele Menschen, wie in den ganzen Niederlanden leben. Mit verschiedenen Massnahmen versuchen die Behörden, die Touristenflut einzudämmen und die Auswüchse zu bekämpfen. Unter anderem wird das Kiffen auf der Strasse verboten.
4. Cornwall:
Die Grafschaft Cornwall liegt im Südwesten Englands und ist wegen ihrer malerischen Landschaft bei Touristinnen und Touristen hoch im Kurs. Für den grossen Ansturm von Reisenden sind die vielen engen Gassen und begrenzten Parkmöglichleiten jedoch nicht gemacht. Die örtlichen Tourismusverbände rufen seit Jahren dazu auf, die Strände Cornwalls nicht mehr zu besuchen.
5. Amalfiküste:
Die Amalfiküste in Süditalien erlebte zuletzt einen Touristenboom. Die Region war auf den Ansturm jedoch nicht vorbereitet. Deshalb kam es in den Küstenstädten während der Hochsaison immer wieder zu einem Verkehrschaos mit kilometerlangen Staus. Ambulanzfahrzeuge blieben in den Blechkolonnen stecken. Angela Infante, stellvertretende Bürgermeisterin von Vietri sul Mare, sagte gegenüber CNN: «Sie können am Wochenende nicht mit dem Auto fahren. Die Menschen sind zu Hause gefangen.»
6. Der amerikanische Westen
In den USA hat eine andauernde Dürre zu einem drastischen Schrumpfen der Reservoirs des Lake Powell und des Lake Mead am Colorado River geführt. Dies habe schwerwiegende Auswirkungen auf 40 Millionen Menschen in mehreren südwestlichen Bundesstaaten, die auf das Wasser als Trinkwasser, für die Landwirtschaft und den Tourismus angewiesen seien, schreibt «Fodor's». Arizona und Nevada müssen für dieses Jahr mit Wasserkürzungen rechnen.
7. Bali:
Die eindrücklichen Tempelanlagen und die malerischen Sandstrände locken jedes Jahr Millionen von Reisenden auf die indonesische Ferieninsel Bali. Die Touristinnen und Touristen sind für 65 Prozent des nationalen Wasserverbrauchs verantwortlich. Gleichzeitig fehlt den Einheimischen Bauern Wasser, um ihre Felder zu bewirtschaften. Ein weiteres Problem sind die Abfallberge an den Stränden.
8. Maui, Hawaii:
Ebenfalls mit Wasserknappheit zu kämpfen hat Hawaii. Auch dort verschärft der Tourismus das Problem. Denn die Hotels verbrauchen in der Regel deutlich mehr Wasser pro Tag als die lokale Bevölkerung. «Fodor's» zitiert die ehemalige Repräsentantin des Bundesstaates Hawaii und gebürtige Hawaiianerin, Kaniela Ing: «Kommt nicht mehr nach Hawaii. Sie behandeln uns wie Bürger zweiter Klasse und schneiden uns buchstäblich von der Wasserversorgung ab, um den Overtourism zu fördern.»
9. Antarktis:
Die Antarktis bildet die grösste Eiswüste der Erde. Neben Forscherinnen und Fischern zieht es auch immer mehr Reisende auf Kreuzfahrtschiffen in diese Region, um die faszinierende Welt aus Eis und Schnee zu erkunden. Dabei ist das Gebiet massiv durch den Klimawandel bedroht. Die Emissionen und Russpartikel von Schiffen und Flugzeugen, die bei der An- und Abreise entstehen, beschleunigen das Schmelzen der Eismassen.
10. Lake Tahoe:
Der Süsswassersee Lake Tahoe liegt zwischen den Bundesstaaten Kalifornien und Nevada. Er ist während der Pandemie zu einem beliebten Reiseziel geworden. Der Touristenansturm sorgte für verstopfte Strassen und zugemüllte Strände. «Wir müssen der Natur auch mal eine Auszeit geben», sagt Andy Chapman vom Reiseverband Travel North Tahoe Nevada gegenüber «Fodor's».