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«Wenn es zu warm ist, hilft nicht einmal die beste Beschneiungsanlage», sagt Reto Gurtner, der Verwaltungsratspräsident der Weissen Arena Gruppe. Bild: zVg

«Es hätte uns noch viel schlimmer treffen können»

Dominik Buholzer

Es hat zu wenig Schnee. Dies macht den Schweizer Skigebieten zu schaffen. Reto Gurtner, Verwaltungsratspräsident der Weissen Arena Gruppe in Laax über die Schneemisere und die neue Konkurrenz durch die Amerikaner.

Keine Frage, das hatten sich die Bergbahnen anders vorgestellt. Statt Gedränge an den Talstationen herrscht bei vielen gähnende Leere. Die hohen Temperaturen machen vielen Wintersportgebieten einen Strich durch die Rechnung. Besonders betroffen sind jene unterhalb von 1600 Metern über Meer. Zahlreiche haben den Betrieb vorübergehend eingestellt. Ein Jammern zieht durchs Land.

Ende November 2022 hatte es noch ganz anders getönt. Damals verströmten die Seilbahnen Schweiz, die Dachorganisation, Zuversicht. Stolz verwies man auf die vergangene Wintersaison. Mit mehr als 25 Millionen Skier Days, also Gästen, die an einem Tag erstmals die Liftanlagen benutzen, verzeichnete die Branche im Fünf-Jahresvergleich ein Plus von fast 16 Prozent. Der Umsatz belief sich auf 828 Millionen Franken – ein Topwert. Die Branche sei krisenresistent, betonte Direktor Berno Stoffel an einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Schweiz Tourismus. Seilbahnen Schweiz ortet die grössten Herausforderungen für die neue Saison in der drohenden Strommangellage und den steigenden Energiepreisen.

«Dies wird es in Zukunft wohl vermehrt geben.»

Von einer Strommangellage ist derzeit nicht die Rede, dafür von einer Schneemisere. Man habe sich vielleicht zu sicher gefühlt, sagt Reto Gurtner. «Bei einer Pandemie oder Stromkrise kann man Massnahmen ergreifen. Das haben wir in jüngster Zeit bewiesen. Doch wenn es zu warm ist, hilft dir nicht einmal die beste Beschneiungsanlage», sagt der Verwaltungsratspräsident der Weissen Arena Gruppe, der Betreiberin des Skigebiets Laax, eines der bekanntesten und erfolgreichsten Schneesportgebiete Europas. «Solche Winter gab es in der Vergangenheit immer wieder und wird es in Zukunft wohl noch mehr geben.»

Gurtner will das Problem nicht kleinreden. Im Gegenteil: «Für manch eine Bahn kann dies zu einem existenziellen Problem werden. Aber es hätte uns noch viel schlimmer treffen können», betont er. Schlimmer wäre es laut Gurtner gewesen, wenn nicht Anfang Dezember der erste Schnee gefallen wäre. «Dann kommt bei den Leuten keine richtige Winterstimmung auf und sie orientieren sich um», sagt er. Die Konkurrenz seien nicht die Skigebiete im benachbarten Ausland, sondern die Badedestinationen. «Bleibt der Schnee aus, geht es halt in die Karibik oder die Emirate. Dies schadet uns viel mehr als schneearme Festtage», sagt er.

Laax trifft die derzeitige Wetterlage aufgrund der topografischen Verhältnisse deutlich weniger als andere Gebiete. Auch wenn an der Talstation in Laax in diesen Tagen Temperaturen bis zu 11 Grad gemessen werden, konnten oben auf dem Berg 25 von 28 Anlagen, gut 90 Pistenkilometer und zwei Snowparks in Betrieb genommen werden. Über die Festtage zählte man durchschnittlich rund 10’000 Gäste pro Tag. Dies entspricht in etwa dem Mittelwert der vergangenen Jahre.

Keine Furcht vor amerikanischer Konkurrenz

Unabhängig der Wetterverhältnisse stehen die Wintersportgebiete in der Schweiz vor Veränderungen. Mit Vail Resorts betritt erstmals ein US-amerikanisches Unternehmen den Markt. Vail Resorts besitzt 41 Skigebiete in vier Ländern und will in den kommenden Jahren 149 Millionen Franken in Andermatt-Sedrun investieren. Im Gegenzug erhält es einen Anteil von 55 Prozent an der Andermatt-Sedrun Sport AG. Ziel der Amerikaner ist es, das Skigebiet zu einem der führenden in Europa auszubauen.

Gurtner fürchtet die neue Konkurrenz nicht: «Das ist gut, das belebt den Markt. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise wird inskünftig noch eine viel grössere Rolle spielen», ist er überzeugt. Die Wintersportgebiete müssten sich noch klarer positionieren. Dies würde denn auch höhere Preise rechtfertigen. «Wenn die Qualität stimmt, ist der Gast bereit, mehr zu zahlen», sagt Gurtner. Dabei gilt es laut ihm zwei Punkte nicht zu vergessen: Ohne digitale Angebote gehe es heute nicht mehr. «Die Kunden kennen seit der Pandemie nichts mehr anderes. Zudem müssen gute Gäste honoriert werden. Das geht heute leider in zu vielen Gebieten vergessen.»