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Über 1650 ausgeschilderte Wanderkilometer laden zu Streifzügen durch den Kanton Aargau ein. Bilder: Schweiz Tourismus

Von wegen hässlichster Kanton

Gregor Waser

Aargau gleich Autobahn A1, mögen viele Nicht-Aargauer bei der Durchfahrt von der Ost- in die Westschweiz denken. Viel zu kurz gedacht. Ein Stopp zwischen Baden, Frick, Zofingen und Muri ist überaus reizvoll.

Die Klischees und Vorurteile in den Köpfen der Nicht-Aargauer sind zahlreich. Autonarren seien sie im «Rüebliland», hocken das ganze Jahr im Nebel und tragen weisse Socken. Und fussballerisch, mittlerweile mehr Fakt als Klischee, gelten sie in der Kantonshauptstadt als unaufsteigbar. Kein einfaches Los für den Kanton AG, dessen Kürzel ja gerne mit «Achtung Gefahr» bezeichnet wird.

An dieser Stelle müssen wir mit dem ganzen Kram aufhören. Der Kanton Aargau ist überaus reizvoll. Dringende Empfehlung: nutzen Sie eine der vielen Autobahnausfahrten zwischen Würenlos und Oftringen – oder Bahnhöfe zwischen Stein-Säckingen und Zofingen – und tauchen Sie ein in den wohl meistunterschätzten Kanton der Schweiz.

Ins dufte Museum

Der Blick auf die touristische Vielfalt lässt einem nämlich die Augen reiben. Da sind vor allem mal die unzähligen Schlösser, Burgen und Klöster, vereint unter dem Dach von Museum Aargau, die unbedingt zu besuchen sind. Zum Museum Aargau gehören die vier Schlösser Lenzburg, Hallwyl, Habsburg und Wildegg sowie das Kloster Königsfelden und die Klosterhalbinsel Wettingen, ebenso das Römerlager Vindonissa mit Museum und Legionärspfad, die Sammlung und die IndustriekulTOUR Aabach und das Sammlungszentrum Egliswil.

Im Schloss Wildegg lässt sich derzeit in eine Duftbibliothek eintauchen.

In diesem Jahr lädt Museum Aargau mit dem Jahresthema «1000 Düfte» zu Entdeckungsreisen in die Welt der Düfte. Erleben Sie eine duftende Bibliothek, Parfumworkshops, eine Sonderausstellung und weitere Highlights. Anfang Juni wird die Bibliothek von Schloss Wildegg in eine Duftbibliothek verwandelt. Im August locken im Kloster Königsfelden die Duftkonzerte «Duft & Klang». Zu einem eigentlichen «Duftschloss» wird im September Schloss Hallwyl.

Jährlich treffen rund 280'000 Besucherinnen und Besucher in den zehn Standorten von Museum Aargau auf total 55'000 Objekte und eine 2000 Jahre alte Geschichte.

Der Bäderkanton

Seit über 2000 Jahren wird im Aargau gebadet. Heute stehen im ganzen Kanton für das Badevergnügen und die Erholung vom Alltag vier Thermal- und Wellnessbäder zur Verfügung: Das Bad Zurzach mit Papa-Moll-Bad, das Bad Schinznach mit Schwefelquelle und
das Parkresort Rheinfelden sole uno mit Natursole-Becken. Seit kurzem findet das Badevergnügen auch in der Wellness-Therme «FORTYSEVEN» des weltbekannten Architekten Mario Botta statt, dem neuen Highlight für Wellness-Fans.

Im Fortyseven in Baden enthält das Wasser zahlreiche Mineralstoffe wie Magnesium, Kalzium, Jod, Sulfate oder Kohlendioxid.

Die im November 2021 eröffnete FORTYSEVEN in Baden hat das mineralstärkste Thermenwasser der Schweiz, das mit 47 Grad aus dem Boden sprudelt und in unterschiedlicher Wärme in den acht Innen- und Aussenbecken genossen werden kann. Das reine Wasser aus der Tiefe enthält denn auch zahlreiche Mineralstoffe wie Magnesium, Kalzium, Jod, Sulfate oder Kohlendioxid. Beim Floaten im Solebad können Geist und Seele herrlich entspannen. Zudem helfen Solebäder bei Rheuma, Allergien, Atemwegs- und Gelenkerkrankungen. Schwefel lindert auch Hautleiden wie z.B. Neurodermitis, Schuppenflechte oder Akne.

Der grosszügige Saunabereich (11 Sauna-Räumlichkeiten inkl. Dampfbäder) und die eleganten Ruheräume bilden die Ergänzung zum erholsamen Bad. Ein ganz besonderer, speziell für das Thermalbad entwickelter Bereich, der sogenannte «KOSMOS» lädt zu einem Moment der Achtsamkeit und mentalen Erholung ein. Und ebenfalls zu empfehlen: der Gastronomiebetrieb bietet ausgewogene und leckere Verpflegung.

Idyllische Landschaften, Pärke und Gewässer

Die bewegte Geschichte des Kantons lässt oder die vier Thermalbäder lassen sich auch radelnd oder wandernd entdecken. Über 1650 ausgeschilderte Wanderkilometer laden zu Streifzügen ein. Auch auf rund 960 Velokilometern lassen sich die unterschiedlichen Landschaften, historischen Städte und schönen Dörfer erkunden. Viele historische Verkehrswege sind ins Wanderwegnetz integriert. Ausserhalb des Siedlungsgebiets weisen 85 Prozent der Wege und Pfade einen Naturbelag auf.

Die praktische kostenlose App führt Interessierte durch die vielfältige Region. Sie bietet zahlreiche Tourenvorschläge, von erlebnisreichen Wanderungen über schweisstreibende Velofahrten bis zu überraschenden Winteraktivitäten. Mit «AargauOutdoor» lassen sich auch selbst Touren zeichnen oder Merklisten anlegen. Neben den Strecken sind Restaurants, Unterkünfte und zahlreiche Ausflugsziele vermerkt.

Auf einen Stopp an der Aare in Aarburg.

3000 Kilometer beträgt die Länge der aargauischen Gewässer: Aus Bern fliesst die Aare in den Aargau, aus Zürich die Limmat und von Luzern und Zug her die Reuss. Die drei Flüsse vereinen sich im Wasserschloss bei Brugg, bilden mit dem Klingnauer Stausee ein einzigartiges Naturschutzgebiet, bevor sie in den Rhein münden. Dieser durchfliesst auf seiner Reise ins Meer den tiefsten Punkt des Kantons: Auf 260 Meter über Meer verlässt er bei Kaiseraugst den Aargau. An der Grenze zu Luzern ist der Hallwilersee ein beliebtes
Ausflugsziel.

Und was wir noch gar nicht erwähnt haben, ein weiterer Grund für einen Stopp im Kanton Aargau: die vielen, lebendigen Kleinstädte: Aarau, die Stadt der schönen Giebel; Baden, ein Kulturgut nationaler Bedeutung; Brugg, einer Altstadt wie einer Schatztruhe; das geschichtsträchtige Lenzburg; der schmucke Dorfkern von Bad Zurzach oder weitere Kleinstädte und Dörfer wie Aarburg, Bremgarten, Kaiserstuhl, Klingnau, Laufenburg, Mellingen, Rheinfelden und Zofingen.

Haben gute Gründe, Besucherinnen und Besucher im Kanton Aargau zu empfangen, von links: Holger Czerwenka (seit Februar 2022 Direktor von Aargau Tourismus), Nina Suma (Geschäftsführerin FORTYSEVEN Baden) und Marco Castellaneta (Direktor Museum Aargau). Bild: TN

Dass der Kanton Aargau schweizweit durchaus beliebt ist, konnten die Aargauer Touristiker insbesondere in den vergangenen zweieinhalb Jahren beweisen, als viele Schweizerinnen und Schweizer gezwungenermassen auf eine Auslandreise verzichten mussten - und so endlich mal die unterschätzten Reize des eigenen Landes ausloteten, so auch jene des Kantons Aargau.

Die vor zehn Jahren bei über 7000 Schweizerinnen und Schweizern durchgeführte Umfrage der Firma Campaignfit, welche Kantone besonders schön seien – die «Aargauer Zeitung» berichtete damals mit leichtem Entsetzen –, müsste heute unbedingt wiederholt werden. Denn damals schwangen Tessin, Graubünden und Wallis obenauf, am Schluss des Rankings figurierte als hässlichster Kanton eben der Aargau. Eine völlige Fehleinschätzung, wie wir nach zahlreichen Besuchen finden. Überzeugen Sie sich selbst.