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Cafe, Drinks, Gesang an der Calle de Calatrava in Valencia. Bild: Internaut

Valencia Altstadt El Carmen: Abseits der Massen, mitten im Leben

Andreas Güntert

Calatrava, Architekt aus Valencia – kennen alle. Calatrava, die Strasse in Valencia – kennt fast keiner. Komm mit ins Barrio El Carmen, an die Calle de Calatrava, auf einen Drink. Oder zwei. Oder so.

Wer in der Altstadt von Valencia ankommt, wird sich eher früher als später (dafür oft bis spät) im Stadtviertel El Carmen wiederfinden. Ein herrlich verwinkelter Perimeter, voll mit Bars, Vintage-Läden, Restaurants und Graffiti.

Die Hauptstrecke des abendlichen Lebens der Innenstadt ist die Calle de Caballeros. Dort treffen sich alle. Eine erstaunliche Mischung aus Anwohnern, Party-People, Touristen und Kirchengängern pilgert hier hin.

Valencia Altstadt El Carmen: Unterwegs an der Calle de Calatrava. Bild: Internaut

Fiesta, Shopping, Iglesia im historischen Stadtzentrum-Ambiente der Ciutat Vella Valencia: Alles gut, alles schön – und alles schon beschrieben und bekannt.

Wir gehen einen Schritt weiter. Und entdecken eine Seitenstrasse abseits der entrückten Massen.

Valencia Altstadt El Carmen: Darf ein Platz so heissen?

Die Calle de Calatrava – oder auf Valenciano: Carrer de Calatrava – ist zwar nur eine kurze Stadtstrasse. Aber dafür eine Starke Strecke, die es in sich hat.

Epizentrum der Strasse ist die Plaza del Negrito. Alle Lokale am Platz spielen mit diesem Namen, der von der dunklen Statue herrührt, einst ein Ort, wo sich die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen konnte.

Plaza del Negrito. Der Brunnen unterm Zitronenbaum sprudelt. Der Cava auch. Bild: Internaut

Darf ein öffentlicher Ort heute noch so heissen? In vielen Städten wäre das heutzutage wohl ein No-Go.

Meines Wissens aber stört sich an der Calle de Calatrava niemand daran. Mindestens habe ich im Altstadtviertel weder Farbanschläge, Brandredner oder andere Proteste gesehen oder gehört.

Fakt ist aber auch: Das nämliche Sujet taucht um die ganze Plaza herum immer wieder prominent auf.

Fruchtiger Fun Fact: Obwohl die Stadt Valencia voll ist mit Orangenbäumen, trägt der Baum in der Mitte der Plaza del Negrito andere Südfrüchte: Zitronen.

El Carme València: Ein Drink

Während sich an der Plaza Negrito jeden Abend eine grosse Gemeinschaft von Trinkenden einfindet, gefällt mir ein anderer, ruhigerer Ort, fast ebenso gut.

Im Trece, ehemals Casa Victoria, sind Tapas Trumpf. Und natürlich alles, was sich dazu so trinken lässt. Manchmal auch ohne Tapas.

Ein Wermut vor grandioser Kulisse: Umtrunk in der Tapas Bar Trece. Bild: Internaut

Mir hat es in dem Lokal die kleine Bar am Ende des Raumes angetan. Dort trinke ich meinen Wermut – in Spanien Vermut oder vor Ort Vermú genannt – vor einer Tapeten-Kulisse, die mich an ein Filmset erinnert.

Könnte doch direkt aus einem Streifen des legendären Pedro Almodóvar stammen, oder etwa nicht? Beim Sinnieren darüber bestelle ich ich gleich noch einen Wermut, äh, Vermut.

Altstadt Valencia: Ein Laden

An jeder Starken Stecke in Spanien gibt es mindestens einen Shop, der daherkommt wie ein Wohnzimmer. Klein, quirlig, immer einen Besuch wert, im besten Sinnee ein-ladend.

Am Carrer de Calatrava in València übernimmt El Monstruo diese Rolle.

Willkommen im Shopping-Wohnzimmer: El Monstruo am Carrer de Calatrava, València. Bild: Internaut

Hauptsächlich lassen sich hier Vintage-Klamotten jeglicher Stilart finden. Aber wer weiter stöbert, stösst auch auf Accessoires und weitere Dinge des nicht ganz alltäglichen Lebens.

Schön an Läden dieser Art: Weil öfters mal wieder entstaubt, umgestellt und neu aufgefüllt wird, präsentiert sich das Sortiment immer mal wieder anders.

Valencia Altstadt: Eine Mahlzeit

In den meisten Restaurants und Bars an der Calle de Calatrava geht es sehr ungezwungen zu und her. Im Restaurante Salvaora hingegen mag man einen gewissen Stil.

Hier wird weiss aufgedeckt, man legt Wert auf die klassische Küche Spaniens und auf regionale Zutaten.

Leicht zu übersehen, aber nicht hoch genug zu schätzen: La Salvaora. Bild: Internaut

Auf den Tisch kommen spanische Klassiker wie Croquetas de Jamón Ibérico, Solomillo de Buey oder auch eine wunderbare Selektion von Käse aus der Comunidad Valenciana.

Darüber hinaus haben es mir auch die sogenannten Figatells angetan, kleine Hamburger, schön abgeschmeckt mit Muskatnuss und Pinienkernen.

Warum überhaupt Calle de Calatrava?

Einer der bekanntesten Söhne der Stadt Valencia ist natürlich der spanisch-schweizerische Architekt Santiago Calatrava, der weit über die Grenzen von Spanien hinaus berühmt ist.

In Valencia selber gilt die von Santiago Calatrava entworfene Stadt der Künste und Wissenschaften, die Ciudad de las Artes y las Ciencias, als Meisterwerk des Architekten. Aber auch als Projekt eines Stars, das immer wieder für Ärger sorgt.

Namensgeber der Strasse ist aber nicht der Architekt, sondern ein historischer Ritterorden, der vor hunderten von Jahren gegründet wurde.

Damals, im 12. Jahrhundert, unter anderem mit dem Ziel, die Stadt Calatrava vor muslimischen Angriffen zu schützen.

Calle de Calatrava am Tag und in der Nacht

Zu den Besonderheiten vieler spanischer Altstädte gehört es, dass sich die Gassen tagsüber und nachts sehr unterschiedlich präsentieren.

Dieses faszinierende Wechselspiel lässt sich auch an der Calle de Calatrava gut beobachten.

Bar La Negrita tagsüber. Bild: Internaut

Diese Verwandlungen können auch mal dazu führen, dass man nachts einen Laden nicht mehr findet, der tagsüber gut sichtbar war.

Grund dafür ist, dass die Eingangstore oft künstlerisch bearbeitet worden sind. Tagsüber zeigen sich sich als grossflächige Bilder oder Graffitis.

Bar La Negrita nach Einbruch der Dunkelheit. Bild: Internaut

Wenn dann der Tag geht und die Bar-Nacht kommt, werden die Tore hochgefahren. Die Kunst verschwindet. Beziehungsweise: Jetzt liegt die Kunst darin, einen freien Platz zu finden.

Dazu gibt es nicht viele Tipps, sondern so ziemlich genau einen: In Spanien gelingt das zur frühen Stunde, so zwischen 20 und 23 Uhr, oft sehr viel besser als ab Mitternacht. Besser gesagt: Bis zu jener Zeit, wenn das Tor wieder heruntergefahren wird.

Valencia El Carmen: Ein Mitbringsel

Auch wenn wir hier ergiebigst über das Zentrum Valencias berichten, darf eines nicht vergessen gehen: Strände spielen hier natürlich auch eine Rolle. Valencia lockt mit einer grossartigen Playa.

Anders als etwa in Barcelona oder Alicante liegt der Strand aber nicht unmittelbar bei der Stadt, sondern etwa eine 20-minütige Metro-Fahrt von der Innenstadt entfernt.

Eintauchen ins Meer, beim Eintauchen ins Stadtzentrum auf Bild gebannt. Bild: Internaut

Um beide Dinge zu kombinieren, stammt unser Mitbringsel zwar aus der Innenstadt, transportiert aber erquickendes Meer-Feeling.

Das Poster mit eintauchender Frau stammt vom hübschen Souvenir-Laden Atypical Valencia und hat zu einem Preis von 15 Euro zu uns gefunden.

Calle de Calatrava Valencia: Die Anreise

Der Reiz der historischen Innenstadt von Valencia liegt zu grossen Teilen darin, dass man planlos losmarschieren und sich in den vielen Gassen verlieren kann.

Am einfachsten findet man die Calle de Calatrava, wenn man von der Plaza de la Virgen her die Hauptstrasse Calle de Caballeros nimmt und dann linkerhand bei der Arroceria La Valenciana abbiegt. Hier führt der Carrer de Calatrava zur Plaza Negrito hinunter.

Tipps: Sehenswürdigkeiten Valencia Altstadt

Von unserer Starken Strecke aus lassen sich in wenigen Minuten ein paar der schönsten Sehenswürdigkeiten Valencias entdecken. Eine kleine Auswahl davon decke ich hier auf.

Am bekanntesten ist wohl die Plaza de la Virgen oder Plaça de la Mare de Déu oder Plaça de la Seu, wie der grosse Platz auf Valenciano heisst. Hier steht die Kathedrale, hier schweift der Blick zum Turm El Micalet (el Miguelete auf Spanisch).

Auf der Plaza de la Virgen ist immer Betrieb. Tipps für die besten Besuchszeiten? Mir persönlich ist der frühe Morgen am liebsten, weil man dann die ganze Weite des Platzes und die ersten Sonnenstrahlen für sich hat.

Morgenstund hat auf der Plaza de la Virgen (Gold) Churros im Mund. Bild: Internaut

Nur ein paar Schritte weiter liegt das berühmte Tribunal de les Aigües de València. Das Wassergericht gilt als älteste Rechts-Instanz Europas und stammt noch aus der Araberzeit. Hier werden in einem öffentlichen Verfahren bis heute Bauern-Streitigkeiten ums Wasser geschlichtet.

Der valencianische Wassergerichtshof steht, wie auch die örtliche Seidenbörse (gegenüber der Markhalle Mercado Central) und das Fest der Fallas, auf der städtischen valenzianischen Weltkulturerbe-Liste der UNESCO.

Valencia Altstadt Plan: Mit einem Klick bist Du mitten auf der – ähem – Plaça del Negret. Bild: Google Maps

Wer in Valencia weilt, sollte mindestens einmal ein Agua de Valencia getrunken haben. Wodka, Gin, Cava und Orangensaft treffen sich dabei zu einem ungeheur süffigen Cocktail.

Wo trinken? Meine Tipps: Ganz in der Nähe des Carrer de Calatrava befinden sich zwei beliebte Restaurants, die sich bestens eignen für diesen Genuss.

Zum einen das theatral-florale Cafe de las Horas, zum anderen das ikonische Cafe Sant Jaume an der Calle de Caballeros, der Hauptschlagader im Altstadtquartier Barrio del Carmen.

Immer nur trinken, das wissen nicht nur die Valencianos y Valencianas, kommt nicht gut. Man sollte auch mal etwas essen zwischendurch.

Eine der beliebtesten Stationen für einen schmackhaften Happen, etwas versteckt gelegen, ist die winzige Tasca Angel.

Für Einheimische ist das fast schon ein Pilgerort, am Wochenende ist oft mit Schlangen zu rechnen.

Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Sardinitas-Pilgerort La Tasca in Valencia. Bild: Internaut

Die Locals lieben die Tasca Angel für ihre Tapas, die meist im Freien verspiesen werden. Auch deshalb, weil drinnen kaum Platz zu finden ist.

Am beliebtesten sind die Sardinitas de la Casa, ein herrlicher Sardinen-Happen, der in der ganzen Stadt bekannt und verehrt ist.

Wer in der historischen Altstadt von Valencia unterwegs ist, sollte Zeit einplanen für einen (kostenlosen) Besuch im Museum Centre del Carme Cultura Contemporánea. Oder kurz: CCCC.

Der Tag geht, das Licht kommt: Abend-Installation im Kultur-Zentrum CCCC, das in einem ehemaligen Kloster untergebracht ist. Bild: Internaut

In einem ehemaligen Kloster mitten im Altstadtquartier werden so ziemlich alle Künste abgebildet, die man sich vorstellen kann. Darunter auch das Thema Design.

Was ganz gut zur aktuellen Zeit passt; immerhin rühmt sich Valencia im Jahr 2022 als «Welthauptstadt des Designs».

Wem der Sinn nach so viel Agua de Valencia, Trubel und Kultur ach Auslüften steht, macht am besten ein paar Schritte zu den Serranos-Türmen. (Torres de Serranos oder valenzianisch Porta dels Serrans). Hoch oben auf der mittelalterlichen Stadtmauer lockt ein grossartiger Rundblick.

Unter anderem auch auf das Cafe La Maruja, wo der Internaut sein Spanisch jeweils im Open-Air-Sprachlabor verbessert.

Stadtgarten Jardines del Turia: Kilometerlange Erholung im ehemaligen Flussbett. Bild: Internaut

Die in meinen Augen schönste Sehenswürdigkeit Valencias habe ich mir für den Schluss aufbehalten: Ein Spaziergang im Stadtgarten Jardines del Turia.

Dort, wo einst der Stadtfluss Turia floss (und durch Überschwemmungen viel Schaden anrichtet), liegt heute ein zehn Kilometer langer Stadtpark. Unter zahllosen Brücken hindurch flanieren, Fussballspiele schauen, Tanzvorstellungen verfolgen, da und dort einen Cafecito schlürfen – ein kolossaler Genuss.

Ein Hochgenuss übrigens auch, der sich perfekt per Velo erfahren lässt.

Was so übrigens auch für die Kirche San Nicolás de Bari y San Pedro Mártir gilt, die sich am Hauptstrang der Calle Caballeros befindet. Auch hier kannst Du mit dem Fahrrad aufkreuzen.