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Palermo, Sizilien. Hier ist ganz viel los. Wenn man weiss, wann. Bild: Unsplash

Palermo Altstadt: Unterwegs in La Kalsa

Andreas Güntert

Pistazien, Pesto, Pastasieb: Für Foodies ist die Via Alessandro Paternostro im Stadtviertel La Kalsa in der Altstadt von Palermo eine gewaltige Adresse. Aber nicht immer.

Ein hübscher Montag in Palermo. Winterliche Nachmittagssonne in den engen Gassen der Altstadt. Angenehmes Ambiente, alles hübsch und alles gut. Aber irgend etwas stimmt hier nicht.

Sind wir wirklich in Sizilien, Italien? Ein erster nachmittäglicher Blick in die Via Alessandro Paternostro im historischen Stadtviertel La Kalsa, nahe beim Hafen gelegen, ergibt: Komplette Stille.

Palermo Altstadt: Nur eine halbstarke Strecke?

Da ist kein Ton und kein Mensch. Kein Absatzgeklapper auf dem hellen Pflaster, keine Bambini, kein Gelato, niente. Molto unitalienisch. Downtown Sizilien im Winterschlaf?

Scusa, aber mit einem derart eklatanten Mangel an Vitalität kann die Via Alessandro Paternostro bloss als halbstarke Strecke durchgehen. Kein Vergleich etwa zur Starken Strecke Bologna, die zu jeder Tages- und Jahreszeit pulsiert.

Palermo Altstadt: Internaut-Reporterin Selina Güntert muss sich erst mal an die unitalienische Ruhe im Stadtviertel La Kalsa gewöhnen. Bild: Selina Güntert

Der nächste Tag bringt Besserung. Wir sind unterwegs auf einer privat geführten und sehr empfehlenswerten Street Food Tour mit With Locals, die durchs Viertel La Kalsa führt.

Unser Tourguide verrät, dass hier ganz viel los sein kann.

Aber sicher nicht am Nachmittag. Immerhin machen hier alle Läden Pause von 11 bis 15 Uhr; Restaurants und Bars öffnen erst am Abend. Montags sei eh nicht viel los.

Und im Winter schliesslich, im Winter ist noch weniger los. Ho capito!

Palermo Innenstadt: Eine Mahlzeit

Das Restaurant Scolapasta (Pastasieb auf Deutsch), hat uns schon von aussen begeistert. Steinwände schaffen eine angenehme Atmosphäre, und wir werden sehr herzlich willkommen geheissen.

Draussen, auf der Piazza San Francesco hätte ebenfalls ein hübsches Tischchen auf uns gewartet, leider war mir das dann doch zu kühl. Die Drinks sind auf einer Kreidetafel oben an der Bar zu lesen, die Speisen auf einer anderen Tafel an der Wand.

Scolapasta Palermo: Ein Hingucker (und ein Hingeher) im Quartiere La Kalsa. Bild: Selina Güntert

Typisch für Italien sind sie unterteilt in Antipasti, Primi, Secondi und Dolci. Da unser Aperitivo in einer anderen Bar schon reichlich ausgefallen war, entschied ich mich nur für einen primo piatto.

Pasta geht schliesslich immer. Die Penne Carbonara waren unglaublich lecker. Ein Hingucker ist auch die offene Küche im oberen Stock, wo man den Köchen beim Arbeiten zusehen kann.

Palermo La Kalsa: Noch eine Mahlzeit

Obwohl es sehr touristisch ist, musste es einfach sein: Ein Mittagessen in der Antica Focacceria San Franceso. Inzwischen ist das Restaurant eine Kette mit Standorten in ganz Italien.

Aber das Original wurde 1834 hier an unserer starken Strecke eröffnet.

Antica Focacceria San Francesco: Das Original in Palermo. An unserer Starken Strecke. Bild: Selina Güntert

Viele der Gerichte und Rezepte gibt es auch schon fast so lange. Wir bestellten die Klassiker, ein Pane e Panelle, Brot gefüllt mit einer frittierten Kichererbsen-Masse und für die Mutigen, eine Focaccia Maritata.

Dieses wurde 1851 erfunden, um den ärmeren Bewohnern Fleisch zu ermöglichen und ist eine mit Käse erweiterte Version des Panino con la Milza ( ja, es bedeutet genau das, was Ihr denkt), welches man überall in Palermo bekommt.

Für diejenigen, die etwas Einheimischeres suchen: Das Nni Franco U Vastiddaru an der Via Vittorio Emanuele liegt beinahe ums Eck. Hier bilden sich meterlange Schlangen für das beliebte Panino con la Milza.

Ein Laden an der Via Alessandro Paternostro

Von aussen her nicht besonders anmächelig hat es uns der Feinkostladen Punto Pizzo Free L’Emporio auf den zweiten Blick dann doch sehr angetan.

Die Inhaberin war unglaublich freundlich und gab uns so viele Probiererli von diversen alkoholischen Getränken und Aufstrichen, bis wir dann irgendwann dankend ablehnen mussten.

Aufs zweite Hinsehen sehr anmächelig: Punto Pizzo Free L’Emporio. Bild: Selina Güntert

Tolle Auswahl an Wein, Spirituosen, Pasta und natürlich alles was es an Mandeln und Pistazien-Produkten gibt.

Für beides ist Sizilien sehr bekannt, Pistazien werden auch das «grüne Gold Siziliens» genannt.

Palermo Altstadt: Zwei Mitbringsel

Neben ganz viel anderen Dingen haben wir in La Kalsa auch zwei typisch sizilianische Mitbringsel eingetütet.

Einerseits eine «Pesto alla Brontese», eine Pesto aus Pistazien von Bronte.

Einmal Olivenöl, einmal Pesto: Unsere Mitbringsel aus Palermo. Bild: Selina Güntert

Und anderseits eine wunderschöne Flasche Extravergine Öl der Firma Oliobarbera aus Palermo.

Beides gefunden in jenem Laden, der uns erst aufs zweite Hinschauen hin überzeugen konnte: Punto Pizzo Free L’Emporio.

Quartiere Tribunali: Ein Drink

Italien ist das Land des Aperitivo, weshalb der Gang zum nächsten Wasserloch in der Stadt Palermo immer ein wichtiges Ziel ist. Für Einheimische wie für Touristen.

In fast allen Bars gibt es die Option kleines Apéro-Plättli oder Bruschette in Kombination mit einem Drink für etwa 15 Euro.

Palermo La Kalsa: Alles etwas abgeblättert. Aber die Drinks sind frisch, Ehrenwort. Bild: Selina Güntert

Im Botthege Colletti haben wir uns nur für die Drinks entschieden. Die Klassiker Campari Orange und Aperol Spritz haben sehr geschmeckt.

In einer zweiten etwas kreativeren Runde, wurde der «Sicilian Spritz» mit Limoncello, Prosecco und Soda serviert. Auch gut!

Kalsa Palermo: Einst heftig, heute hip

Unsere Starke (oder halbstarke) Strecke Via Alessandro Paternostro befindet sich im Stadviertel La Kalsa. Der hübsche Name stammt aus dem Arabischen, vom Wort Al-Khalesa, was soviel wie die «Die Auserwählte» bedeutet. Deshalb spricht Palermos Bevölkerung auch vom «Quartiere Arabo»

Al-Khalesa wurde im 9. Jahrhundert erbaut und war eine der ersten geplanten arabischen Siedlungen in Europa. Bombardierungen im zweiten Weltkrieg und die Mafia sind einige Gründe für die lange anhaltende Kriminalitätsrate und Vergleiche mit der Bronx und La Kalsa.

Auf der etwas friedlicheren Seite ist zu bemerken, dass sich Katholisches aus mal mit Arabischem mischen lässt, mindestens zu sehen im Namen einer Kirche. Ein guter Beweis dafür ist die Chiesa Santa Teresa alla Kalsa.

Wie so oft mit solchen Quartieren, hat sich aber vieles aufgehübscht in den letzten Jahren, tolle Bars, Restaurants und Läden beleben die Gassen. Das Stadtviertel La Kalsa, das auch Tribunali genannt wird, ist zu einem hippen Treffpunkt geworden.

Unsere Via Alessandro Paternostro ist ein besonders hübsches Beispiel dafür, wie das geglückt ist. Neben dem arabisch hergeleiteten Namen ist das Quartier auch als Mandamento Tribunali bekannt. Dies deshalb, weil im Palazzo Chiaramonte-Steri einst das Inquisitionsgericht untergebracht war.

Palermo La Kalsa: Die Anreise

Am einfachsten steigt man beim Bahnhof Palermo Centrale aus dem Zug, folgt der Hauptstrasse Via Roma und biegt nach zehn Gehminuten rechts in die zweite Hauptstrasse Via Vittorio Emanuele ein.

Nach einer Minute Marsch in Richtung Hafen und Meer beginnt auf der rechten Seite unsere Starke Strecke Via Alessandro Paternostro im Quartiere La Kalsa.

Sommers eine ganz starke Starke Strecke: Via Alessandro Paternostro, Palermo La Kalsa. Oder Tribunali. Bild: Selina Güntert

Am falschen Tag, zur falschen Jahres- und falschen Tageszeit, wie gesagt, ist es zwar nur eine halbe Strecke.

Aber wer sommers hier vorbeikommt, an einem Samstagabend nach 19 Uhr, wird die Via Alessandro Paternostro und ganz Kalsa als Starke Strecke erleben.

Palermo Altstadt: Sehenswürdigkeiten in Gehdistanz

Fünf Gehminuten entfernt von unserer Strasse befindet sich ein unglaublicher Anblick. Mit 25 Metern Höhe und einem stolzen Alter von 150 Jahren steht hier der älteste Feigenbaum Europas und grösste Baum Italiens.

Je nach Quelle lassen sich zwar auch andere Zahlen finden. Aber der Spaziergang zum Ficus Macrophylia di Piazza Marina lohnt sich wirklich.

Ebenfalls fünf Minuten zu Fuss sind es zum Brunnen Fontana Pretoria, in Palermo besser bekannt als Piazza della Vergogna, Platz der Schande. 1574 wurde der grosse Brunnen von Florenz nach Palermo transportiert und hier platziert.

Nicht nur die Einwohner Palermos, sondern auch die Nonnen der Kirche nebenan, und sogar Goethe, der auf Besuch war, entrüsteten sich über die nackten Figuren um den Brunnen. Zum Glück durfte er bleiben, und ist heute nun eines von unglaublich vielen alten Bauwerken in Sizilien.

Etwa ein Viertelstündchen dauert es von unserer Strasse bis zum Teatro Massimo, gelegen an der Piazza Verdi am ehemaligen Westtor von Palermo.

Teatro Massimo an der Piazza Verdi in Palermo. Auch im Winter ziemlich viel los hier in der Hauptstadt von Sizilien. Bild: Selina Güntert

Das Teatro Massimo ist das Opernhaus von Palermo, eröffnet 1897. Erster Act: Verdis Oper «Falstaff».

Ebenfalls ganz in der Nähe befindet sich der Mercato di Ballarò, ein italienischer Tagesmarkt, wie man ihn sich vorstellt. Wir empfehlen allerdings, diesen Markt eher am Morgen zu besuchen, da die Stände dann noch voll sind, und erst ab Dienstag, da es am Montag keine Meeresfrüchte und Fische gibt.

Grundsätzlich ist La Kalsa, oder Tribunali, wie dieses historische Stadtviertel in der Innenstadt von Palermo auch genannt wird, vollgespickt mit einer Fülle von Palazzi und Kirchen. Ebenfalls zentral gelegen: Die Kathedrale der Stadt, die Cattedrale di Palermo.

Palermo Altstadt: Mit einem Klick auf die Karte bist Du drin im Quartiere La Kalsa. Oder Tribunali, wie Du willst. Quelle: Google Maps

Palermos Hafen La Cala ist ebenfalls nur einen Katzensprung entfernt von unserer Starken Strecke.

Gleich angrenzend ans Stadtviertel La Kalsa befindet sich der Botanische Garten von Palermo. Oder, genauer gesagt, der Orto Botanico dell’Università degli Studi di Palermo, gelegen an der Via Lincoln 2.

Eine urbane Gartenanlage, die sich natürlich nicht nur für die Studis, sondern auch für Dich als willkommener Kontrapunkt zum quirligen Stadtleben anbietet.