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Innsbruck kommt bei Städte- und Outdoor-Fans gut an. Alle Bilder: Mario Webhofer, Innsbruck Tourismus

Die Outdoor-Grossstadt mitten in den Bergen

Artur K. Vogel

Innsbruck, die einstige Residenz der Grafen von Tirol, besitzt nicht nur eine attraktive Altstadt am Inn. In kürzester Zeit ist man auch in den Bergen und winters auf den Skipisten. Damit ist Innsbruck ein Eldorado für Outdoor-Begeisterte.

Johanna Haas wie auch Alexandra Sasse sind auf die Frage vorbereitet, aber die Antwort ist nicht ganz einfach: Wieso soll ein Schweizer Tourist nach Innsbruck kommen? Berge haben wir auch bei uns. Johanna Haas ist Marketing Manager der Innsbrucker Nordkettenbahnen. Alexandra Sasse ist bei Innsbruck Tourismus für Märkte und Medien zuständig.

Die erste Antwort ist die simpelste: In Innsbruck, ab Zürich in gut dreieinhalb Stunden mit dem Railjet der ÖBB ohne Umsteigen erreichbar, ist fast alles viel preisgünstiger als in der Schweiz. Aber das genügt als Erklärung natürlich nicht. Vielmehr spielt Innsbruck eine attraktive Doppelrolle: Mit rund 130'000 Einwohnern – etwa gleich viele wie Bern – ist die Tiroler Landeshauptstadt gemäss internationaler Definition eine Grossstadt. Gleichzeitig liegt sie mitten in den Bergen. Das alpine Feeling stellt sich schon ein, wenn man den Blick nach Süden schweifen lässt: Die mächtige Bergiselschanze dominiert den Hang, Sie wurde von der 2016 verstorbenen, weltberühmten irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid entworfen und ist jeweils einer der Austragungsorte der Vierschanzentournee.

Für Alexandra Sasse, im Osten Deutschlands aufgewachsen, war die Lage der Stadt entscheidend, als sie das Management Center Innsbruck MCI für ihr Tourismusstudium wählte, nachdem sie bereits Sport studiert hatte. «Outdoor-Sport ist hier allgegenwärtig», sagt sie. «Im Winter siehst Du Leute in Ski- oder Snowboard-Ausrüstung mitten in der Stadt. Am Morgen gingen wir in die Vorlesungen, am Nachmittag auf die Pisten. Wenn du einmal ein Wochenende zu Hause bleibst, fragen Freunde besorgt, ob es dir nicht gut gehe.»

Bergbahn direkt ab der Hofburg

Auch die Nordkette liegt direkt vor der Haustür: Die unterste Sektion der Bergbahn, die Hungerburgbahn, beginnt mitten in der Stadt, unweit der Hofburg und den Boulevard-Cafés und direkt neben dem Congress-Zentrum. Die Bahn ist relativ neu; sie wurde 2007 eröffnet. Der Sichtbeton der Stationen soll die Berge, die organisch wuchernden, weisslichen Dächer die Gletscher versinnbildlichen. Auch sie wurden von Zaha Hadid entworfen. Die Standseilbahn führt von 560 m ü.M. über die Station Alpenzoo hinauf ins Nobelquartier Hungerburg. Der Alpenzoof auf 750 m ü.M. ist übrigens einen Zwischenhalt wert: In beinahe natürlich wirkender Umgebung leben hier rund 2000 Wildtiere von rund 150 Tierarten aus dem Alpenraum.

Die Hungerburgbahn beginnt mitten in Innsbruck, unweit der Hofburg und den Boulevard-Cafés.

Auf Hungerburg steigt man um in die Gondeln der Schwebebahn hinauf zur Seegrube auf 1905 Metern, wo man sich in einem Bergrestaurant mit grosser Aussichtsterrasse gediegen verpflegen kann. Der dritte Abschnitt schliesslich bringt einen schon ins höhere Gebirge: Die Bergstation Hafelekar liegt auf 2256, die Spitze mit Gipfelkreuz, die man auf gepflästerten Pfaden in einem kurzen Aufstieg erklimmt, auf 2334 m ü.M. Auch die Stationen der Seegrube- und der Hafelekar-Bahnen sind denkmalgeschützte, architektonische Highlights, wenn auch aus einer anderen Epoche: Sie wurden in den Jahren 1927/28 gebaut.

Auf der Nordkette, die zum Karwendel gehört, einer Gebirgsgruppe der Nördlichen Kalkalpen, sind Wandern und Bergsteigen angesagt. Ein Klettersteig für erfahrene Alpinisten und ein kürzerer, an dem sich Kinder üben können, sind in die schroffen Felsen gehauen. Im Winter gibt es hier oben auch ein kleines Skigebiet, und im Vorfrühling sind Skitouren angesagt. Einige Verrückte stürzen sich auch in Skiern die steilen Couloirs hinunter.

Auf der Nordkette, die zum Karwendel gehört, einer Gebirgsgruppe der Nördlichen Kalkalpen, sind Wandern und Bergsteigen angesagt.

Im Südosten Innsbrucks befindet sich ein anderer Zweitausender, den viele als den eigentlichen Hausberg der Tiroler Metropole betrachten: Der Patscherkofel und sein Skigebiet waren 1964 und 1976 Austragungsort der Olympischen  Winterspiele. Auch im Sommer ist er einen Ausflug wert. So unterhält hier die Universität Innsbruck auf rund 2000 Metern mit ihrem Alpengarten den höchstgelegenen Botanischen Garten Österreichs – ein Muss für jeden, der sich für die alpine Pflanzenwelt interessiert und sich für Edelweiss, Enzian, Alpenrosen und so weiter delektieren kann. Auch zahllose Wanderrouten gehen vom Patscherkofel aus.

Südliches Flair

In der Innsbrucker Altstadt hingegen, die weitgehend aus der Gotik stammt, mit barocken Verzierungen an manchen Häusern und einigen neueren Bausünden dazwischen, herrscht ein beinahe südliches Flair.

Geprägt von der Gotik: die Innsbrucker Altstadt.

In den Altstadtkneipen, manchenorts eine neben der anderen, Stühle und Tische im Freien, tummelt sich das Volk bis spät in die Nacht ; Bier und österreichische Weine fliessen reichlich. Zwar kann sich Innsbruck kulinarisch nicht mit anderen österreichischen Tourismusdestinationen messen. «Es ist schwierig, die Innsbrucker für die gehobene Gastronomie zu interessieren», beklagt sich Lukas Walter, der das sehr empfehlenswerte und treffend benannte Lokal «Lichtblick» im Rathaus führt.

Doch gibt es neben dem «Lichtblick» ein paar weitere Ausnahmen. Im Restaurant «Die Wilderin» zum Beispiel wird nur verarbeitet, was gerade Saison hat und was aus der näheren oder weiteren Umgebung stammt. Und ein Tier wird von der Nase bis zum Schwanz verarbeitet, bevor ein neues gekauft wird. Hier stehen also nicht nur Filet und Carpaccio auf der Karte, sondern einfach alles, und das reichlich und auf hohem Niveau.

Das beste Lokal der Stadt jedoch dürfte das «Oniriq» sein, was auf Französisch «traumhaft» heisst, wenn man sich ein U und ein E am Wortende hinzudenkt. «Vegetarische Küche auf höchstem Niveau im 5- oder 7-Gang-Menü» wird hier serviert, von äusserst professionellem Personal und in Begleitung exquisiter, auf die jeweiligen Speisen abgestimmter Weine. Aber das Menü wird «auf Wunsch durch Fisch und Fleisch ergänzt», und wer diese «Ergänzung» probiert, zum Beispiel einen rohen, marinierten Tiroler Saibling mit Apfel und Kapuzinerkresse und einen ebenfalls regionalen Lammrücken mit Pfifferlingen ist froh, nicht Vegetarier zu sein.

Übrigens kommen in der Outdoor-Hauptstadt der Alpen auch kulturell Interessierte nicht zu kurz: Im lauschigen Innenhof der Hofburg finden Freiluft-Promenadenkonzerte statt. An den Festwochen der Alten Musik wird an verschiedenen historischen Spielstätten noch bis Ende August Musik aus dem Mittelalter, der Renaissance, dem Barock und der Klassik aufgeführt. Natürlich gibt es auch zahlreiche Museen, etwa jenes in der Hofburg, da Volkskundemuseum, das Landesmuseum oder den Kunstraum. Und im hochmodernen, 2018 eröffneten Haus der Musik gegenüber der Hofburg wird ein vielfältiges musikalisches Programm geboten.

Ob die Frage an Johanna Haas und Alexandra Sasse damit beantwortet ist?

Um Ufer des Inns lässt sich wunderbar chillen.