Future

Fünf Nachwuchskräfte begleiten die SRV-GV 2025 – alle mit Erfahrung und Verantwortung in der Reisebranche. Bilder: Excellence Cruises / SRV

«Quereinsteiger auf oberster Führungsebene sind praktisch inexistent»

Reto Suter

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) wollte jungen Nachwuchskräften auf der GV-Reise 2025 eine Bühne bieten. Doch die ausgewählten Talente sind alles andere als Neulinge. Das sorgt für Diskussionen über Nachwuchsförderung, Quereinsteiger und den demografischen Wandel in der Reisebranche.

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) möchte jungen Menschen aus der Reisebranche mehr Sichtbarkeit verschaffen. Schon seit Jahren ist es dem Verband ein Anliegen, den Branchen-Nachwuchs zu fördern und ihm ein Gesicht zu geben.

Früher kürte der SRV jährlich vier sogenannte Young Talents, die als Belohnung an die Generalversammlungsreise eingeladen wurden. In den letzten beiden Jahren blieb diese Tradition jedoch aus. 2025 wollte man sie in angepasster Form wieder aufleben lassen.

Für die kommende GV-Reise auf den Flussschiffen von Excellence Cruises – unter dem Motto «River of Change» – suchte der SRV gezielt Nachwuchskräfte im Alter von 20 bis 30 Jahren mit ersten Berufserfahrungen in der Reisebranche.

Die Erwartungen in der Branche waren gross: Welche neuen Stimmen würden auftauchen? Würden sich vielleicht unentdeckte Talente zeigen, die frische Ideen einbringen und künftig an der Spitze der Branche stehen könnten?

Nachwuchs mit viel Erfahrung

Das Ergebnis fiel anders aus. Unter den fünf Nachwuchskräften, die der SRV letztlich auf die Reise eingeladen hat, finden sich keine unbeschriebenen Blätter. Alle sind in der Branche etabliert – mit verantwortungsvollen Positionen und einem starken Leistungsausweis.

STAR-COO Alex Vogel.

Mit dabei sind Farrah Mettler, Head of Marketing bei Tourasia, Carla Riss, Co-Gründerin von Meraki Travel, Rina Sigrist, Tour Operating und Verkauf bei Meraki Travel, Nicola Gohl, Leiter der Kuoni-Filiale in Sursee, sowie den ausgewiesenen Kreuzfahrt-Experten Dario Cremona, Inhaber des «Cremona Cruise Blog» und bis vor kurzem Leiter der Schiffsabteilung bei Knecht Reisen.

Alex Vogel, seit bald vier Jahren operativer Leiter der STAR Enterprises AG, ist Quereinsteiger in der Reisebranche und bringt deshalb einen frischen, aber auch kritischen Blick auf die Szene mit.

Auf Anfrage zeigt er sich erstaunt: «Mich hat verwundert, dass man bei den präsentierten Personen von Nachwuchskräften mit ersten Erfahrungen in der Reisebranche spricht.» Das seien schliesslich Personen mit mehrjähriger Berufserfahrung, in verantwortungsvollen Positionen und mit einem klaren Leistungsausweis.

Wobei dem SRV hier kein Vorwurf zu machen ist: Insgesamt gingen lediglich sechs Dossiers ein. Auch der Verband hätte sich wohl über eine breitere Auswahl gefreut – mit mehr, und vor allem auch neuen, bisher weniger bekannten Gesichtern aus der Branche.

Demografischer Wandel als grosse Herausforderung

Für Vogel ist das symptomatisch für ein strukturelles Problem. «Wer nicht mindestens 20 Jahre Branchenerfahrung hat, gilt als Neuling und kann froh sein, wenn er beim Establishment einen Platz am Tisch bekommt», so der STAR-COO. Er sieht die Branche zu stark in sich geschlossen, wodurch der Nachwuchs fast ausschliesslich aus den eigenen Reihen komme.

«Dadurch haben wir mit dem demografischen Wandel ein echtes Problem, weil wir die zukünftigen CEOs der Top-3-Reiseveranstalter heute bereits für eine Reisebürolehre oder ein Tourismus-Studium motivieren müssen. Quereinsteiger auf oberster Führungsebene sind praktisch inexistent.»

Trotz der Kritik sieht Vogel auch positive Entwicklungen. «Wir haben beispielswiese über 50 Mitglieder, die vor weniger als fünf Jahren gegründet worden sind, und daraus haben sich einige Perlen entwickelt: Sei dies Infiniti Golf, Surfwise oder Cruise Expert, um nur einige davon zu nennen.»

Zudem berate die STAR jedes Jahr mehrere Interessierte bei der Gründung eines Reiseunternehmens, darunter auch viele branchenfremde Personen. Doch auch für ihn bleibt der demografische Wandel eine der grössten Herausforderungen. Als einen der Lichtblicke nennt er Mawi Reisen, das gezeigt habe, dass es möglich ist, ein gründergeprägtes Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben (Travelnews berichtete).

Der SRV hat mit der Wiederaufnahme des Young Talents-Programms also ein wichtiges Thema neu belebt. Doch die Resonanz zeigt: Der Nachwuchs ist zwar da, aber er kommt nicht mehr zwingend aus der Jugend.