Future

Über den Schlüssel zu nachhaltigem Tourismus
Auf der Bühne des Kulturlokals «Progr» in Bern ging es letzte Woche beim «Hauptsachen-Talk» um die Frage, wie lange die aktuelle Form des Tourismus noch aufrechterhalten und wie der «Overtourism» gebändigt werden kann. Es diskutierten Manuela Angst (CEO Bern Welcome), Autorin Maja Haus, Karl Näpflin (Gemeindepräsident Lauterbrunnen) sowie Travelnews-Mitgründerin Vanessa Bay. Das Portal «Hauptstadt» hat ausführlich über den Event berichtet.
Manuela Angst betonte, dass es nicht immer mehr sein müsse: Reisen solle eine bewusste Auseinandersetzung mit dem besuchten Ort und dessen Menschen sein. Sie plädierte dafür, länger an einem Ort zu bleiben, um einen nachhaltigeren Einfluss zu ermöglichen. Gleichzeitig räumte sie ein, dass wirtschaftliche Faktoren nicht ausser Acht gelassen werden können – die Zahl der Logiernächte in Bern überschritt 2023 erstmals die Millionengrenze.
Die Autorin Maja Haus wies darauf hin, dass viele Reiseerlebnisse auch in der Nähe gefunden werden könnten. Sie machte darauf aufmerksam, dass zum Beispiel Lavendelfelder nicht nur in der Provence, sondern auch im Oberaargau existieren. Das Hauptproblem für nachhaltigen Tourismus sei ihrer Meinung nach jedoch die zu günstigen Flugreisen. Eine Verteuerung von Flugtickets könne helfen, das Problem zu entschärfen.
«Reisen ist eine Form der Bildung und persönlichen Entwicklung.»
Vanessa Bay, Geschäftsführerin der PR-Agentur Primcom und Verwaltungsratspräsidentin von Travelnews, stimmte Maja Haus grundsätzlich zu, fand es jedoch bedauerlich, dass oft nur auf das Fliegen fokussiert und das Thema Nachhaltigkeit nicht ganzheitlich betrachtet werde. Ihrer Meinung nach sei Reisen essenziell – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch als eine Form der Bildung und persönlichen Entwicklung. Sie warnte davor, den Tourismus zu stark einzuschränken: «Wenn nicht mehr gereist wird, dann gute Nacht Schweiz.»

Bay machte deutlich, dass Nachhaltigkeit im Tourismus ein schwieriges Thema sei. Sie glaubt, dass acht von zehn Menschen beteuern würden, dass nachhaltiges Reisen wichtig sei – bei der Buchung aber spiele es kaum eine Rolle. Nur ein Prozent der Passagiere kompensiere beispielsweise den CO₂-Ausstoss ihrer Flüge. Auch das Wachstum der Kreuzfahrtindustrie sei ein Zeichen dafür, dass sich der Markt nicht einfach durch Appelle verändern lasse. Um wirkliche Veränderungen herbeizuführen, sei es daher entscheidend, dass alle Akteure entlang der touristischen Wertschöpfungskette gemeinsam daran arbeiteten.
Karl Näpflin schilderte die Herausforderungen, mit denen Lauterbrunnen als Tourismus-Hotspot konfrontiert ist. Täglich kämen bis zu 7000 Besucherinnen und Besucher, oft nur für ein Foto des Staubbachs – und verschwinden dann wieder. Viele reisen mit dem Auto an, verursachen Verkehrsprobleme und hinterlassen Müll. Die Gemeinde habe bereits Massnahmen wie mehr Toiletten und Personal für die Verkehrslenkung ergriffen, doch langfristige Lösungen seien noch nicht gefunden. Näpflin forderte von Schweiz Tourismus eine aktivere Steuerung der Besucherströme, da das Problem nicht nur Lauterbrunnen, sondern auch andere Orte betreffe.
Der Hauptsachen-Talk machte deutlich, dass nachhaltiger Tourismus nicht nur eine individuelle Verantwortung, sondern auch eine strukturelle Herausforderung ist. Während Manuela Angst für bewussteres Reisen plädierte, setzte sich Maja Haus für höhere Flugpreise ein. Vanessa Bay betonte die Bedeutung des Reisens und warnte davor, es zu stark und ausschliesslich aufgrund des ökologischen Aspekts einzuschränken. Karl Näpflin zeigte die realen Probleme von Tourismus-Hotspots auf und forderte eine bessere Besucherlenkung.