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Kommentar Eintrittsgebühren gegen Overtourism ohne Auswirkung
Gregor WaserDie Besucherzahlen schiessen in die Höhe. Viele Reiseziele werden auch in diesem Jahr regelrecht überrannt, und die Touristen verursachen etliche Probleme. Die Wohnungen für die Einheimischen werden knapp, weil sie für Airbnb-Touristen umgenutzt werden, der Lärm der Partygäste und Rollkoffer hallt durch die halbe Nacht, neue Müllberge entstehen, es fehlt an Wasser, an freien Parkplätzen, an freien Strandabschnitten. Tagestouristen verstopfen die Gasse, geben aber keinen Cent aus. Und plötzlich stehen Fremde im Wohnungseingang und suchen den Schnappschuss.
Genug ist genug, sagen sich immer mehr Reiseziele und führen Gegenmassnahmen ein. Neben Airbnb-Hürden, Limiten bei der täglichen Anzahl von Kreuzfahrtschiffen und Reisebussen, Lenkungsversuchen Richtung alternativer Reisedaten oder Orte, halten vielerorts auch neue Gebühren Einzug. Mag ein Mix all dieser Massnahme der richtige Weg sein, um gegen das Overtourism-Problem anzukämpfen, sind es Gebühren alleine nicht.
Die Liste ist endlos
Aus Sicht des städtischen Schatzmeisters sind Gebühren zwar der letzte Schrei. Lass uns doch den zig Tausenden Touristen einige Euro abknöpfen, dann füllt sich unsere Kasse ohne grosses Dazutun auf wundersame Weise.
Seit diesem Jahr hat Amsterdam die Touristensteuer auf 12,5 Prozent des Übernachtungspreises pro Person und Nacht erhöht. Zusätzlich zahlen Kreuzfahrtpassagiere, die in Amsterdam anlegen, eine Gebühr von 11 Euro pro Person und Tag. Venedig zieht die Gebührenschraube weiter an. Ab 2025 müssen Tagestouristen in Venedig bis zu zehn Euro Eintritt bezahlen.
Die Liste ist endlos, ob in Barcelona, Island, Bali oder Neuseeland. Der Gebührenwahn greift um sich. Und Iseltwald streckt die hohle Hand hin für das Betreten eines Schiffssteges, der in einer koreanischen Netflix-Serie für Furore sorgte und einen grossen Run in die Ortschaft im Berner Oberland auslöste.
Gebühr verpufft
Klar, solche Gebühren können eine vorauseilende Massnahme darstellen, um Menschen dazu anzuregen, schon gar nicht anzureisen und alternative oder weniger überfüllte Orte zu besuchen. Doch wer schon immer das Selfie auf der Ponte Rialto oder dem Isteltwald-Steg schiessen wollte, reist eben nicht an Alternativeziele wie Ravenna oder Bönigen nur wegen fünf oder zehn Euro wegfallender Gebühren.
Wenn die Touristensteuer höher ausfällt, dann hält sie höchstens Budgetreisende und Backpacker ab. Wer ohnehin 3000 oder 4000 Franken, Euro oder Dollar für die Europa-Reise aufwarf, wird sich mit Eintrittsgebühren nicht abschrecken oder umleiten lassen.
Und noch dies: vor allem sollten Reisedestinationen, wenn sie schon Eintrittsgebühren verlangen, klar den Verwendungszweck kommunizieren. Ein gutes Beispiel dafür: in Barcelona unterstützt die Steuer Projekte zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs und erneuerbare Energien in Schulen. Ansonsten ist die Eintrittsgebühr nicht nur nutzlos, sondern wird auch als sinnlos wahrgenommen.