Future

Geht es ums Reisen, spielt die Nachhaltigkeit für die Gen Z eine unbedeutende Rolle. Bild: igorovsyannykov

Kommentar Ein bisschen scheinheilig tun wir schon

Marilin Leuthard

Am einen Tag gehen wir fürs Klima auf die Strasse, am nächsten Tag steigen wir in den Flieger nach Fernost, heisst es. Gemeint sind wir, die Generation Z, geboren zwischen 1996 und 2010. Warum wir nicht ganz so nachhaltig sind, wie wir gerne wären.

Wir – die Generation Z – sind es uns gewohnt, immer mal wieder unter den Beschuss unserer Vorgänger-Generationen zu geraten. (Wir sind manchmal auch ziemlich nervig, das gebe ich zu. Beruht aber möglicherweise auch auf Gegenseitigkeit.) «Ihr klebt euch auf den Boden und dann fliegt ihr mit dem Flugzeug nach Bali. Was ist denn das für eine Logik? Geht doch zu Fuss... oder mit dem Velo!», bekommen wir unter anderem immer mal wieder zu hören. Hier muss ich auch einfach mal kurz loswerden: Wir kleben uns nicht alle auf den Boden!

Dass wir mehr unterwegs sind, als beispielsweise unsere Eltern es in unserem Alter waren, ist nicht zu leugnen. Die Gen Z, welche gleichbedeutend ist mit den zwischen 1996 und 2010 geborenen Personen, und die uns vorangegangene Gen Y (oder Millennials), mit den Jahrgängen 1981 bis 1995, sind tatsächlich die beiden Altersgruppen, die generationsübergreifend am meisten fliegen, wenn man entsprechenden Umfragen Glauben schenkt. Die beiden vermeintlich so klimabewussten Generationen bilden gemeinsam an den Flughäfen inzwischen die grösste Altersgruppe. Viele von uns sind mit dem Reisen aufgewachsen, als gehöre es ganz einfach zu einem normalen Leben dazu, so quasi wie ein Grundrecht also. Und wenn es um Grundrechte geht, lässt man sich nicht gerne reinreden oder einschränken.

Die Konsequenzen für die Umwelt sind gerade uns durchaus bewusst. Nicht zuletzt durch den Unterricht in der Schule, der diesem Thema mittlerweile einiges an Zeit einräumt. Machen wir uns Gedanken oder allenfalls gar Sorgen um das Klima und die Zukunft? Ja. Haben wir ein schlechtes Gewissen? Ab und zu. Ändern wir etwas an unserem Verhalten? Mhm. Dies zeigten meine Gespräche mit Gleichaltrigen in den vergangenen Tagen. Das Interesse, der Umwelt etwas Gutes zu tun, endet oftmals dann, wenn es daran geht, die nächsten Ferien zu buchen und weicht dem Druck des Geldbeutels. Dass einige von uns während einer Flugreise auch gern einmal mehr umsteigen, um nicht für den Direktflug mehr zahlen zu müssen, kann man nicht schönreden. Für die meisten spielt die Nachhaltigkeit nur eine kleine bis gar keine Rolle, wenn es um die eigenen Ferien geht.

«Wo die Zugverbindungen attraktiv und schnell sind, siegt zunehmend der ökologische Gedanke.»

Zudem denken wohl viele, dass nachhaltiges Reisen nur damit zu tun hat, ob man mit dem Flugzeug unterwegs ist oder nicht. Es beginnt aber schon am Morgen der Abreise, mit dem Entscheid, ob man mit dem Auto oder mit dem Zug zum Flughafen fährt. Sind wir mal ehrlich, der chronische Stau vor dem Gubrist-Tunnel ist schon Grund genug, den Zug zu nehmen, für all jene, die im Westen dieses Nadelöhrs wohnen. Entscheidet man sich, ganz mit dem Zug in die Ferien zu fahren, umso besser. Aber selbst wenn man mit dem Flugzeug reist, hat man die Möglichkeit, mit einer Investition in SAF-Treibstoff die Emissionen zu verringern und anfallende CO2-Emissionen zu kompensieren. Genauso wie man Flugverbindungen wählen kann, wo man nicht etliche Male umsteigen muss. Dies alles drückt aber wieder aufs Portemonnaie. In Wahrheit kann noch weit mehr beeinflusst werden, als nur die An- und Rückreise. Auch vor Ort kann man seinen ökologischen Fussabdruck nach Möglichkeiten zum besseren beeinflussen.

Zwei grosse Punkte sind die Fortbewegung und die Verpflegung. Nutzt man den öffentlichen Verkehr anstatt das Taxi und isst in lokalen und einheimischen Restaurants, vermindert sich der ökologische Fussabdruck automatisch. Zudem lassen sich bereits heute eine grosse Auswahl an zertifizierten Hotels finden, die sich einen möglichst nachhaltigen Aufenthalt ihrer Gäste auf die Fahne geschrieben haben.

Obwohl eine Flugreise noch immer meist kostengünstiger ist als der Zug und zudem noch weniger Zeit in Anspruch nimmt, findet langsam aber sicher ein Umdenken statt. Vor allem für Städte in den umliegenden Ländern, wie beispielsweise Paris, Amsterdam, Berlin und Wien, zieht die Gen Z immer häufiger den Zug dem Flugzeug vor. Wo die Zugverbindungen attraktiv und schnell sind, siegt zunehmend der ökologische Gedanke.

Dennoch, scheinheilig bleiben wir wohl auch in Zukunft. Ich behaupte, dass sich für die breite Masse der Gen Z am sakrosankten Status der Ferien auch in Zukunft kaum etwas ändern wird, wenn nicht auch die Tourismusbranche preiswerte Anstösse bietet. Geht es um die Ferien, ist die Mehrheit weder bereit auf etwas zu verzichten, noch mehr dafür zu bezahlen.

Können wir aber zwischen zwei gleich attraktiven Möglichkeiten auswählen, wovon eine einen geringeren ökologischen Fussabdruck aufweist, bin ich mir sicher, dass sich viele für das nachhaltige Angebot entscheiden würden.