Future

Der Audi Q4 e-tron an einer DC-Schnellladestation: von 60 auf 410 Kilometer Reichweite geladen in weniger als einer halben Stunde. Bilder: TN

Tested Audi Q4 e-tron, wie von einem anderen Stern

Gregor Waser

Der Ausflug mit dem Audi Q4 e-tron Sportback wird zur Begegnung mit der Zukunft. Wie in einer Bubble, nicht von dieser Welt, gleiten wir über die A1.

Elektroautos sind kein Neuland für mich. Seit anfangs 2022 fahre ich den Kleinwagen Renault Zoé – und bin sehr happy damit. Über eine unerhörte Beschleunigung verfügt er wie jedes E-Auto, lautlos und agil ist er im Stadtverkehr, zuverlässig im Handling.

Doch der Zoé hat auch seine Tücken. Als eines der früheren Modelle, Baujahr 2018, ist die Batteriekapazität und -temperaturverträglichkeit und damit auch die Reichweite limitiert. Um die 220 bis 280 Kilometer zu laden, bei Minusgraden sind es weniger als 200 Kilometer, benötige ich zweieinhalb bis drei Stunden. Eine Fahrt von Zürich in die Romandie bedingt eine genaue Planung und das Einkalkulieren eines mehrstündigen Ladestopps, bevor es wieder zurück gehen kann. Auf eine Fahrt ins Ausland verzichte ich aus Reichweitengründen.

Nun hat sich die Gelegenheit für einige Tage ergeben, aus dem Hause AMAG ein E-Auto einer ganz anderen Dimension zu testen: ein Audi Q4 Sportback 40 e-tron. Der Quantensprung, ja der eigentliche Schock ist so gross wie ein Switch von der Easyjet-Holzklasse in die Business Class der Singapore Airlines – oder einem 80 ccm Yamaha-Motorrad auf eine BMW F 750.

Auch für grosse Leute

Da steht er also, der E-Tron, wie von einem Ufo ausgeliefert und auf die Strasse abgesetzt: 4,60 Meter lang, 1,87 breit, 2,2 Tonnen schwer, die Aussenfarbe geysirblau mettalic, das Interieur schwarz-felsgrau, alles sehr stylish und futuristisch. 87'370 Franken steht auf dem Preisschild, inklusive zahlreicher optionaler Features wie Premium Soundsystem oder Sicherheitspaket plus, wie bei unserem Testfahrzeug; eine abgespeckte Version gibt es ab 57'000 Franken.

Der Innenraum ist luftig, versehen mit zwei 10-Zoll-Bildschirmen und entsprechend vielen Optionen für den Fahr- und Info-Bereich. Auch der Rücksitz bietet viel Platz, testeshalber setzt sich der 1,88-Kollege hinten rein, ohne mit dem Kopf das Dach zu berühren.

Schnittiges Design, äusserst stabiles Fahrgefühl, geräumiger Innenraum: der Audi Q4 e-tron.

Stauraum für Kleinkram gibt es reichlich, im Kofferraum sowieso, auch ohne Umklappen der Lehnen. Zusätzlichen Stauraum gibt es im Kofferraumboden. Auch eine vierköpfige Familie beim Trip ans Meer könnte sich nicht beklagen: Sonnenschirm, Beachmatten, Fussbälle finden auch neben drei Koffern und zwei Taschen noch gut Platz.

Dann geht’s los, mit leicht mulmigem Blick zum Beifahrersitz, im Unwissen ob das moderne Gefährt vielleicht gleich abheben wird. Im Industriequartier beschleunigen wir im Nu auf 50 km/h, wenig später fahren wir mit 110 km/h auf der Autobahn – praktisch geräuschlos. Ruhig und stabil wie auf Schienen gleitet der E-Tron über die A1. Es ist wie in einer Bubble, unwirklich, sagt die Partnerin auf den Nebensitz.

Futuristisches Neuland

150 kW/204 PS lauten die enormen Werte des Elektromotors. Angesichts dessen hält sich das Temperament des Q4 im Rahmen, der erwartete Raketenstart ist es nicht, da könnte wohl der Zoé bei einem Ampel-Race in den ersten 50 Metern mithalten, aber wer braucht das schon. Das Gewicht des Q4 mit 2,2 Tonnen ist jedenfalls spürbar. Gemäss Audi-Angaben benötigt das Fahrzeug von null auf 100 km/h aber nur gerade 8,5 Sekunden, ein top Wert – wir verzichten aufs Nachmessen, wie und wo auch.

Für einen Zoé-Fahrer zudem futuristisches Neuland:  das umfangreiche Fahrerassistenzsystem und das Augmented Reality Head-up-Display. Der Spurhalteassistent erkennt die Fahrbahnmarkierungen vor und neben dem Auto. Nähere ich mich auf der Autobahn der rechten, durchgezogenen Markierung, wird das Auto wie von göttlicher Hand, im Steuerbar gleich spürbar, sanft auf der richtigen Spur gehalten; ebenso, sollte man das Blinken vergessen, beim Wechsel auf die Überholspur.

Das Head-up Display wiederum ist eine virtuelle Projektion in der Frontscheibe. Gefühlt drei Meter vor den Augen des Fahrers tauchen Infos zu Tempo, Verkehrszeichen sowie Assistenz- und Navigationssymbole auf, sie schweben regelrecht vor einem – ein cooles Feature.

Für die grösste Verblüffung sorgt dann aber die sehr kurze Ladezeit. Wir planen ein Mittagessen auf einer Autobahnraststätte ein, schliesslich zeigt die Anzeige nur noch 60 Kilometer an. Nach einer halben Stunden checke ich den Anzeigenstand: die Audi-Batterie ist schon wieder zu 85 Prozent geladen, mit einer Reichweite von 410 Kilometern versehen. Das ging im Nu.

Fazit

Sollte ich eines Tages über das nötige Kleingeld verfügen und sollten dann auch europaweit genügend Schnellladestationen zur Verfügung stehen, freue ich mich jetzt schon sehr auf einen geräuschlosen Road-Trip mit einem futuristischen E-Auto dieses Stils – von Zürich rauf nach Hamburg, entlang der Atlantikküste runter nach Bordeaux und zurück. Gerade auf der Autobahn ist die Fahrstabilität und das stressfreie Dahingleiten eindrücklich, das Sicherheitsgefühl und die Bequemlichkeit gross.

Für die städtische Nutzung – schnell rüber zum Fussballplatz, Stopp beim Kiosk, reinflitzen ins enge, in den 80er-Jahren gebaute Parkhaus – ist mir der Zoé ans Herz gewachsen, bei einem kurzen City-Trip werde ich den grossen Q4 nicht vermissen. Beim nächsten Überlandtrip, sorry Zoé, werden meine Gedanken aber abschweifen und sich in diesem sphärischen Q4-Fahrgefühl wiederfinden.