Future
«Ohne Beschneiung hätten viele Täler keine Zukunft»
Dominik BuholzerMartin Hofer, beschleicht Sie als angesichts des Klimawandels und der drohenden Energiemangellage kein schlechtes Gewissen, Wintersportgebieten Schneekanonen zu verkaufen?
Nein, weder wir noch die Wintersportgebiete beziehungsweise Bergbahnen haben ein Interesse, möglichst viel Energie zu verbrauchen. Bei den momentan herrschenden Strompreisen schon gar nicht. Wir sehen es mit als unsere Aufgabe, unseren Kunden zu einem noch schonenderen Umgang zu verhelfen.
Inwiefern?
Wir investieren relativ viel in die Datenanalyse. Zusammen mit unterschiedlichen Universitäten und Softwarepartnern suchen wir nach Lösungen, um noch exaktere Wetterprognosen für unsere Kunden und ihre Gebiete zu erstellen. Wenn eine Bahn weiss, dass in zwei Tagen eine Kaltfront kommt, wartet sie mit dem Beschneien zu. Je kälter es ist, desto effizienter ist die Beschneiung. Ausserdem stellen wir anhand von Daten sicher, dass nur so viel Schnee erzeugt wird, wie auch benötigt wird.
«Nachhaltigkeit wird viel zu sehr auf Umweltschutz reduziert.»
Nachhaltiger wäre es aber, wir würden ganz darauf verzichten.
Das bezweifle ich. Nachhaltigkeit wird viel zu sehr auf Umweltschutz reduziert. Der Umweltschutz ist uns sehr wichtig, aber bei der Nachhaltigkeit spielen Sozial- und Wirtschaftlichkeitskomponenten ebenfalls eine zentrale Rolle. Diese drei Faktoren müssen im Gleichgewicht sein. Ohne Beschneiung hätten viele Täler keine Zukunft, weil dann kein Wintersport mehr möglich wäre. Die Gäste verlangen Schneesicherheit. Sie wollen von Dezember bis April perfekte Pisten, unabhängig davon, ob es schneit oder nicht. Ohne Wintersport nehmen wir ganzen Regionen in der Schweiz ihre Existenzgrundlage weg. Wollen wir das?
Wie viel steht denn auf dem Spiel?
Allein im Kanton Graubünden hängen über 26'000 Arbeitsplätze am Tourismus. Dieser steuert 30 Prozent der Bruttowertschöpfung bei. Im Unterengadin werden knapp 60 Prozent der Wertschöpfung über den Tourismus erwirtschaftet, im Oberengadin sind es über 68 Prozent. Ein Grossteil des Geschäfts findet im Winter statt.
Eine Schneekanone verbraucht zwischen 17 und 25 Kilowatt Strom. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, gilt es mehr zu machen als heute. Müssen wir da nicht auch beim Wintersport umdenken?
Man verteufelt uns gerne - zu Unrecht. Lediglich 1,5 Prozent der Fläche des Alpenraumes sind Skigebiete. Die Schweizer Bergbahnen, sind für 0,3 Prozent des gesamten nationalen Stromverbrauches verantwortlich (Bergbahnbetrieb, Beschneiung inkl. Sommerbetrieb). Und weshalb das? Weil wir in der Branche schon sehr früh umgestellt und die Effizienz der Beschneiungsanlagen und Maschinen optimiert haben.
Haben Sie konkrete Beispiele dafür?
In Davos wird der Überlauf der bergbahneigenen Speicherseen genutzt, um Energie zu produzieren. Damit sind wir in der Lage, 63 Prozent unseres Strombedarfs der Beschneiung abzudecken. Zudem können Speicherseen generell der örtlichen Feuerwehr für den Brandschutz und der Bevölkerung der Region als Energielieferant dienen. Ein grosser Teil der Energie, die wir durch die Turbinen gewinnen, wird ins örtliche Stromnetz eingespeist.
«Unsere Schneeerzeuger sind heute wesentlich effizienter als noch vor 15 Jahren.»
Wieso gibt es nicht mehr solcher Anlagen?
Zum einen steckt dahinter eine langjährige Entwicklungsarbeit. Zum anderen sind solche Anlagen heute noch kostspielig. Mit staatlichen Förderbeiträgen sähe dies ganz anders aus.
Wie hat es TechnoAlpin selber mit der Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist für uns zentral. Ein paar Beispiele: Seit den 90er-Jahren stehen bei uns nur noch Kompressoren im Einsatz, die kein Öl benötigen. Die sind zwar teurer in der Anschaffung, aber nachhaltiger im Betrieb. Unsere Schneeerzeuger sind heute wesentlich effizienter als noch vor 15 Jahren. In unserer Lagerhalle verwenden wir schon länger nur noch LED-Scheinwerfer. Unser Fahrzeugpark besteht inzwischen zu 15 Prozent aus Elektrofahrzeugen.
Wir unterstützen unsere Mitarbeiter in der Kleinkinderbetreuung und legen grosses Augenmerk auf Frauen in Führungspositionen. Zudem ist uns die Kreislaufwirtschaft sehr wichtig. Wir reparieren Maschinen, solange es sinnvoll ist. Auf Abschnitten, wo nicht so viel Schnee benötigt wird, ist ein älteres Modell oft völlig ausreichend. Wo viel Schnee benötigt wird, sind neue Modelle effizienter. Bei uns hat eine Maschine eine Lebensdauer von gut 30 Jahren.