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Bei der Swiss sollen alle Mitarbeiter einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Bild: Swiss

So will die Swiss grüner werden

Patrick Huber

Mit einem ganzen Bündel an Massnahmen will die Swiss zum Klimaschutz beitragen. Der Bericht aus einem Swiss-Nachhaltigkeitsseminar.

Bis 2050 rechnet der Airline Branchenverband IATA mit zehn Milliarden Passagieren, 2019 waren es 4,5 Milliarden. Stand heute verursacht der Luftverkehr drei Prozent des CO₂-Ausstosses (der Strassenverkehr 18 Prozent). 2019 waren es 914 Millionen Tonnen, war beim Swiss-Experten-Talk zum Thema Nachhaltigkeit am vergangenen Donnerstag am Swiss-Hauptsitz in Kloten zu erfahren. Mit der acht Milliarden Franken verschlingenden Modernisierung der Flotte konnte die Swiss den CO₂-Ausstoss in den vergangenen Jahren um 20 Prozent verringern.

Bis 2050 hat sich die Swiss zum Ziel gesetzt, für einen CO₂-neutralen Flugbetrieb zu sorgen, sagt Melanie Heiniger, die Umweltverantwortliche bei der Swiss. Bei der Bodenmobilität (Verkehr mit Autos, Betankungsfahrzeugen etc.) soll dies schon 2030 der Fall sein. Ehrgeizige Ziele, wie auch Peter Koch, A330-Captain und bei Swiss für den Bereich Flugoperationen verantwortlich, zu verstehen gibt. Dies soll zu einem grossen Teil mit Sustainable Aviation Fuel (SAF) erreicht werden. Die Umwelt wird durch den Bio-Treibstoff um 80 Prozent weniger mit CO₂-Ausstoss belastet als mit fossilen Treibstoffen. Der Nachteil: SAF ist auch vier- bis sechsmal teurer. Dass dies nicht unbedeutend ist, verdeutlicht die Tatsache, dass bei Swiss 30 Prozent aller anfallenden Kosten Treibstoffkosten sind.

Quelle: Swiss Experten-Talk Nachhaltigkeit

«SAF ist aber unabdingbar für das Erreichen der Klimaziele», sagt Melanie Heiniger. Leider sei derzeit nur gerade ein Prozent des verfügbaren Kerosins SAF. In den nächsten Jahren soll der Wert auf drei Prozent steigen. In der Schweiz bietet keine Mineralölgesellschaft SAF an. Die Swiss musste ihn von Frankfurt mit der Eisenbahn importieren, um einen Testlauf starten zu können. Auch fehlen Anreize, SAF einzusetzen. In den USA und in den Niederlanden gibt es SAF-Programme, die es den Airlines ermöglichen, billiger SAF zu beziehen.

Die Swiss-Kundschaft scheint an den Bemühungen der Fluggesellschaft, sich für das Erreichen der Klimaschutzziele einzusetzen, Gefallen gefunden zu haben. Der Anteil der Passagiere, die höhere Ticketpreise entrichten, indem sie einen Kompensationszuschlag zahlen, ist innerhalb eines Jahres von einem auf zehn Prozent gestiegen.

Triebwerk erst später einschalten

Bei der Swiss sind alle angewiesen, einen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele zu leisten. Piloten beispielsweise schalten bei zweimotorigen Maschinen das zweite Triebwerk beim Rausrollen vom Standplatz erst später, kurz vor dem Start ein. Bei viermotorigen Jets wird versucht, erst kurz vor dem Abheben das vierte Triebwerk dazuzuschalten. Bei den Landungen wird die Landeklappe so eingestellt, dass sie weniger Luftwiderstand erzeugt, was nicht nur weniger Lärm bewirkt, sondern auch den CO₂-Ausstoss reduziert. All dies benötigt aber die Zustimmung der Luftverkehrskontrolle.

Quelle: Swiss Experten-Talk Nachhaltigkeit

Zudem ist die Swiss die erste Fluggesellschaft weltweit, die die Aeroshark-Technologie einsetzt. Eine der Boeing B777-300-Langstreckenmaschinen ist mit einer Aussenhaut überzogen, die der Haut von Haifischen nachempfunden ist, was eine bessere Aerodynamik erzeugt*. Auf diese Weise können jährlich 4800 Tonnen Kerosin eingespart werden, der CO₂-Ausstoss reduziert sich um 15'200 Tonnen, was 87 Langstreckenflügen von Zürich nach Bombay entspricht.

Doch auch die Wartung leistet ihren Beitrag. Aus den Triebwerken werden kleinste Russpartikel herausgefiltert, was der frühere C-Series-Projektleiter Peter Koch als «heikel» bezeichnet, weil latent die Gefahr eines Triebwerkausfalls besteht. Wer schon einmal den Motor seines Autos abgedampft hat, weiss welche Wirkung dies haben kann.

Nationale Interessen überwinden 

Dominique Heilmann leitet bei der Swiss die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Nachhaltigkeit erfordere eine Betriebsoptimierung. Eine enge Zusammenarbeit mit der deutschen, französischen und italienischen Flugsicherung sorgt für effizientere Abläufe. Etwa dann, wenn jeder einzelne Pilot vor der Landung eine Zielzeit zugewiesen erhält und dann weiss, wann er mit dem Ladevorgang beginnen kann.

Früher galt das Motto «First come, first land», was Warteschleifen und umfangreiches Staffeln nötig machte. Heute kann in Absprache mit Skyguide eine optimierte Reihenfolge erzielt und der Sinkflug so durchgeführt werden, dass der Treibstoffverbrauch reduziert werden kann.  Dies dürfte auch aus ökonomischer Sicht im Interesse der Fluggesellschaften sein, bewegen sich doch die Treibstoffkosten auf Rekordniveau.

Obwohl der Single European Sky nach wie vor eine Wunschvorstellung ist, glaubt Dominique Heilmann an das Potenzial. Dafür müssten aber nationale Widerstände überwunden werden. In Europa gibt es 37 Behörden, mit 37 Dienstleistern und 62 Kontrollzentren. In den USA zum Vergleich ist es eine Behörde mit einem Dienstleister und 20 Kontrollzentren, welche den Flugverkehr abwickeln. Das Potenzial für eine Optimierung des europäischen Flugraums ist weiterhin gross.

Quelle: Swiss Experten-Talk Nachhaltigkeit

* In einer ersten Version des Artikels schrieben wir, alle zwölf Triple-7 seien mit der Aeroshark-Technologie versehen. Es handelt sich nur um eine Maschine.