Future
Kommentar Keine harte Landung befürchtet
Gregor WaserDie Planung des kommenden Jahres ist mit Fragezeichen behaftet, die Erstellung eines realistischen Budgets ist in der Reisewelt schwierig. Corona-Comeback, Kriegswirren, Energiekrise, Inflation, Fachkräftemangel, Klimawandel – wie sollen all diese Brocken bloss korrekt eingeschätzt werden? «Vorsichtig optimistisch» heisst es dann im Marketingjargon, wenn man bei Veranstaltern oder Airlines nach den Aussichten anklopft; was aber alles heissen mag.
2022 begann das Jahr schleppend – Omikron dämpfte frühe Buchungseingänge –, bis Mitte Jahr haben sich die Reiseströme bekanntlich dann aber mehr als verdichtet, mit teilweisen Warteschlangen rund ums Flughafen-Gebäude herum. Bloss wieder mal an den Strand und in eine fremde Stadt, nach zweieinhalb Jahren Corona war die Reiselust in diesem Jahr gross.
Auch wenn der Virus da und dort wieder auftaucht, von flächendeckenden Schliessungen oder anhaltenden Reisehürden ist nicht mehr auszugehen. So schlimm Putins Angriff ist und die Ukraine nun im Winter noch grösseres Leid erfährt, die aufkommenden Atombombenängsten, die noch im Oktober nicht gerade für das Verlassen des eigenen Gärtchens sprachen, haben sich zum Glück wieder verflüchtigt. Die Energiepreise und die Inflation scheinen sich Stand heute – zumindest in der Schweiz - nicht ins Unermessliche zu entwickeln. Der Fachkräftemangel ist nach wie vor da, aber viele Reiseunternehmen haben nun mit einigen Monaten Verzögerungen die ärgsten Vakanzen wieder füllen können.
Und im Kundengespräch dreht sich nicht mehr nur alles um Umbuchungen und Rückerstattungen, sondern um die Planung eines nächsten Ferienaufenthalts – und auch um Nachhaltigkeit. Ressourcenschonende Reise- und Aufenthaltsarten sind zunehmend verfügbar und sollten entsprechend offeriert werden. Die Bemühungen der Reiseverbände, die vollumfänglichen Emissionen transparent auszuweisen, sind hierzu hilfreich und wichtig.
Die neue Normalität scheint stabil
Wenn heute um 11.55 Uhr Cathay Pacific erstmals nach drei Jahren wieder von Zürich nach Hongkong abhebt – übrigens mit einem Airbus A 350-900, der 25 Prozent weniger Kerosin benötigt –, schliesst sich eine letzte Lücke. Der Asien-Reiseverkehr lag wegen den lange anhaltenden Reisehürden, die erst kürzlich gefallen sind, weit zurück. Doch der Nachholeffekt ist riesig. Cathay wollte eigentlich nur einmal pro Woche die Strecke bedienen, hat nun aber kurzfristig einen zweiten wöchentlichen Flug aufgelegt. Gerade auch seitens kleinerer und mittlerer Unternehmen, die drei Jahre lang Asien kaum mehr besuchen konnten, sei die Nachfrage überaus gross, ist von Airline-Seite zu erfahren.
Auch das Ferienland Schweiz wird sich über die wieder aufkommenden Gäste aus Asien freuen. Die wurden jüngst schmerzlich vermisst. Der Nachholeffekt, den die Schweiz und Europa in diesem Jahr bei der Reisenachfrage erlebt haben, dürfte sich in Asien sogar noch deutlicher abzeichnen.
Wie ist das mit diesem Nachholeffekt? Haben Schweizer Reisende in diesem Jahr ihr Ferienverlangen wieder für längere Zeit gestillt nach dem erstmaligen Besuch am Strand? Und ist der Effekt nun verpufft? Der Balearensand zwischen den Zehen in diesem Sommer hat sich nach dreijähriger Strandabstinenz sehr gut angefühlt – so mein Empfinden. Die Lust, der Schweiz ab und zu den Rücken zu kehren, ist damit nur noch grösser geworden.
Die neue Normalität scheint stabil. Die November-Zahlen des Flughafens Zürich zeigen dies. Gegenüber dem Rekordjahr 2019 liegt das Verkehrsaufkommen nur noch um 14 Prozent zurück, was dem Niveau von 2016 entspricht. Für die Budgeplanung 2023 die Jahre 2016 oder 2017 nochmals anzuschauen, könnte da hilfreich sein. 2023 kann kommen.