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Wohin wollen die Leute dereinst fliegen? Ans Meer, wo die Strände ertrinken? Bild: Adobe Stock

Einwurf Die Klimakonferenz absitzen, reicht nicht!

Jon Andrea Florin

Jon Andrea Florin, der Geschäftsleiter von fairunterwegs, ist erzürnt über den mauen Ausgang der Klimakonferenz COP 27. Er fordert, den Fliegenden die Klimakosten in Rechnung zu stellen.

Auch wenn in Sharm al-Sheikh an der UN-Klimakonferenz COP 27 das Thema unter dem Radar durchgeflogen ist, wir müssen darüber reden. Ja, über die Sache mit dem Fliegen, der Klimaerhitzung und dem Tourismus. Sorry, ich weiss, ich nerve. Aber weiter wie bisher gehts nicht. Und die Idee mit dem künstlichen Kerosin, falls sie denn funktioniert wie gedacht, die kommt zu spät. Denn wenn man das 1,5-Grad-Ziel erreichen will, sollten die Treibhausgasemissionen 2025 ihren Höhepunkt erreichen, hat der Weltklimarat errechnet. Gerade wir in der Schweiz müssen ein unschweizerisches Tempo hinlegen. Bei uns ist der Flugverkehr für 27 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, schreibt der Bundesrat. Zum Vergleich: Industrie und Gebäude stossen je 18 Prozent klimaschädliche Stoffe aus (1).

Ich würde noch so gerne an die verantwortungsvollen Individuen glauben. Aber das funktioniert beim Rauchen selten, bei den Masken nicht und beim Weniger-Fliegen auch nicht. Die Zahlen nähern sich wieder den 2019-er Werten: Der Flughafen Zürich zum Beispiel zählte im Oktober 2,41 Millionen Passagiere, 2019 waren es 2,86 Millionen. Obwohl 2020 57% der Schweizerinnen und Schweizer dem Link Marktforschungsinstitut angaben, sie wollten in Zukunft aus Rücksicht aufs Klima weniger oder gar nicht mehr fliegen (2).

Kurz: Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es braucht staatliche Lösungen.

Die naheliegendste Massnahme ist, dass die Luftfahrtindustrie keine Steuervergünstigungen mehr erhält. Folglich würde Flugticket eine Mehrwertsteuer und auf das Kerosin die Mineralölsteuer erhoben. Heute entgehen der Eidgenossenschaft rund 500 Millionen an Mehrwertsteuererträgen und rund 1,5 Milliarden an Mineralsteuereinnahmen, die in den Klimaschutz investiert werden könnten. Würde die Mineralölsteuer verrechnet, käme ein Ticket nach New York 340 Franken teurer. Dieses Steuergeschenk-Foul gegenüber den anderen Verkehrsträgern hat der VCS schon 2016 vorgerechnet (3). Geschehen ist – nichts.

«Je mehr und je weiter jemand fliegt, desto mehr Steuern bezahlt er oder sie.»

Zudem gilt es den Fliegenden die Umweltkosten in Rechnung zu stellen. Nun hat bekanntlich das Volk die Flugticketabgabe abgelehnt. Dafür empfehlen wir eine Vielfliegersteuer. Je mehr und je weiter jemand fliegt, desto mehr Steuern bezahlt er oder sie. Schliesslich wird in Haushalten mit einem Einkommen von über 12'000 Franken pro Monat fünfmal mehr geflogen als in jenen mit einem Einkommen von unter 4'000 Franken (4).

Klar, wir können die Chose auch aus Angst vor dem Volk nicht angehen. Nur ist mir nicht klar, wohin die Leute dereinst fliegen wollen. Ans Meer? Dabei ertrinken die Strände (5). Zum Skifahren? Mit immer weniger Naturschnee (6). Zum Tauchen in abgestorbene Korallenriffe (7)? In die immer heisseren Städte (8)?

Kurz: Wer den Tourismus retten will, muss das Klima schützen. Bei dieser Gelegenheit erschaffen wir einen neuen Tourismus: Einer, bei dem wir uns auf der Reise Zeit lassen und darum das Gastland intensiver erleben. Und einer, bei dem wir uns besser erholen, weil wir uns die stressige Fliegerei ersparen. Das sind doch gute Aussichten.


(1) Wie schädlich sind die Flugemissionen wirklich? Berücksichtigung der Nicht-CO2-Emissionen mit einem Emissionsgewichtungsfaktor (Das Schweizer Parlament)

(2) https://www.wwf.ch/de/stories/grosse-reisen-kleiner-footprint

(3) Das PDF Indirekte_Flugverkehrssubventionen zu finden bei verkehrsclub.ch

(4) flugfacts.ch

(5) Zum Anstieg des Meeresspiegels: Wo die Klimakrise den Meeresspiegel nach oben treibt (derStandard.de)

(6) Schneedecke Schneefallgrenze selbstgemacht (Pro Natura)

(7) Klimawandel ist grösste Bedrohung für Korallenriffe (GEO)

(8) Klimaerhitzung in den Städten in der Schweiz: Hitze - MeteoSchweiz (admin.ch) und allgemein: klimawandelundstaedte.pdf (klimafakten.de)