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Moderator Stefan Büsser befragt beim Sphair Special Event die Militärpiloten Gero und Susanne über die Eigenheiten des Jobs im Cockpit. Auch die beiden Helvetic-Piloten Matthias Kohler und Florian Häfliger geben ausführlich Auskunft. Bild: 2L

Keine Top Gun Piloten im Cockpit

Patrick Huber

Soll man heute noch Pilotin oder Pilot werden? Und wenn ja: Militär- oder Linienpilot? Junge Aviatiktalente und Sphair-Interessenten erhielten am Flughafen Zürich von Piloten der Luftwaffe und Helvetic Airways Einblicke aus erster Hand.

Was geht in einem Cockpit ab? Interessenten erfuhren gestern bei Sphair, der Horizon Swiss Flight Academy und Helvetic Airways, weshalb es sich lohnt, hart für seine Ziele zu kämpfen und warum Top Gun-Mavericks im Cockpit eines Jets der Luftwaffe nie eine Chance haben.

«Angefressen» sind sie alle, die in ein Cockpit eines F/A-18, Superpumas oder einer Embraer-Maschine einsteigen. Infiziert vom Fliegerbazillus. «Mein Vater war Aviatikfan, schleppte mich immer mit», begründet Susanne (Nachnamen werden in der Luftwaffe nicht mehr bekanntgegeben, da verschiedene Pilotinnen und Piloten in letzter Zeit in den sozialen Medien angefeindet wurden, die Red.), warum sie sich nach einem Betriebsökonomen-Studium für die Laufbahn als Helikopter-Pilotin entschieden hat. Sie arbeitet heute in einem 40-Prozent-Pensum und ist eine von nur sieben Frauen von rund 400 Piloten der Schweizer Luftwaffe (200 sind Berufs-, die anderen 200 Milizpiloten). «Für mich war es ein Bubentraum. Ich wollte einfach eine FA-18-Maschine fliegen», erläutert Gero seine Motivation, sich für eine Zukunft bei der Luftwaffe zu entscheiden.

Insgeheim träumen viele, als Maverick (Top-Gun-Figur) durch die Lüfte zu donnern. Gero zerstörte solche Träume im Nu. Einzelkämpfer hätten in Cockpits der Luftwaffe keine Chance. Wer nicht im Team arbeiten könne, sei bei der Luftwaffe fehl am Platz.

Auch Embraer-Co-Pilot Florian Häfliger hegte den Wunsch, Militärpilot zu werden. Wie viele andere auch, scheiterte er in der Selektion, wurde dafür Linienpilot bei der Helvetic Airways, nachdem er ein Informatikstudium abgeschlossen hatte. Wichtigste Voraussetzung, um eine Karriere als Linienpilot anzustreben ist aber die Passion für die Aviatik und viel Durchhaltewille. «Man muss schon etwas angefressen sein», gab Matthias Kohler unumwunden zu. Er ist seit 16 Jahren bei der Helvetic Airways als Captain und nebenbei als Chef Flugoperationen tätig. Um Pilot zu werden müsse ein Anwärter über viel Durchhaltevermögen verfügen. Dafür sei der Job jeden Tag faszinierend. «Wir haben keinen nine to five-Job,» ergänzte Kollege Häfliger. Die angeflogenen Destinationen wechseln, die Leute, mit denen er zusammenarbeite, auch. Kein Tag sei wie der andere.

Frauen getrauen sich nicht

Noch ist der Anteil Pilotinnen auch im zivilen Bereich klein. Matthias Kohler würde sich freuen, wenn vermehrt Frauen diese Chance packen würden. Beim «Familienunternehmen» Helvetic Airways sei Teilzeitarbeit auch im Cockpit möglich, so dass sich Beruf und Familie nicht ausschliessen müssen.

Zudem können Co-Piloten und Co-Pilotinnen bei der Helvetic schneller vom rechten auf den linken Sitz wechseln, wie Florian Häfliger erwähnte. Bei der Lufthansa etwa dauere es im Schnitt 15 Jahre, bis der Co-Pilot zum Captain befördert werde.

Auch Susanne, die 23 Jahre Flugerfahrung hat, kann sich nicht erklären, wieso so wenig Frauen, sich für einen Job bei der Luftwaffe interessieren. Die Vereinbarkeit mit der Familie sei absolut gegeben. Sie wisse schon Anfang Jahr, wann sie ihre Flugeinsätze habe, so dass sie frühzeitig planen könne. Einen Frauenbonus gebe es nicht, zählen würde nur die Leistung. Der Job sei dafür sehr abwechslungsreich. Sie zählte VIP-Flüge beim WEF in Davos, Polizeiunterstützungsflüge, aber auch Lastenflüge zu ihrem Einsatzrepertoire. Gerade bei Lastenflüge mit dem Superpuma sei viel Fingerspitzengefühl erforderlich. «Das ist Millimeterarbeit.»

Gero, der während 20 Prozent seiner Arbeitszeit Luftpolizeieinsätze fliegt, forderte die Sphair-Absolventen eindringend auf, sich diese Chance nicht entgehen zu lassen. Selbst wenn man scheitere, gewinne man viel an Erfahrung hinzu. «Viel besser, als sich mit 40 Jahren zu fragen, wieso habe ich es nicht versucht.» Gero prophezeit der Schweizer Luftwaffe «eine grossartige Zukunft», nachdem der Bundesrat 36 Maschinen des Typs F-35A geordert hat. Für viele junge Piloten eröffneten sich so ganz neue Perspektiven.

Der Sphair Special Event hatte mit einer Abfangübung begonnen, nachdem eine Embraer-195-E2-Maschine in den militärischen Luftraum eingedrungen war. So erhielten die junge Leute realitätsgetreu einen Eindruck, was in der Luft abläuft. Sphair hat den Auftrag, junge Aviatiktalente zu finden, sie für den Beruf als Linien- und Militärpiloten zu begeistern und deren Fähigkeiten für eine solche Laufbahn abzuklären.