Future

Reisen ohne Smartphone? Unvorstellbar. Technologie durchdringt das moderne Reiseerlebnis von A-Z. Bild: AdobeStock

Massive Investitionen für ein sicheres Reisen

Die Pandemie hat den technologischen Wandel beflügelt. Gerade beim Reisen wird zunehmend auf moderne Technologien gesetzt, mit welchen sich direkte körperliche Interaktion vermeiden lässt. Travelnews hat sich ein paar Beispiele angeschaut.

Die Covid-Pandemie hat die Reisewelt während fast zwei Jahren weitgehend lahmgelegt. Einer der wenigen positiven Aspekte dabei war, dass Unternehmen damit Zeit erhielten, sich ein Bild davon zu machen, wie sie digital aufgestellt sind, und allenfalls ihre Technologie auf Vordermann zu bringen. Denn der technologische Wandel machte infolge der Pandemie nicht Halt. Im Gegenteil: Gerade weil die Pandemie auch neue Bedürfnisse schaffte, primär im Zusammenhang mit dem Erhalt der Gesundheit von Reisenden, wurden auch neue Trends in der Reise-Technologie gesetzt.

An vorderster Front: Die Flughäfen. Diese mussten während der Pandemie lernen, wie man grössere Menschenmassen verhindert bzw. möglichst etwas Abstand eingehalten wird. Auch wenn die Praxis dies seit dem gefühlten Ende der Pandemie in diesem Sommer nicht mehr erfordert, so sind die Technologien vorhanden. Es geht um die Fähigkeit von Flughäfen, Passagierbewegungen und -dichten vorherzusagen und zu messen - wann die Passagiere ankommen, wo sie sich aufhalten und wie sie sich versammeln - und dieses Wissen zu nutzen, um den Personenfluss und die Verteilung zu steuern. Laut der «International Airport Review» wurden an Flughäfen weltweit umgerechnet über 1,5 Milliarden Franken in Sensortechnologien, Kameras und Personenzähler investiert. So liessen sich bei Überschreitung gewisser Schwellenwerte für die Personendichte Warnungen und automatische Massnahmen auslösen.

Dann gab es noch den Punkt mit der Temperaturmessung von Reisenden - mit dem Ziel, allfällige kränkelnde und somit ansteckende Personen gleich aus dem Verkehr zu ziehen. Während an einigen Flughäfen Personal mit Thermometern wartete, setzten andere früh auf berührungslose Technologien. In Doha oder Istanbul etwa wurden intelligente Durchleuchtungshelme eingesetzt, welche mit Infrarot-Wärmebildern und künstlicher Intelligenz arbeiteten. Ein Unternehmen, welches damit sehr erfolgreich war, ist KC Wearable.

Ein weiteres Problem sind die Warteschlangen. Die Verknüpfung von Belegungsmessungen mit Flughafenbildschirmen ermöglicht zu sagen, wie lange die Schlangen und somit die Wartezeit ist. Das ist nicht nur für Passagiere hilfreich, sondern auch für die Airports, welche die Warteschlangen «managen» können, indem Passagiere aktiv und in Echtzeit umgeleitet werden. Doch das gab es natürlich auch schon vor der Pandemie. Da es teils trotzdem zu langen Wartezeiten kam, folgte die Idee, dass man sich für gewisse Prozesse - wie eben Check-in oder auch Security - im Vorfeld anmeldet (das ist zum Beispiel in Berlin möglich). Nun ist man gar noch einen Schritt weiter: Inzwischen gibt es auch «virtuelle Warteschlangen». Diese ermöglichen es Reisenden, sich in eine Warteschlange einzureihen, ohne lang warten zu müssen. «Harry Potter New York» ist ein solches Geschäft, das diese Art von Warteschlange bereits anbietet. Um sich in die Warteschlange einzureihen, scannen die Besucher mit ihrem Smartphone einen QR-Code vor dem Geschäft und geben wenige einfache Daten ein. Sie erhalten dann eine SMS, wenn sie an der Reihe sind, den Laden zu betreten.

Folgende weitere Trends haben wir identifiziert:

Kontaktloses Bezahlen

Kontaktlose Zahlungsmittel werden natürlich auch in der Tourismusbranche immer beliebter. Die Pandemie machte sie fast zu einer Notwendigkeit, da die Menschen den physischen Austausch von Karten und Bargeld scheuten. Kontaktlose Zahlungen funktionieren, indem man eine Kreditkarte - oder ein anderes Gerät wie ein Smartphone, eine Uhr oder einen Schlüsselanhänger - in die Nähe eines Kartenlesegeräts hält. Das Gerät des Benutzers kommuniziert mit dem Lesegerät über RFID-Technologie, anstatt einen Magnetstreifen durchzuziehen oder eine Kreditkarte in einen Automaten zu stecken.

In der Walt Disney World werden beispielsweise bereits weitgehend kontaktlose Zahlungsmethoden verwendet. Während kontaktlose Kreditkarten, Apple Pay und Google Pay akzeptiert werden, verwendet Disney auch Armbänder, die so genannten «MagicBands». Die Gäste können ihre Kreditkarte mit ihrem MagicBand verknüpfen und dann mit einem Wisch des Handgelenkst einkaufen. Schon vor der Pandemie hatte es Disney auch ermöglicht, das eigene Hotelzimmer mit dem Smartphone zu öffnen (Travelnews berichtete) - wodurch bakterienreiche Zimmerschlüssel oder Wegwerf-Zimmerkarten obsolet wurden.

Internet of Things

Wo wir schon bei Hotelzimmern sind: Auch die Hotelbranche setzt vermehrt auf kontaktlose Technologien. Hier kommt das «Internet of Things» (IoT) ins Spiel. Damit ist ein System miteinander verbundener Geräte gemeint, welche anhand eindeutiger Kennungen Daten über ein Netzwerk ohne menschliche Interaktion übertragen können. So lassen sich gerade in einem Hotelzimmer häufige Berührungspunkte eliminieren. Beispiel: Das Aria Resort in Las Vegas hat IoT-Technologie in seinen Hotelzimmern implementiert. Über ein Tablet im Zimmer können die Gäste die Vorhänge, die Temperatur und die Beleuchtung steuern, oder auch ihren Weckruf so koordinieren, dass dieser einen Alarm, das Öffnen der Vorhänge und das Einschalten des Lichts zur gleichen Zeit umfasst. Guten Morgen!

Hilfreich sind solche Technologien auch beim Tracking von Gepäck. Nach dem Gepäckchaos-Sommer 2022 vertrauen immer mehr Reisende auf Technologie, um ihr Gepäck selber tracken zu können (Travelnews berichtete).

Virtuell ist gewissermassen sicher

Wer überhaupt Angst hat, unter die Leute zu gehen oder fremde Ziele zu bereisen, kann ja auch auf virtuellen Tourismus setzen. Welcher sich natürlich nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung und Erweiterung von herkömmlichem Tourismus versteht (Travelnews berichtete). Ist das der Tourismus, den wir wollen? Man sollte nie von sich auf die Welt schliessen – der Bedarf für solche Technologien ist da und auch in diesem Segment wird viel investiert.

Noch eher unbeliebt: Chatbots

Der Einsatz von Chatbots hat zugegebenermassen weniger mit Sicherheit zu tun. Aber er garantiert, dass immer «jemand» ansprechbar ist. Chatbots simulieren menschliche Gespräche über Telefon- und Textinteraktionen. Sie können die Überlastung von Kontaktzentren verringern und den Kunden rund um die Uhr Antworten in Echtzeit geben. Am häufigsten beantworten Chatbots häufig gestellte Fragen, z.B. nach den Öffnungszeiten, wie man eine Rechnung bezahlt, oder - im Airline-Business - wie man Sitzplätze auswählen kann oder welche Covid-19-Einschränkungen allenfalls noch vorliegen. Sie sind überall auf Unternehmenswebsites und in sozialen Medien zu finden.

Das Problem hier ist aber, dass man eigentlich mit Standardantworten abgespeist wird. Wer ein spezifisches Problem hat, welches sich nicht anhand einer «Frequently Asked Questions»-Checklist beantworten lässt, bleibt frustriert zurück. In diesem Fall muss zwingend ein Kontakt zu einem Live-Agenten hergestellt werden. Aber das ist 24/7 schwierig zu gewährleisten.

Und da sind wir beim Kern angekommen: Die Technologie wird das Reiseerlebnis weiter umkrempeln und in vielerlei Hinsicht vereinfachen und verbessern, und auch für ein erhöhtes Mass an Sicherheit sorgen. Aber ganz wird man niemals auf die humane Interaktion verzichten können. Dafür ist die Reisewelt erstens zu komplex und zweitens ist das Vertrauen in Maschinen einfach noch zu wenig ausgeprägt. Dazu wird man immer transparenter, denn für die Nutzung von Technologie ist zwingend die Preisgabe von persönlichen Daten - welcher Art auch immer - nötig.

Bis wir vom neusten Roboter, den Elon Musk jüngst präsentierte, beim Check-in abgefertig werden, vergehen wohl noch 1-2 Generationen.

(JCR)