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Airlines sollen ihre Preisgestaltung transparenter darstellen - das dürfte einige technologische Änderungen benötigen. Bild: AdobeStock

Die Airline-Tarife sollen deutlich transparenter werden

Jean-Claude Raemy

Das amerikanische Transportministerium will ein neues Gesetz hinsichtlich der Darstellung von Flugtarifen durchboxen, welches sämtliche Airlines beträfe, welche von und nach den USA fliegen. Dieses Gesetz scheint auf den ersten Blick aber kaum umsetzbar zu sein. Das sind die Details.

Vor wenigen Tagen publizierte das amerikanische Transportministerium (Department of Transportation/DOT) eine so genannte «Notice of proposed rulemaking», also einen Gesetzesvorschlag. Dessen erklärtes Ziel ist es, die Transparenz bei den Gebühren für Zusatzleistungen von Fluggesellschaften zu verbessern.

In diesem Dokument (Original unter diesem Link) schlägt das DOT vor, Fluggesellschaften wie auch Ticketagenturen und Metasearch-Seiten zu verpflichten, verschiedene Zusatzgebühren als Antwort auf eine Konsumentenanfrage (ob per Telefon oder Internetsuche, ob über einen Desktop-Browser oder eine mobile Anwendung) offenzulegen. Öffentliche Stellungnahmen zum Vorschlag sind innerhalb von 60 Tagen nach der Veröffentlichung (die am 26. September erfolgte) einzureichen.

Worum geht es konkret? Es geht darum, den Schutz der Konsumenten zu verbessern, indem sichergestellt wird, dass alle Gebühren, die etwa für die Änderung oder Stornierung eines Fluges, für die Beförderung eines Kleinkindes mit einem begleitenden Erwachsenen oder für die Beförderung mit aufgegebenen Gepäckstücken (1 oder 2 oder zusätzliches Handgepäck) bei allen Tarif- und Flugplaninformationen für Flüge in die, innerhalb der und aus den USA offengelegt werden. Gerade der letzte Satzteil ist wesentlich: Betroffen von einer Regeländerung wären nicht nur US-Fluggesellschaften, sondern alle Fluggesellschaften, welche von und nach bzw. innerhalb der USA fliegen.

Nach Vorstellung des DOT müssten die Gebühren je nach Wahl des Konsumenten als passagier- oder streckenspezifisch ausgewiesen werden. Der Vorschlag sieht zudem vor, dass Fluggesellschaften und Ticketvermittler jenen Passagieren, die mit kleinen Kindern reisen, die Möglichkeit geben müssen, an allen Verkaufsstellen eine allfällige Gebühr für einen gesicherten Sitzplatz neben dem eigenen «transactable», also einfach und transparent verkäuflich zu machen. Fluggesellschaften, die keine Gebühren für Sitzplätze am Nebensitz für Reisende mit Kleinkindern erheben, wären nicht verpflichtet, die Gebühren für Sitzplätze am Nebensitz offenzulegen oder übertragbar zu machen. Das Ministerium schlägt ferner vor, dass die Fluggesellschaften den Ticketverkäufern, welche die Tarif- und Flugplaninformationen einer Fluggesellschaft verkaufen oder anzeigen, brauchbare, aktuelle und genaue Informationen über Gepäckgebühren, Änderungsgebühren, Stornierungsgebühren und Gebühren für nebeneinanderliegende Sitzplätze (für Familien, die mit Kleinkindern reisen) zur Verfügung stellen müssen, sofern solche Gebühren überhaupt anfallen.

Das Ministerium schreibt nicht vor, nach welcher Methode die Fluggesellschaften die Gebühreninformationen an die Flugscheinvermittler weitergeben sollen. Sicher ist aber, dass es hierfür relativ viel (teuren) technologischen Zusatzaufwand bräuchte, den Airlines aktuell wohl gar nicht gerne auf sich nehmen.

Die Vergleichbarkeit ist kompliziert

Alice Ferrari, CEO und Gründerin von Kyte, einer API für Fluggesellschaften zum Verkauf von NDC-Inhalten, erklärt die Problematik: «In den meisten Fällen sind die von diesem potenziellen neuen Gesetz geforderten Informationen bereits von den  Fluggesellschaften auf ihren Websiten verfügbar, aber vielleicht nicht, wenn ihre Inhalte über Vermittler - ob online oder offline - verkauft werden. Hier können bessere Technologien und Prozesse, welche die Fluggesellschaften mit den Zwischenhändlern verbinden, von Vorteil sein. Dies war zum Teil eine der Triebfedern von NDC in den letzten Jahren. Letzten Endes geht die grösste Triebkraft für Innovationen und Veränderungen in jeder Branche von den führenden Akteuren aus, welche durch die Aussicht auf Folgegeschäfte mit zufriedenen Kunden dazu motiviert werden. So gesehen halte ich diesen Versuch einer Regierung, in den Markt einzugreifen, für besorgniserregend. Es könnte durchaus der Beginn eines Trends zu weiteren Vorschriften sein, welche die Fluggesellschaften dazu zwingen, ihre Produkte wie in der Vergangenheit zu einem Einheitsstandard zu bündeln.»

Emilie Dumont, Geschäftsführerin von B2B-Reiseverkäufer Digitrips, ergänzt: «Die Frage der Preistransparenz bei der Buchung eines Flugtickets ist ein Thema, das verständlicherweise viele Reisende frustriert - und insbesondere bei Eltern, die mit kleinen Kindern reisen, einen wunden Punkt trifft. In dieser Hinsicht sollte alles, was getan werden kann, um klare Leitlinien und gleiche Bedingungen für die Anzeige von Daten zu schaffen, begrüsst werden, sei es in den USA, in Europa oder anderswo. Damit dies jedoch wirklich funktioniert, müssen nicht nur am Verkaufsort verfügbare Preisinformationen angezeigt werden, sondern auch vergleichbare Informationen - etwas, wonach der Konsument sowohl filtern als auch nach dem Preis bestellen kann. Ohne dies müssen die Verbraucher die Details mehrerer Flüge durchsuchen, die wahrscheinlich auf unterschiedliche Weise angezeigt und erklärt werden. Und filterbare Preisvergleiche sind der Punkt, an dem dieses Thema unglaublich kompliziert wird. Bei den Zusatzleistungen gibt es viele Variablen, und nicht alle werden von jeder Fluggesellschaft in einem vergleichbaren Format angeboten. So gibt es beispielsweise Optionen für 10, 15, 20 oder 23 Kilo Gepäck oder verschiedene Sitzplatzkategorien. Selbst diejenigen, die vergleichbar sein sollten, haben oft unterschiedliche Bezeichnungen. Kann man das alles wirklich so filtern und ordnen, dass es für den Konsumenten auf einen Blick verständlich ist? Wenn es möglich wäre, hätte das doch schon jemand gemacht.»

Zu dieser Komplikation kommen noch zusätzliche Aspekte wie Stornogebühren hinzu, die teils völlig unterschiedlich gehandhabt werden. Dasselbe gilt für spezielle Angebote für Kinder. Oder Änderungen des Reisedatums, Kreditkartenbearbeitungsgebühren, Treueprogramme, Upgrades - die Liste ist endlos.

Airlines haben es selber in der Hand

Hier zeigt sich das wahre Problem. Das «Unbundling» der Airlines hat diesen ermöglicht, massgeschneiderte Angebote für Konsumenten zu präsentieren. Doch weil jede Airline ihre komplett eigene Suppe kocht, sind die Angebote kaum noch wirklich vergleichbar. Das DOT versucht nun, hier im Interesse der Konsumenten wieder Ordnung zu schaffen. Man könnte auch sagen: Das Flugticket wieder zu einer relativ einfachen Ware zu machen, die weltweit standardisiert ist.

Doch mit dem Aufkommen der Billigfluggesellschaften stiegen die Variablen und die Luftfahrt hat sich seitdem grundlegend geändert. Das ist aber nicht nur dort so. Auch der Kauf eines Autos ist heutzutage mit x-möglichen Variablen verbunden, und die Vergleichbarkeit zu anderen Modellen ist auch nicht einfach so gegeben. Eine Technologie, welche die entflechtete Airline-Welt heute wieder in wenigen Mausklicks verfügbar macht, gibt es kaum. Zudem ist fraglich, wie hoch der Wille zur Investition ist, wenn man etwas tun muss, das (vorerst) lediglich für die USA zwingend ist. Vielleicht wird der Gesetzesvorschlag ja fallen gelassen. Es würde dann darauf hinauslaufen, dass Airlines von selber ihre Kunden und Branchenpartner soweit glücklich stimmen müssen, dass diese immer wieder dort buchen. Es würde ihnen aber auch weiterhin sehr viel Freiraum gewähren, den Konsumenten zuletzt nicht immer geschätzt haben: Laut dem DOT haben Konsumenten immer wieder auf ein «Marktversagen» bei der Preisgestaltung im Luftverkehr hingewiesen, da es schwierig ist, die tatsächlichen Kosten von Flugreisen zu ermitteln.

Dem DOT scheint die Machbarkeit dieses Gesetzesvorschlags trotzdem selber etwas zweifelhaft zu sein. Es stellt mit seinen Vorschlägen mehrere wichtige Fragen, unter anderem:

  • Sollte das Verkehrsministerium eine Opt-out-Option für die Anzeige von Zusatzgebühren zulassen?
  • Sollte der Vorschlag für mobile Anwendungen von Fluggesellschaften und Ticketagenten oder andere Kommunikationsmethoden wie Chatbots und WhatsApp gelten?
  • Sollte das US-Verkehrsministerium den Fluggesellschaften und Ticketvermittlern gestatten, die Konsumenten bei telefonischen oder persönlichen Anfragen mit alternativen Mitteln (z. B. durch Verweis auf eine Website) über Nebengebühren zu informieren?
  • Ist die sechsmonatige Umsetzungsfrist zu lang oder zu kurz?

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