Future
Skyguide schafft neue Meilensteine in der Schweizer Flugsicherung
Jean-Claude RaemySkyguide konnte am gestrigen 30. August 2022 «100 Jahre Flugsicherung in der Schweiz» zelebrieren und lud dafür zu einem Medienevent am Flughafen Zürich ein. Dort ging es um die Geschichte des Unternehmens, welches am 23. Februar 1922 als «Marconi Radio Station AG» in Bern gegründet wurde, aber vor allem auch um die Zukunft. Und diese hat es in sich.
Klaus Meier, seit acht Jahren Chief Technical Officer bei Skyguide, schilderte in einem interessanten Referat die Herausforderungen der Zukunft. Zum einen ging es da um die wachsende Anzahl Drohnen, die sich am Himmel bewegen.Das sogenannte U-Space-System hilft dabei, diese Drohnen zu erfassen und auf den Bildschirmen für die Flugverkehrsleitenden sichtbar zu machen. Die Drohnenpiloten selbst können via App (mobil und webbasiert) ihren Flug planen und durchführen und, falls nötig, auch direkt die erforderliche Genehmigung einholen. Skyguide selber setzt derweil auch Drohnen ein: Auf den Flughäfen Zürich und Genf wird seit einigen Jahren eine speziell ausgerüstete Drohne eingesetzt, welche die Kosten und die Umweltbelastung bei der Wartung von Instrumenten-Landesystemen deutlich reduziert.
Die wichtigste Neuerung ist allerdings das «Virtual Centre», welches bis 2028 in Betrieb genommen wird und welches laut Meier eine weltweite Pioniertat von Skyguide - in Kooperation mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) - darstellt. Worum geht es? Zum einen geht es darum, die heutigen zwei physischen Kontrollstandorte in Dübendorf (Schweiz Ost) und Genf (Schweiz West) in einem virtuellen Zentrum zusammenzuführen. Der Schweizer Luftraum sei zu klein für eine geteilte Luftkontrolle, dazu müsse man wegkommen von der ortsabhängigen Flugverkehrskontrolle mit limitierter Reichweite. Satelliten und GPS-Systeme ermöglichen neue Technologien, und im neuen Virtual Centre werden die operationellen Verfahren modernisiert und harmonisiert. Auch gesamteuropäisch - allein in Europa befinden sich 68 teils kleinräumige Air Traffic Control Centers (ATC) - erfolge nun ein Paradigmenwechsel. Das Virtual Centre sei abgestimmt auf das Ziel eines möglichst defragmentierten, digitalen Luftraums in Europa, natürlich mit dem Fernziel eines (von allen Airlines gewünschten) «European Single Sky».
Die beiden physischen Schweizer ontrollstellen werden aber weiterhin bestehen und arbeiten - dank harmonisierter Systeme und Verfahren als ein einziges, ortsunabhängiges
virtuelles Zentrum. Wie das geht, erläutert das folgende Video.
Doch das sind nicht alle Neuerungen. Künftig werden auch neue Navigationsverfahren zur Anwendung kommen - der Zeithorizont hierfür sieht den vollständigen Wechsel bis zum Jahr 2030 vor. Dabei wird die konventionelle Navigation in der Luftfahrt - mittels Drehfunkfeuer (VOR), ungerichtetem Funkfeuer (NDB) oder Instrumenten-Lande-System (ILS) durch Performance-basierte Navigationsverfahren (PBN) abgelöst. Der von Skyguide dazu eingereichte Übergangsplan ist durch das BAZL bereits genehmigt worden.
Skyguide wird also alle NDB und die meisten bestehenden VOR in der Schweiz sowie die ILS auf den Regionalflugplätzen schrittweise ab- und zurückbauen. Dieser Übergangsplan steht mit dem europäischen ATM-Masterplan und den gemeinsamen Vorhaben der EU-Behörden in Einklang.
Mit diesen Initiativen stellt Skyguide ein effizientes Flugverkehrsmanagement für die Zukunft sicher, und trägt dank der wichtigen Rolle im schweizerischen und internationalen Luftverkehr wesentlich zum Wohlstand der Schweiz bei. Die am Anlass anwesende Medienschar erhielt dann auch noch die Möglichkeit, den Fluglotsen in 42 Meter hohen Tower am Flughafen Zürich bei der Arbeit zuzusehen. Eine extrem spannende, aber auch sehr anspruchsvolle (und daher auch sehr gut bezahlte) Tätigkeit. Bekanntlich werden die Fluglotsen dann mit der Erstellung des neuen Dock A in Zürich (Travelnews berichtete) in wenigen Jahren in einem brandneuen Tower übersiedeln.
Thomas Muhl (Head Tower & Approach von Skyguide am Flughafen Zürich) erklärte die genauen Tätigkeiten der Fluglosten im Tower bzw. in der APP (An- und Abflugleitstelle). In Zürich sind 72 Fluglotsen (FTE) im Einsatz, jeweils maximal 7 Stunden am Tag und dabei maximalk 2 Stunden am Stück, aus Sicherheitsgründen; in Genf sind 52 Fluglotsen aktiv. Insgesamt sind bei der Skyguide, die sich mehrheitlich im Besitz der Schweizer Eidgenossenschaft befindet, rund 1500 Mitarbeitende an insgesamt 14 Standorten beschäftigt. Matthias Burtscher (Head Operations International Airports bei Skyguide) konnte seinerseits festhalten, dass allein am Flughafen Zürich im Jahr 2021 125'662 Flugbewegungen begleitet wurden, und während man zu Jahresbeginn 2022 noch auf 30 Prozent des früheren Flugvolumens war, man inzwischen schon fast wieder auf Augenhöhe mit den präpandemischen Flugbewegungen sei. Eine erfreuliche Entwicklung!
Sonderbriefmarke zum Jubiläum
Eine Überraschung gab es dann im Rahmen des 100-Jahr-Jubiläumsanlasses auch noch. Gemeinsam mit der Schweizerischen Post konnte Skyguide nämlich eine Sonder-Briefmarke präsentieren. Diese zeigt eine Passagiermaschine mit einer Momentaufnahme von Flugzeugpositionen, wie sie auf den Monitoren der Flugverkehrsleitenden zu sehen sind.
Thomas Baur, Leiter PostNetz und Mitglied der Konzernleitung Post, erklärte, dass Skyguide im März ein Gesuch für die Erstellung einer Sondermarke eingereicht habe - die Post erhält jährlich 30-40 solcher Gesuche - und nach dem Gutheissen des Antrags rund ein Jahr für die Kreation aufgewendet wurde. Die 210-Rappen-Marke wurde vom Walliseller Grafiker Angelo Boog gestaltet und soll nicht nur Philatelisten, sondern auch Luftfahrt-Enthusiasten begeistern, so Baur.
Die Jubiläumsbriefmarke ist ab 8. September 2022 in allen Schweizerischen Post-Filialen für CHF 2.10 pro Stück erhältlich und verliert niemals ihre Gültigkeit.