Future

Der Naturpark Karwendel ist mit einer Fläche von 727 Quadratkilometern der grösste Österreichs. Bilder: DWB

Innsbruck zeigt, wie nachhaltiger Tourismus gelingen könnte

Dominik Buholzer

Die Diskussion um nachhaltiges Reisen geniesst Hochkonjunktur. Doch lassen sich Ferien und Umweltschutz unter einen Hut bringen? Ja. Anschauungsunterricht gibt es dazu im Tirol.

René Föger ist sich bewusst: Er alleine wird die Welt nicht retten. «Die paar Tonnen CO2, die wir jährlich mit unserem Betrieb einsparen, machen es nicht aus. Aber unsere Chance ist es, die Gäste zu sensibilisieren», sagt der Chef des Hotel Stern in Obsteig nahe bei Innsbruck. Der «Stern» machte als erstes klimaneutrales Hotel in Österreich von sich reden.

Umgestellt hat er 2011, als der einzige Skilift im Ort ausgemustert worden ist. Föger reduzierte zuerst den Stromverbrauch. Dieser ging dank den Massnahmen pro Übernachtung um 30 Prozent zurück und der CO2-Verbrauch von 12,53 auf 7,59 Kilogramm. 90 Prozent der Wärme wird heute durch heimische Hackschnitzel erzeugt. Und jeder zehnte Gast reist inzwischen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an. In drei Jahren sollen 15 Prozent sein. Um dies zu fördern, gewährt Föger Umsteigern einen Rabatt von fünf Prozent auf den Zimmerpreis. «Wirtschaftlich ein Flop, ökologisch top», meint Föger. Doch er kann es sich leisten. Die Auslastung stieg in den vergangenen Jahren auf 75 Prozent. Föger ist überzeugt: «Nachhaltigkeit wird künftig ein Grundbestandteil eines jeden Tourismusbetriebes sein.»

Das würden wohl auch die Verantwortlichen von Tirol Werbung und Innsbruck Tourismus unterschreiben. Doch statt von Nachhaltigkeit sprechen sie lieber von neo-ökologischem Tourismus. Auch weil der Fokus ein anderer ist: Neo-Ökologie beschreibt den gesellschaftlichen Veränderungsprozess hin zu einem Ressourcen effizienten, nachhaltigen Wirtschaften. Eine wichtige Rolle spielen dabei technologische Innovationen. Green Tech steht nicht im Widerspruch zur Natur, sondern hilft vielmehr, die Herausforderungen zu überwinden.

In nur 32 Minuten auf der Bergspitze

An der Nordkette, der beeindruckenden Gebirgskette in Innsbruck, haben sie diesen Wandel unlängst in die Wege geleitet. Sie geben sich mit drei Pisten zufrieden, auf künstlichen Schnee verzichten sie komplett und dies ganz bewusst. Wer hier seine Schwünge zieht, muss eh ein überdurchschnittlich guter Skifahrer sein. Mit einem Gefälle von 75 Prozent zählt die Nordkette zu den steilsten Skigebieten Europas. Zudem ist sie Teil des Naturparks Karwendel. Mit einer Fläche von 727 Quadratkilometern ist es der grösste Naturpark Österreichs.

Die Nordkette ist bei Einheimischen und wie Touristen beliebt. Dies hängt unter anderem mit ihrer guten Erschliessung zusammen. Wer es leid ist, die Schindeln des Goldenen Dachl in der Innenstadt zu zählen (laut der letzten Bestandsaufnahme im Jahre 1998 sind es exakt 2657), ist nach wenigen Metern bei der Talstation der Hungerbahn und in 32 Minuten von 574 Metern über Meer auf der Hafelekarspitze auf 2334 Metern über Meer. Toni Heufelder, dem stellvertretenden Geschäftsführer des Parks, bereitet dies nicht nur Freude. Wanderer lassen öfters ihren Abfall liegen und Biker sorgen wegen ihrer illegalen Trails für eifrige Diskussionen. «Es gibt verschiedene Arten von Rindviechern», sagt er.

Auch die Thymusdrüse schmeckt, nicht nur das Filet

Im Restaurant «Die Wilderin» in Innsbrucks Altstadt kennen sie sich mit der Zubereitung von vierbeinigen Rindviechern aus. Hier wird das ganze Vieh verwertet. So gibt es nicht jeden Tag Filet, sondern auch mal die Thymusdrüse oder Milke, wie sie ebenfalls bezeichnet wird. Schmeckt hervorragend.

Auf Regionales setzt auch die Faktorei. Das  Boutiquehotel an Innsbrucks Postkartenmeile am Inn setzt ganz auf einheimische Produkte und gibt auf ihrer Webseite einen Überblick über ihre Lieferanten. Das hat Charme – in jeglicher Hinsicht.

Andrea Dietl ist sozusagen das ökologische Gewissen vom Tirol. Sie berät lokale Tourismusbetriebe bei der Erarbeitung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und begleitet diese beim Umsetzungsprozess. Sie macht in Innsbruck viele gute Ansätze aus. Doch letztlich geht ihr vieles noch nicht zu wenig weit. Grossen Handlungsbedarf macht sie insbesondere beim Heizen, der Mobilität und dem Essen aus. Die Tourismusbranche, findet Dietl, müsse die Wachstumsfrage anders stellen: «Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen soll wachsen und nicht die Zahl an Pools auf dem Dach.»

163,39 Kilogramm CO2 für ein verlängertes Wochenende

Wie viel CO2 wird an einem verlängerten Wochenende wie jenem in Innsbruck ausgestossen, wenn man bemüht ist, fast ausschliesslich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen? Wer zu rechnen beginnt stellt schnell fest: Nachhaltigkeit ist eine komplizierte Sache. Zwar gibt es dafür im Internet kostenlose Rechner. Doch wer unterwegs nicht genau Buch führt, steht schnell auf verlorenem Posten. Expertin Andrea Dietl kennt die Problematik. Nachhaltigkeit sei eben sehr vielschichtig, sagt sie.

Laut dem Wilderness International CO2-Rechner betrug der CO2-Ausstoss an dem verlängerten Wochenende 163,39 Kilogramm. Wie ist dies einzuordnen? Der Rechner selber gibt uns eine Vergleichsgrösse. Der Verbrauch könnte ausgeglichen werden mit 2,72 Quadratmetern Regenwald.

Eine andere Vergleichsgrösse ist der persönliche ökologische Fussabdruck. Dieser beträgt für Personen in der Schweiz gut 12 Tonnen CO2 pro Jahr. Wie sieht das Urteil der Expertin aus? «163 Kilogramm CO2 sind ein guter Wert. Aber es würde noch besser gehen», sagt sie.

(Die Reise wurde von Tirol Werbung und Innsbruck Tourismus unterstützt.)