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Die Inflation ist in manchen Ferienzielen recht hoch - doch auch wenn die Kaufkraft vorerst sinkt, so müssen sich Schweizer wenige Sorgen machen. Und die Teuerung bringt langfristig auch Gutes mit sich. Bild: AdobeStock

Kommentar Alles wird teurer – und das ist gar nicht so schlimm

Jean-Claude Raemy

Während die Inflation in der Schweiz relativ moderat ausfällt, ist sie in gewissen Ferienländern schon ziemlich stark. Schweizer Ferienreisende braucht dies nicht zu beunruhigen. Darüber hinaus sind die steigenden Preise auf lange Sicht hinaus sogar gut.

Das Leben wird aktuell teurer. Die erwartete Konjunkturerholung nach der Corona-Krise hat - wie erwartet - zu einem Anstieg der Inflationsraten geführt, der auch zu höheren Zinsen geführt hat. Gepaart mit einer Verknappung des Angebots, infolge Personalmangel und Lieferengpässen, welche diverse Ursachen haben, steigen die Inflationsraten überall an.

Das gilt natürlich auch für beliebte Ferienziele. In Griechenland oder in Spanien etwa bewegen sich die Inflationsraten auf dem höchsten Niveau seit über 30 Jahren. Die neusten Zahlen des spanischen Statistikbüros INE weisen auf einen innert Jahresfrist um 10,2 Prozent gestiegenen Konsumentenpreisindex hin, was die höchste Steigerung seit 1985 ist. In Griechenland sieht es ähnlich aus: Laut der Hellenic Statistical Authority lag die Inflationsrate im Mai bei 11,3 Prozent, im Juni gar bei 12 Prozent - auch hier Werte so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In Kroatien bewegte man sich diesbezüglich im Mai bei 10,8 Prozent, während die Situation in der Türkei regelrecht explodiert - Goldman Sachs geht von einem um bis 60 Prozent gestiegenen Konsumentenpreisindex bis Ende Jahr aus.

Das heisst primär einmal, dass die lokale Bevölkerung unter den gestiegenen Preisen ächzt. Doch auch für Ferienreisende werden die Leistungen vor Ort teurer. Das merken Reisende insbesondere an den Preisen etwa für Mietwagen, aber natürlich auch für die Verpflegung oder Alltags-Notwendigkeiten, die man vor Ort einkauft. Können diese Preissteigerungen zum Problem werden?

Die Schweizer sind immer noch Kaufkraft-Könige

Eigentlich nicht. Natürlich sinkt die Kaufkraft wegen der steigenden Preise, welche in der Regel nicht zeitlich parallel zu Lohnerhöhungen verlaufen. Doch zum einen ist die Inflation in der Schweiz vergleichsweise gering, zum anderen ist der Franken stark, was im Ausland die gestiegenen Preise dank besseren Wechselkursen zumindest etwas auffängt.

Schlaue haben ohnehin Pauschalreisen gebucht, mitsamt Halb- oder gar Vollpension im Hotel. Auf die Vorteile der Buchung einer Pauschal- bzw. Charterreise hatte Travelnews jüngst hingewiesen; das ist auch ein Marketing-Mantra der Reiseveranstalter, welches zuletzt wieder an Gewicht gewonnen hat. In diesem Zusammenhang liegt der Vorteil auf der Hand: Man hat alle Leistungen bezahlt und ist vor grösseren bösen Überraschungen diesbezüglich gefeit. Wie erwähnt sind die gesteigerten Nebenkosten vor Ort für Schweizer in der Regel absorbierbar.

Natürlich verbinden viele Menschen vor allem negative Erwartungen mit einem Anstieg der Inflation  - wer will sich schon weniger leisten können? Der Punkt ist aber, dass Schweizer auf Reisen ins Ausland immer noch vergleichsweise gut dastehen, also vorerst einmal die Ferienfreude nicht wirklich getrübt sein sollte. Wer für die Ferien in der Schweiz bleibt, könnte trotz niedrigerer Inflation unter dem Strich tiefer in die Tasche greifen müssen als der Auslandreisende. Oder anders gesagt: Im berühmten «Big Mac Preisindex», der eine Art Benchmark für Lebenshaltungskosten ist, liegt die Schweiz nach wie vor weltweit auf Rang 1 - was aber nur bedeutet, dass der Big Mac im Ausland auch bei galoppierender Teuerung immer noch billiger ist als bei uns.

Inflation hat auch gute Seiten

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu erwähnen, dass Inflation auch gute Seiten hat. Natürlich nicht eine Hyperinflation, aber in moderatem Mass schon - die Inflationsziele der Zinswächter liegen in der Regel um 2 Prozent. Denn wenn Unternehmen höhere Preise durchsetzen können, gewinnen sie Spielraum für Investitionen, welche die Produktivität verbessern. Da die Löhne meist erst mit Verzögerung steigen, kann also die Beschäftigung zunehmen. Man sieht es aktuell: Es wird nach Personal gesucht wie wahnsinnig. Die Arbeitslosigkeit sinkt, und mit etwas Verzögerung steigt auch der Konsum wieder an.

Gerade im Flugwesen heisst es doch innerhalb der Reisebranche seit langem, die Preise seien zu tief. Bei vernünftigeren Preisen können alle in der Wertschöpfungskette, und damit die Gesellschaft als Ganzes, besser leben. Natürlich können jetzt «schlagartig» gestiegene Preise das Konsumverhalten negativ beeinflussen, aber eine langfristige Preiskorrektur nach oben birgt gesamtwirtschaftliche Vorteile. Ein Mittel gegen die Inflation, welches bereits umgesetzt wird, ist die Erhöhung der Zinsen. Dadurch werden zusätzliche Kreditaufnahmen eingeschränkt und mit dem Sparen wieder eine Alternative zum Konsumieren geschaffen. Sparen hat ja auch seine Vorteile - wer Ersparnisse hatte, konnte in der Pandemie darauf zurückgreifen. Und Sparen hat ja letztlich in den meisten Fällen auch Konsum zum Zweck - gerade auch für Reiseleistungen.

Also achten Sie auf ihr Geld, aber lassen Sie sich nicht wahnsinnig machen und führen Sie Ihre Reise durch. Laut der im Juni 2022 veröffentlichten Prognose des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) werden die Konsumentenpreise in der Schweiz im Jahr 2022 um lediglich 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Das ist eigentlich nah am Idealwert.