Flug

So sieht das Berner Tor zur Welt aus, vom Englisberg aus gesehen. Wie genau will sich der Flughafen Bern-Belp künftig positionieren? Bild: Andreas Aerni

Kommentar Braucht es Belpmoos als Tor zur Welt?

Jean-Claude Raemy

Die endlose Leidensgeschichte des Berner Flughafens wirft eine grundsätzliche Frage auf. Denn reiht man alle Faktoren aneinander, sieht die Zukunft düster aus.

Im berühmten Lied von Patent Ochsner, «Bälpmoos», heisst es im Songtext: «Bälpmoos – schpick mi furt vo hie; Bälpmoos – mir isch's glych wenn un wie». Das Lied ist nicht nur eine Hymne an das Fernweh, sondern zeigt auch deutlich die Verbundenheit der Berner mit dem «Mösli», wie sie den Flugplatz Bern-Belp, der im Belpmoos südlich von Bern liegt, gerne nennen. Allerdings hat die Träumerei letzte Woche einen derben Dämpfer abbekommen. Seit dem Grounding der Skywork gibt es aktuell täglich noch 1-2 Linien- bzw. Charterflüge, welche sich zu den Flugbewegungen der Privat- und Business-Fliegerei gesellen.

Man mag ja sagen, die Berner seien krisenerprobt – schliesslich ist Skywork bei Weitem nicht die erste Airline in Bern, die Pleite geht. Air Engiadina, KLM alps, Cirrus und mehr haben sich am Geschäft in Bern die Zähne ausgebissen. Aber die Berner möchten eben schon gerne einen eigenen Flugplatz, wo nicht nur Privatjets vom Bund und einigen wenigen Unternehmen fliegen, sondern wo Airlines Flüge an Ziele aus ganz Europa anbieten und somit zum Träumen verleiten.

Das Problem ist jedoch, dass der Flugbetrieb in Bern teuer ist: Der Fuel ist teurer als in Zürich oder Basel, die Taxen gleich hoch oder höher. Die Zugfahrt vom Bahnhof Bern nach Zürich-Kloten dauert bloss 1 Stunde 10 Minuten.

Für Charteroperationen, mit der Weiterreichung und Verrechnung aller anfallenden Kosten, mag der Flugplatz angesichts der guten Nachfrage geeignet sein. Aber wie sieht es für Linienflüge aus?

Fakt ist, dass nach dem Wegfall von Skywork keine Airline mehr ihre Heimatbasis in Bern hat, also der «Homecarrier» entfällt. Airlines mit anderen Heimatbasen werden vielleicht auf einigen wenigen Routen in die Bresche springen. Grosse Incentives, vom Flughafen oder von Stadt und Kanton Bern, sind jedenfalls nicht zu erwarten: Dem Flughafen fehlt spätestens seit dem Grounding von Skywork und dem damit verbundenen Verlust von einem Drittel des Umsatzes das Geld, während die politischen Behörden in Bern wiederholt und klar – und zuletzt Ende 2017 – signalisiert haben, dass sie nur in Ausnahmefällen für Infrastrukturprojekte des Flugplatzes Geld bieten, aber nicht für Marketingzwecke.

Ein bisschen Mut täte den Berner Behörden gut

Nun ist ja schön, dass die öffentliche Hand nicht Geld verbraten muss für einen Flugplatz, der den Nachweis immer noch schuldig ist, dass ab diesem nachhaltig und erfolgreich ein herkömmliches Linienfluggeschäft betrieben werden kann. Aber vielleicht ist das auch zu kurz gesehen: Aus eigener Kraft wird das der Flugplatz Bern nie hinkriegen.

Damit der Flugplatz und dort aktive Airlines prosperieren können, braucht es einerseits eine bessere Infrastruktur (Stichwort «Zubringermöglichkeiten») und damit verbunden auch hohe Nachfrage aus der Bevölkerung. Grosso modo dürfte das Einzugsgebiet bei 1 Million Menschen liegen; die Flughafen Bern AG spricht von 3 Millionen, wobei das extrem grosszügig gerechnet scheint. Trotzdem müsste das reichen, um trotz Konkurrenz aus Zürich, Basel und Genf die Hauptstadtregion zu binden. Aber eben: Es braucht auch ein grosses, stabiles Flugangebot. Die Airlines haben es aus eigener Kraft versucht und sind meist gescheitert. Zu wenig Zusammenarbeit mit der lokalen Reisebranche und lokalen Firmen? Vielleicht. Falsche Flugzeuggrössen und zu wenige attraktive Strecken? Vielleicht. Fehlende Unterstützung von Behördenseite? Bestimmt.

Will sich Bern wirklich als attraktiver Standort für Firmen – und damit sind nicht bundeseigene Firmen gemeint – positionieren, braucht es vernünftige Fluganbindungen. London, Frankfurt und Paris sind eigentlich ein Muss, dazu sicher noch ein paar andere Städte. Das schnelle, unkomplizierte Check-in ist doch ein Argument in Zeiten von übervölkerten, verstopften Flughäfen! Ein bisschen Mut täte den Berner Behörden gut.

Aber so wie es aussieht, müssen weiterhin Airlines für die Highlights am Flugplatz Bern sorgen. Wie im Mai 1983, als die damalige Dan-Air den weltweit ersten Linienflug mit einer BAe 146 (den späteren Avro RJ) von Gatwick nach Bern durchführte, was für Bern auch gleichbedeutend war mit der ersten Landung eines Jet-betriebenen Flugzeugs. Der Flugplatz durfte sich eine Weile im Glanz dieser Premiere sonnen. Aber er schaffte es nie, die Grundsatzfrage ganz abzuschütteln: Ob es ihn als «Tor zur weiten Welt» überhaupt braucht.