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Nicht die erste Airline, die ihre personelle Präsenz in der Schweiz reduziert: Cathay Pacific. Bild: TN

Kommentar Die DACH-Lüge

Gregor Waser

Internationale Airlines und Tourist Offices tendieren dazu, im Zuge von Sparbemühungen, zunächst mal ihre Schweiz-Präsenz zu reduzieren. Das ist zu kurz gedacht.

Die Zürcher Talstrasse hat sich gelichtet. Wo sich vor 25 Jahren unzählige Airline-Büros an eine Vielzahl Tourist Offices reihten, dominieren heute Kleider- und Antiquitäten-Läden. Und der Exodus hält an. Der Rotstift wird von ausländischen Airlines, was Schweiz-Stationen betrifft, weiterhin tüchtig eingesetzt – mit der Überzeugung, den Schweizer Markt auch von einem europäischen Head-Office wie Frankfurt aus leiten zu können. Jüngstes Beispiel: Cathay Pacific hat 6 von 18 Stellen in der Schweiz gestrichen. Das weltweite Sparprogamm wird, was Europa betrifft, zunächst mal in der Schweiz angewandt.

Klar, für neue Manager, die mit eisernem Besen aufräumen, drängt sich die Schweiz auf, um kostenseitig kurzfristig Erfolge vorzuweisen. Die Früchte hängen hierzulande tief. Einerseits sind die Löhne hoch, was sich bei Sparmassnahmen deutlich auswirkt, andererseits verfügt die Schweiz über ein liberales Arbeitsgesetz. Wenn einem Airline-Angestellten gekündet wird, wenngleich dieser über 20 Jahre für ein Unternehmen tätig war, muss man ihm keine horrende Abgangsentschädigung bieten – nicht so wie im Ausland.

Das liberale Arbeitsgesetz hat ja sein Gutes und ist ein Grundpfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs der Schweiz. Neben steuertechnischen Gründen und hoher Lebensqualität zieht es schliesslich viele internationale Firmen an.

Keine Einheitstarife ab der Stange

Doch den Rotstift in der Schweiz anzusetzen, rechnet sich unter dem Strich nicht. Das werden viele Airlines, aber auch Tourist Offices, mittelfristig feststellen.

Airlines erzielen in der Schweiz höhere Durchschnittserträge als im benachbarten Ausland, insbesondere im Premium-Bereich. Auch Tourist Offices können mit einer zahlungkräftigen Klientel rechnen. Diese Mehreinkünfte betrachtet der sanierende Manager offensichtlich als gegeben an – und geht davon aus, dass sich diese auch von Frankfurt aus oder mit cleverer Technologie von wo aus immer, erzielen lassen. Doch das ist eine Fehleinschätzung. Die Schweiz ist ein sehr eigenständiger Markt – und der Schweizer Handel tickt anders.

Langjährige Airline-Mitarbeiter verfügen über exzellente Kenntnisse der Vertriebskanäle hierzulande, kennen die Vertriebspartner und die Kundschaft und sorgen mit der persönlichen Präsenz für Zusatzgeschäft – auch hinter der Sprachgrenze, in der französischsprachigen Schweiz. Ticketshops und Fernreise-Abteilungen von Touroperators und auch Einzelreisebüros benötigen die persönliche Betreuung und massgeschneiderte Offerten, um das Maximum aus dem Markt herauszuholen, statt Einheitstarife ab der Stange. Bei ferngesteuerten Marketing- und Salesaktivitäten schaut unter dem Strich ein Einheitsbrei heraus – und mittelfristig auch weniger Profit für die Airline.