Flug

Jobtausch! Maître de Cabine Veronique Batz (r.) konnte Zugbegleiterin Rajmonda Samuels auf einer Zugfahrt von Basel nach Chiasso bei der Arbeit über die Schulter blicken - hier bei der Billettkontrolle im Erstklasswagen, irgendwo zwischen Basel und Luzern. Alle Bilder: TN

«Wichtig sind Belastbarkeit und Freude am Kundenkontakt»

Einsteigen bitte! Zugbegleiter machen viel mehr als nur Billette kontrollieren. Wie hat Maître de Cabine Veronique im zweiten Teil der Serie «Jobtausch SWISS/SBB» den Tag mit Zugbegleiterin Rajmonda erlebt?

Beim ersten Zusammentreffen zwischen Pilot Philipp und Lokführer Hans-Jörg sollte es auch zum ersten Treffen zwischen Zugbegleiterin Rajmonda Samuels und Maître de Cabine Veronique Batz kommen. Dazu kommt es auch, nur leicht verzögert: Rajmonda hat sich im Verkehr leicht verspätet und wird auch innerhalb des Bahnhofs aufgehalten, weil sie in ihrer Uniform leicht zu erkennen ist und daher für viele Zugpassagiere auch so etwas wie eine mobile Auskunftsstelle ist.

Aber Rajmonda ist weitaus früh genug da, und beide Damen begrüssen sich herzlich und beginnen - genau wie die Piloten auch - sogleich mit dem fachsimpeln. Was macht die jeweils andere in ihrem Job denn so? Viel Zeit bleibt nicht, denn kurz nach der Begrüssung heisst es «Einsteigen bitte» und schon ist Rajmonda mit all den Vorbereitungsarbeiten beschäftigt, natürlich in Begleitung von Veronique.

Der erste Unterschied ist bereits am Perron sichtbar: Nebst Rajmonda ist nur noch eine zweite Zugbegleiterin mit dabei im Zug von Basel nach Chiasso - oder genauer, im «trinationalen Zug», der nicht nur von Basel nach Chiasso fährt, sondern von Deutschland über die Schweiz bis nach Italien, wobei sich die Zugteams im jeweiligen Land ablösen. «Auf 50 Passagiere entfällt ein Flugbegleiter», erklärt Veronique, dafür sei man auf der ganzen Strecke im Einsatz. Rajmonda entgegnet: «Wir sind zwei pro Zug, wobei ich manchmal auch alleine bin – und dieser Zug hat eine Maximalkapazität von 420 Personen.» Das gibt genug Arbeit - und die Teilstrecke von Basel nach Chiasso ist auch lang genug.

Sicherheit ist natürlich auch im Zug ein grosses Thema

Flight Attendant Veronique macht sich schnurstracks mit der Arbeit von Zugbegleiterin Rajmonda vertraut. Für die Flugbegleiterin völlig neu: Die Kontrolle der Fahrscheine, welche es in dieser Form im Flugzeug natürlich nicht gibt, weil dies alles bereits im Vorfeld erledigt wird. Rajmonda kann übrigens Kunden fliessend in drei Sprachen beraten, was natürlich gerade in einem trinationalen Zug von Vorteil ist. Natürlich gibt es noch andere Tätigkeiten als Fahrscheinkontrolle, etwa bei der technischen Sicherung: «Ich wusste, dass die Zugbegleiter in Notsituationen auch Verantwortung für die Evakuierung eines Zuges tragen und allgemein für die Sicherheit zuständig sind, doch war beispielsweise völlig neu für mich, dass Zugbegleiter die Türen nach vordefiniertem Ablauf bedienen müssen, so wie wir auch», erklärt Veronique, «ich dachte immer, das sei einfach automatisch im Zug.»

Vieles passiert heute über eine spezielle App auf dem Diensthandy: Zugbegleiterin Rajmonda (r.) erklärt Maître de Cabine Veronique die Details dazu.

Ein Thema, das rasch zur Sprache kommt bei den beiden Damen, ist jenes der Sicherheit. Schliesslich müssen Zugpassagiere im Gegensatz zu Flugpassagieren vor Reiseantritt nicht durch eine Security-Kontrolle. «Das ist im Grossen und Ganzen kein Problem», meint Rajmonda, obwohl es natürlich hie und da verbale Angriffe gegeben habe. Sie habe oft Spätschicht, sei aber bislang nie mit Problemen konfrontiert gewesen. Leider komme dies ab und an vor, vor allem beim Transport von Fussballfans, doch die meisten Kunden seien zuvorkommend, höflich und auch im Problemfall einsichtig.

In der Zwischenzeit hat Zugbegleiterin Rajmonda gemeinsam mit Flight Attendant Veronique die Kontrollen fertig durchgeführt und ihr dabei einiges erzählt zu den Abläufen, und gleichzeitig die fragenden Blicke einiger Zugpassagiere erkannt und ihnen höflich erklärt, worum es hier gehe. Kurz darauf darf dann Veronique eine Zugdurchsage machen. Das klingt ganz routiniert – solche Durchsagen sind im Flugzeug ja nur inhaltlich anders.

Generell sieht Veronique doch einige Parallelen: «Die Arbeitseinsätze sind vergleichbar, auch im Zug haben sie Pikettdienste, bei der SBB ist das die Reserve und jeweils im Bahnhof, bei uns heisst das ‚Platzreserve‘, aber es gibt bei uns auch den Pikettdienst von Zuhause aus.» Ihr scheint, als ob Zugbegleiter etwas mehr Modelle zur Arbeitseinteilung haben und weitgehender mitbestimmen können, wie sie am liebsten arbeiten und eingeteilt werden, etwa in Früh- oder Spätschichten. «Bei uns sind die Arbeitseinsätze bunt durchmischt, wir können auch Präferenzen wie Früh- oder Spätschichten und Wunschdestinationen eingeben und es gibt gute Teilzeit-Varianten.», so Veronique.

Auch im Speisewagen wird kontrolliert: Zugbegleiterin Rajmonda (r.) und Maître de Cabine Veronique mit besonders freundlichen Passagierinnen.

Bei der SBB auch: Rajmonda arbeitet in einem 80-Prozent-Pensum, weil sie ein kleines Kind hat. Der Arbeitstag erfolgt im Schichtbetrieb. «Man kann bei der SBB flexibel arbeiten und Präferenzen angeben - ich habe eine Spätschicht-Präferenz, was sich besser mit dem Privatleben verbinden lässt», so Rajmonda. Von der Dauer her variiert es, es gebe Touren von sechs und solche von neun Stunden Dauer; in der Regel dauere eine Tour acht Stunden. Dabei ist sie ausschliesslich im Fernverkehr tätig, wofür sie auch ausgebildet wurde. «In Zukunft wird es allerdings so sein, dass auch die Zugbegleiter flexibel im Fern- sowie im Nahverkehr eingesetzt werden können», präzisiert Rajmonda.

Flexibilität und Menschenkenntnis sind gefragt

Bevor sie zur SBB kam, arbeitete Rajmonda bei Elvetino, also der Speisewagengesellschaft. Von daher kannte sie das Jobprofil der Zugbegleiter schon etwas: «Ich hatte vorher nur mit Bahngastronomie zu tun, im SBB-Job kamen dann viele neue Aspekte wie Sicherheit an Bord hinzu. Mir gefallen die tägliche Arbeit mit unterschiedlichen Menschen sowie auch das Reisen an sich. Mein Job verbindet beides.» Nebst der Ticketkontrolle erledigt sie vor allem sicherheitsrelevante Aufgaben. Man bereitet den Zug für die Reise vor, nimmt Kontakt mit dem Lokführer auf, mit dem man gemeinsam eine technische Kontrolle vor der Abfahrt macht.

Als Rajmonda von Elvetino zur SBB wechselte, musste sie eine einjährige Ausbildung machen. Sie musste nochmals zur Schule und natürlich auch eine praktische Schulung durchlaufen. Sie machte dabei die 100-Prozent-Ausbildung; es wäre auch möglich gewesen, eine 60-Prozent-Ausbildung zu machen, die etwas länger dauert.

Und welche Charaktereigenschaften erfordert ihr Job? «Man muss flexibel sein und etwas Menschenkenntnis haben», erklärt sie, «man muss Freude an verschiedenen Charakteren, Persönlichkeiten, ja sogar Schicksalen haben. Das Wichtigste dabei ist stets, den Leuten mit einem Lächeln zu begegnen und sie von Anfang an für sich zu gewinnen. Man hat schliesslich an einem Tag mit zwischen 200 und bis zu 800 Personen zu tun. Flexibilität braucht es auch hinsichtlich der stets neuen Herausforderungen, die sich von Betriebsseite her ergeben. Eine offene und positive Einstellung sowie Mitdenken sind wichtig.»

Bei Veronique klingt es, bezogen auf den Flugbegleiterjob, ganz ähnlich: «Wichtig ist Flexibilität, damit man auf unvorhersehbare Ereignisse, die es immer wieder gibt, angemessen reagieren kann. Darüber hinaus sollte man auch Freude am Kundenkontakt haben und offen sein. Wichtig sind auch Belastbarkeit und Konfliktfähigkeit, wenn es zu schwierigen Situationen kommt.»

Jobsharing denkbar - Jobwechsel eher nicht

Diese gibt es, wie oben beschrieben, zwischendurch, doch überwiegen die schönen Erlebnisse bei Weitem. «Oft gibt es Touren, wo man gut Zeit für die Ticketkontrolle hat», sinniert Rajmonda, «dann hat man natürlich auch zwischendurch etwas Zeit, um sich die vorbeiziehende Landschaft anzusehen. Das ist auch etwas vom Schönen am Job.» Zudem schwärmt Rajmonda von den tollen Kolleginnen und Kollegen vom Depot Basel, von wo aus sie arbeitet. Die meisten Teammitglieder dort kenne sie. Das ist bei den Flugbegleitern anders: «Bei uns gibt es ein aktives Kennenlernen im Team vor dem Abflug, beim Briefing», sagt Veronique, «bei den Zugbegleitern ist dies nicht formell geregelt. Da hat es mich überrascht, dass sie so gut miteinander harmonieren, obwohl man sich kaum kennt. Bei uns ist es zudem so, dass wir absolut abhängig voneinander sind – die Zugbegleiter dagegen könnten praktisch alleine arbeiten.»

Und wie hat sich denn auf der Reise nach Italien nun die Einstellung zum anderen Job verändert? «Ich liebe meinen Job und will ihn keinesfalls aufgeben, könnte mir aber auch vorstellen, eine Art Jobsharing zu machen, also einen Teil am Boden und einen Teil in der Luft», sagt Veronique, und fügt schmunzelnd an, «Rajmonda wäre dabei.» Den Hauptunterschied zu ihrem Job sieht Veronique übrigens darin, dass die Zugbegleiter etwas vom Gast wollen, etwa das Ticket, «während wir dem Gast etwas geben.» Genau darauf freut sich sympathische Zugbegleiterin: «Als junges Mädchen hatte ich mal den Traum, zu fliegen und als Flight Attendant tätig zu sein. Nächste Woche werde ich ja sehen, ob das wirklich was wäre.»

Der Zugbegleiter-Job beinhaltet viel mehr als nur Billettkontrollen.

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit SWISS und SBB. Verfolgen Sie ab Donnerstag den zweiten Teil des «Jobtausch» - dann werden Lokführer Hans-Jörg und Zugbegleiterin Rajmonda bei einem Kurzstreckenflug von Pilot Philipp und Flight Attendant Veronique mit dabei sein.

(JCR)