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Tausende Angestellte der Lufthansa Group sind angehalten, sich digital fit zu machen - ansonsten werde ein freiwilliges Ausscheiden erwartet. Bild: © Lufthansa Group

Rosskur für die Angestellten der Lufthansa Group

Tausende Mitarbeiter sollen sich weiterbilden, andere Tätigkeiten ausüben – oder gehen. Es sei aber auch vorgesehen, neue Mitarbeiter einzustellen. So will der Luftfahrtriese den Sprung in die digitale Welt schaffen.

Dr. Bettina Volkens, Ressort Personal und Recht, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin, Lufthansa Group. Bild: © Lufthansa Group

Alitalia stagniert, Air France stagniert, und auch die Lufthansa hat sich dieses Jahr schon mehr als ihr lieb ist mit renitentem Personal herumschlagen müssen. Für Airlines ist es nicht leicht, den Sprung in die Moderne zu schaffen, weil in den riesigen Strukturen Althergebrachtes aufgebrochen und verändert werden muss.

Bereits im April kündigte deshalb die Lufthansa Group an, dass sie ihre Kompetenz in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Markenmanagement deutlich erhöhen wolle. Das will die Kranich-Airline offenbar mittels einer Rosskur erreichen: 3200 Mitarbeitenden soll nahegelegt werden, sich entweder weiterzubilden, im Konzern auf eine andere Stelle zu wechseln oder die Lufthansa Group zu verlassen. Diese Mitarbeitenden sind offenbar vor allem solche aus der Verwaltung.

Wobei das Vorgehen raffiniert ist: «Betriebsbedingte Kündigungen schliessen wir aus, ein freiwilliges Ausscheiden natürlich nicht», erklärt Bettina Volkens, welche im Vorstand der Lufthansa Group das Ressort Personal und Recht leitet, in der «Wirtschaftswoche». Gleichzeitig sollen  rund 200 neue Mitarbeiter mit zusätzlichen Kompetenzen an Bord geholt werden. «Dafür müssen wir Bewegung erzeugen, um Rotation und Fluktuation zu ermöglichen», so Volkens.

Zunächst müsse man sich in den aktuell laufenden Gesprächen mit den Betriebspartnern noch über alle Details einig werden. Doch eine konkrete Umsetzung des neuen Personalprogramms sei bereits für den kommenden August vorgesehen – im Gegensatz zu anderen Veränderungsprogrammen soll dieses, von Lufthansa-CEO Carsten Spohr persönlich angetriebene Programm nicht im Sand verlaufen. Volkens ergänzt, dass es ihr um mehr gehe, als zusätzliche digital denkende Mitarbeiter zu gewinnen: «Es geht mir nicht in erster Linie um IT-Kenntnisse, sondern vor allem um einen Kulturwandel», wird sie in der «WiWo» zitiert, «im Vordergrund stehen für mich analytische und soziale Kompetenzen, etwa die Fähigkeit, in virtuellen internationalen Teams zu arbeiten, oder der Umgang mit Komplexität und Agilität.» Volkens erwartet angesichts der Herausforderungen den «Willen, im Beruf was ganz anderes zu tun» und weiss jetzt schon, dass das nicht bei allen Mitarbeitenden umsetzbar ist. Eben: Es wird Fluktuation erzeugt, ohne aktiv Kündigungen aussprechen zu müssen.

Nichts weniger als eine «Kulturrevolution»

Es handelt sich also nicht in erster Linie um eine Sparübung, sondern um eine «Kulturrevolution», welche dem «Moloch Lufthansa Group» Flexibilität und moderne Strukturen geben soll, um im Wettbewerb gegen jüngere, erst in der Zeit der «Digitalen Revolution» entstandene Unternehmen besser zu bestehen. Gerade in der Verwaltung müsse noch viel Arbeit geleistet werden. Daher auch die an sich unverhohlene Drohung, dass gehen müsse, wer künftig nicht «digital denkt». Das Luftfahrt-Unternehmen geht einen notwendigen, möglicherweise schmerzhaften Weg – und ist damit auch Vorreiter für andere Grossunternehmen, welche mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind.

Von Seiten der Gewerkschaften regt sich schon jetzt Widerstand. Nicht besonders überraschend: Langjährige Mitarbeitende sorgen sich einerseits um ihre Stelle, andererseits um die Gehaltsstrukturen. Gewiss scheint das neue Personalprogramm einen harten Kurs einzuschlagen, aber letztlich wird sich die Lufthansa Group nicht weiterentwickeln können, wenn alte Strukturen nicht aufbrechen und auch ältere Mitarbeitende gewillt sind, sich mit der rasch verändernden Luftfahrt-Welt auseinander zu setzen. Ohne Nebengeräusche wird das nicht gehen.

(JCR)