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Viele Airlines hätten es am liebsten, wenn ihre Kunden gar nicht mehr mit Kreditkarte bezahlen. Die IATA will dafür nun bessere Möglichkeiten schaffen. Bild: Fotolia

Airlines ziehen in den Kampf gegen Kreditkartenfirmen

Jean-Claude Raemy

Die Transaktionskosten für Kreditkartenzahlungen sind den Carriern seit langem ein Dorn im Auge. IATA und Deutsche Bank lancieren deshalb eine neue Bezahllösung, welche noch in diesem Jahr lanciert werden soll.

Fluggesellschaften versuchen seit langem, ihre Distributionskosten niedrig zu halten. Der diesbezügliche Kampf gegen die GDS ist gut dokumentiert. Nun eröffnen die Airlines eine neue Front: Die Transaktionskosten, welche durch Ticketbezahlungen via Kreditkarte entstehen, sollen durch ein neues Bezahlungssystem massiv reduziert werden.

Noch gibt es für das neue Real-Time-Bezahlsystem keinen Markennamen. Klar ist nur, dass hinter dem Projekt sowohl der Airline-Verband IATA als auch die Deutsche Bank stehen, und dass erste Testläufe bereits Ende 2018 im deutschen Markt stattfinden sollen, wie die «Financial Times» meldet. Letzteres, weil einerseits die Lufthansa Group Interesse angemeldet haben soll, aber auch, weil von Gesetzes wegen solche Lösungen bislang erst in der EU umgesetzt werden können.

Hintergrund der neuen IATA-Initiative ist die so genannte «PSD2», also die seit Januar 2018 geltende neue «Payment Services Directive», welche den Zahlungsverkehr via Internet und Mobile innerhalb der EU neu regelt. Einerseits statuiert diese strengere Sicherheitsanforderungen im Zahlungsverkehr, andererseits öffnet sie den Markt aber auch für (bewilligungspflichtige) Zahlungsverkehrdienstleister. Diese erhalten Zugang zu entsprechenden Kontoinformationen der Banken und können somit automatisiert Zahlungstransfers zwischen einzelnen Banken auslösen. Auf das IATA-Modell übertragen heisst das, dass der Kunde seine Bankdaten in eine sichere Web-Umgebung auf der Airline-Seite eingibt, die Deutsche Bank (als Zahlungsverkehrdienstleister) dann automatisch prüft, ob genügend Mittel vorhanden sind, und anschliessend den Ticketpreis vom Kundenkonto abhebt und direkt dem Airline-Konto überweist.

Es wird also auf den Airline-Webseiten selbst über ein API (Application Program Interface) eine Zahlungsoption implementiert, welche den Ticketpreis direkt vom Bankkonto des Kunden abzieht und weiterleitet. Das ist per se nicht ganz neu; mehrere Airlines bieten solche Lösungen bereits an, doch handelt es sich dabei jeweils um proprietäre Lösungen, während die Lösung von IATA/Deutsche Bank allen Airlines als eine Art neuer Standard zur Verfügung gestellt würde.

Airlines müssen 8 Milliarden Dollar an Kreditkartenunternehmen zahlen

Javier Orejas, IATA-Finanzchef in der Region Europa, Naher Osten und Afrika sowie Nord- und Südamerika, erklärt: «Da Fluggesellschaften bisher hohe Aufwendungen für Transaktionsgebühren und Compliance haben und durch Betrugsfälle Geld verlieren, ist dies eine äusserst wichtige Innovation für die Branche.» Diese Alternative zu Kreditkartenzahlungen sei insofern nötig, als dass Fluggesellschaften laut IATA im vergangenen Jahr rund 8 Milliarden Dollar wegen Kreditkarten hinblättern mussten. Die Zahl setzt sich aus Transaktionskosten sowie aus Entschädigungen wegen betrügerischem Kreditkartengebrauch zusammen.

Üblicherweise nehmen Kreditkartenunternehmen wie Visa oder Mastercard eine Kommission von 1-3 Prozent auf jede Kreditkarten-Bezahlung. Die Kosten für das neue System sollen dagegen im «Cent-Bereich» liegen. Da die Bank die Direktzahlungen nahezu in Echtzeit abwickeln wird, erhalten Fluggesellschaften zudem Zahlungen von ihren Kunden schneller. Das hat erhebliche Vorteile für die Fluggesellschaften in Bezug auf Umlaufvermögen und Liquidität, da Forderungslaufzeiten und Finanzierungskosten sinken.

Das Problem: Viele Banken, nota bene in der Schweiz, sträuben sich noch dagegen, Kundendaten für Drittparteien zugänglich zu machen. Darüber hinaus muss auch der Kunde gewillt sein, online sensible Daten einzugeben. Die IATA geht davon aus, dass Kunden zu Letzterem animiert würden, sollten zahlreiche Airlines dieses System adoptieren und Kunden, welche so bezahlen, günstigere Tickets oder mehr Meilen oder sonstige Vorteile anbieten.

In der Schweiz kein wirkliches Novum

Aktuell ist es beispielsweise bei Swiss so, dass Gebühren erhoben werden, wenn ein Kunde online per Kreditkarte zahlt. Ein Zuschlag, der immer wieder zu reden gibt, weil die Wettbewerbskommission (Weko) die Verrechnungsgebühr ja letztes Jahr senkte und argumentierte, Bargeld- und Kreditkartenzahlung seien für Händler nun etwa gleich teuer – was Swiss jedoch abstritt. Viele Online-Händler hatten daraufhin ihre Kreditkartenzuschläge abgeschafft; nicht so die meisten Airlines (bei Weitem nicht nur Swiss). Mit der neuen IATA-Initiative dürfte sich daran nicht viel ändern: Swiss-Flüge können jetzt schon über über das E-Finance der Postfinance bezahlt werden, wofür keine Gebühren anfallen – weil Swiss laut der Preisbekanntgabeverordnung online mindestens eine kostenfreie Bezahloption anbieten muss.

Aus Sicht der (Schweizer) Reisebüros ändert die neuste IATA-Initiative also nicht viel am Status Quo. Und Swiss kann sich mit dem Prüfen der neuen Lösung von IATA/Deutsche Bank noch etwas Zeit lassen.