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Der Lufthansa-Chef geht hart ins Gericht mit dem Flughafen Frankfurt. Der Flughafen Zürich könnte ein Nutzniesser sein. Bild: Pixabay

«Wir verlagern unser Wachstum nach Zürich, München und Wien»

Carsten Spohr, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa AG, lässt kein gutes Haar am Flughafen Frankfurt, dem Haupt-Hub der Lufthansa. Und droht sogar.

Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender Lufthansa Flug AG

Die internationalen Fluggesellschaften stossen nach Auffassung von Carsten Spohr, dem Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa Flug AG, immer deutlicher an ihre Wachstumsgrenzen. Die Gesellschaften hätten zunehmend mit knappen Ressourcen zu kämpfen, etwa beim Personal, bei Ersatzteilen und Flugzeugen, sagte Spohr gestern Dienstag (8. Mai) am Rande der Hauptversammlung seines Unternehmens in Frankfurt. «Wir können nicht so stark wachsen, wie wir wollen», stellte Spohr fest. Der Lufthansa-Konzern hat seine Kapazitätsplanung für das laufende Jahr bereits mehrfach zusammengestrichen.

Auch die Infrastruktur am Boden reiche nicht mehr aus, klagte der Lufthansa-Chef. Hart ins Gericht ging er mit dem Frankfurter Flughafen, dem grössten Drehkreuz des Konzerns. Hier genüge trotz höchster Preise die Qualität unter anderem bei den Personenkontrollen und den Umsteigezeiten nicht. Die Gespräche mit dem Betreiber Fraport kämen nicht schnell genug voran. «So lange sich nichts ändert, verlagert der Lufthansa-Konzern sein Wachstum nach Zürich, München und Wien», wetterte Spohr. Auf eine Frage eines Aktionärs erwiderte er zudem: «Wir helfen der Fraport, ihre Qualitätsprobleme in den Griff zu bekommen, indem wir den Flughafen entlasten.»

Der Flughafenbetreiber Fraport verwies seinerseits auf Anstrengungen, die Personenkontrollen effizienter zu gestalten. Auch fehlten Bundespolizisten in grosser Zahl, hatte Fraport-Chef Stefan Schulte vor wenigen Wochen erklärt.

Zu schnelles Wachstum im Airline-Bereich?

Die Luftverkehrsindustrie wächst laut Spohr derzeit rund doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Folgen seien Engpässe bei Piloten und mancherorts auch bei den Flugbegleitern. Ersatzteile für die gängigsten Flugzeugmotoren würden knapp, während die Hersteller nicht mit den Auslieferungen neuer Maschinen hinterherkämen. Lufthansa werde aber an dem stattfindenden Wachstum teilhaben. «Das Flugangebot wird künftig allerdings nicht mehr stärker als die Nachfrage steigen», so Spohr. Die Passagiere könnten zudem nicht mehr mit immer billigeren Tickets rechnen: «Der Preisverfall wird nicht so schnell weitergehen wie in der Vergangenheit.»

Spohr war mit einem Rekordgewinn im Rücken in die Hauptversammlung gegangen. Im Geschäftsjahr 2017 hat der Lufthansa-Konzern mit 2,364 Milliarden Euro den dritten Rekordgewinn in Folge eingeflogen. Spohr erhielt dafür grossen Beifall der Aktionäre. Vereinzelt gab es Kritik an der um 30 auf 80 Eurocent erhöhten Dividende, deren Gesamtbetrag von rund 377 Millionen Euro sich am unteren Rand der möglichen Grössenordnung bewegt. Spohr stellte dafür eine gleichbleibende Ausschüttung für 2018 in Aussicht, falls der Gewinn wie geplant leicht zurückgehen sollte.

Aktuell geht es nach seinen Worten im Konzern vor allem darum, die Drehkreuze zu optimieren, die Geschäftsbeziehungen zu digitalisieren sowie die Direktflugtochter Eurowings auf Gewinnkurs zu bringen. Mit der Integration der vollständig übernommenen Brussels Airlines und von Teilen der insolventen Air Berlin sind die Kosten bei der expandierenden Tochter deutlich gestiegen. «Wir haben Wachstum vor Profitabilität stellen müssen», begründete Spohr den auch in diesem Jahr zu erwartenden Verlust der Tochter im dreistelligen Millionen-Bereich.

Letztlich wurden Vorstand und Aufsichtsrat von den Aktionären mit grosser Mehrheit entlastet. Die Hauptversammlung unter Vorsitz des neuen Aufsichtsratschefs und Ex-Finanzvorstands Karl-Ludwig Kley billigte Bilanz und Dividendenvorschlag sowie eine neue Satzung der Aktiengesellschaft. Diese lässt künftig Hauptversammlungen in kleineren deutschen Grossstädten zu. Im kommenden Jahr hat Lufthansa das Kongresszentrum in Bonn angemietet.

(JCR/AWP)