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Eiszeit bei Air France: Eingefrorene Löhne, ein kaltgestellter CEO und ein frostiges Betriebsklima sorgen für grosse Probleme. Bild: Aleksander Markin

«Air France könnte verschwinden»

Rien ne va plus: Der französische Wirtschaftsminister holt angesichts anhaltender Streiks und Tarifverhandlungen die verbale Keule hervor. Wie weiter mit dem kriselnden Carrier?

Bei Air France läuft aktuell bereits der 15. Streiktag seit Februar. Nachdem CEO Jean-Marc Janaillac wie angekündigt seinen Rücktritt bekanntgab (er bleibt aber noch bis zum 15. Mai im Amt), ging vorgestern der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire im Rahmen eines TV-Interviews in die Vollen: «Der Staat ist nicht da, um die Schulden von Air France-KLM zu tragen, deren Überleben nun auf dem Spiel steht», liess er wissen. Er hielt klar fest, dass Air France verschwinden könnte, wenn kein normaler Dialog zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern mehr stattfinden könne und man sich endlich auf den harten Kampf gegen externe Konkurrenten fokussieren könne.

Le Maire zufolge hatte sich Air France «auf dem richtigen Weg» befunden. Überdies sagte Le Maire Folgendes: «Wenn man weiss, wie viel die Piloten aktuell verdienen, und sich vor Augen führt, dass das Unternehmen in Gefahr ist, dann verlangt man nicht derartige Lohnerhöhungen.» Die Angestellten, allen voran die Piloten, verlangen eine sofortige Lohnerhöhung um 5,1 Prozent. Und dem Vernehmen nach sollen erfahrene Bordkommandanten bei Air France rund 20‘000 Euro brutto pro Monat verdienen; nach unten dürfte die Lohnkurve aber rapide abnehmen.

Die Piloten wollen mehr Staat

Natürlich liess die Reaktion der Piloten daraufhin nicht auf sich warten. Grégoire Aplincourt, der Präsident der Pilotenvereinigung der Air France, erklärte: «Wir sind bei Weitem nicht die bestbezahlten Piloten der Welt. Unsere Löhne sind seit 2011 eingefroren. Es gab individuelle Anpassungen in anderen Bereichen, aber nicht bei den Piloten.» Ausserdem liess er durchblicken, dass die Piloten den Staat durchaus in der Pflicht sehen: «Ist der französische Staat in der Lage, seinen Unternehmen Konkurrenzfähigkeit zu sichern? Er tut es im Bereich der maritimen Transportunernehmen, aber nicht beim Luftfahrtunternehmen.»

In diesem Zusammenhang ist vielleicht wichtig zu erwähnen, dass der französische Staat lediglich 14 Prozent der Aktien hält. Damit ist er aber grösster Aktionär. Und Air France ist ja schliesslich auch «National Carrier»… So ein Unternehmen darf eigentlich vom Staat nicht fallengelassen werden. Darauf stützen sich wohl die Piloten. Doch Le Maire signalisierte nun das Gegenteil.

Die Aktien von Air France haben demzufolge in den vergangenen Tagen weiter nachgegeben. Air France hat im 1. Quartal 2018 einen Verlust von 269 Millionen Euro ausgewiesen, trotz weltweit steigender Passagierzahlen. Die Gefahr, entscheidend ins Hintertreffen zu geraten, ist real.

Schwacher Trost: Heute Dienstag - in Frankreich ein offizieller Feiertag mit hohem Passagieraufkommen - konnte Air France laut eigenen Angaben rund 80 Prozent der Flüge durchführen, darunter fast alle Langstreckenflüge. Nur ungefähr 14,2 Prozent der Piloten befänden sich im Streik.

(JCR)