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Die Airlines der Lufthansa Group schaffen sich im stationären Vertrieb mit den neuen Bestpreisen nicht viele Freunde. Bild: Lufthansa Group

Die Buchung via GDS kostet bis zu 38 Franken mehr

Am morgigen 5. April startet die Bestpreis-Initiative der Lufthansa Group. Wer keinen Zugriff auf diese Bestpreise hat, wird an den Rand der Vertriebswelt gedrückt.

Am 7. März kündigte die Lufthansa Group die Einführung von «Bestpreisen» in den Tarifstufen Economy Light und Classic auf diversen europäischen Routen an, sofern diese über Direktbuchungskanäle und nicht über herkömmliche GDS gebucht werden. Über die Höhe der Preisdifferenz wurde zunächst nichts bekannt.

Am Karfreitag nun wurden die Vertriebspartner via eXperts-Newsletter informiert: Return-Tickets sind im Direktvertrieb 22 Franken günstiger als via GDS, One-Way-Tickets 11 Franken. Zu diesen Preisen gesellt sich noch die «Distribution Cost Charge» (DCC) in Höhe von 16 Franken. Will also heissen: Wird in einem Reisebüro gebucht, welches herkömmlich über ein GDS bucht, ist das Ticket für einen Hin-/Rückflug automatisch um 38 Franken teurer.

Das trifft nicht auf alle Strecken zu, aber doch auf eine stattliche Palette von 15 Routen ex Schweiz. Betroffen sind zunächst folgende Strecken:

  • Basel-Wien
  • Genf-Wien
  • Genf-München
  • Zürich-Rom
  • Zürich-Venedig
  • Zürich-Prag
  • Zürich-Berlin (TXL)
  • Zürich-Malaga
  • Zürich-Alicante
  • Zürich-Barcelona
  • Zürich-Lissabon
  • Zürich-Porto
  • Zürich-Amsterdam
  • Zürich-Nizza
  • Zürich-Napoli

Auf Nachfrage bei der SWISS-Medienstelle erklärt Sprecher Stefan Vasic, dass diese Strecken kontinuierlich ändern können: «Die Auswahl der Routen wird permanent den Marktbegebenheiten angepasst. Einerseits müssen wir uns auf das sehr schnell wachsende und dynamische Onlinegeschäft einstellen. Gleichzeitig stellen wir uns ebenfalls den Wettbewerbern, die einen hohen Anteil ihres Volumens online verkaufen. Basierend auf diesen Kriterien, entscheiden wir kontinuierlich, in welcher Form wir das Streckenportfolio für unser neues Bestpreis-Angebot anpassen.» Mit anderen Worten: Das sind die Routen, welche zu Beginn der Bestpreis-Differenzierung, also am morgigen 5. April, so berechnet werden. Die Auswahl der Routen und Preise könne sich «auf täglicher Basis» ändern.

Die Bestpreise sind aktuell nur über die NDC-Schnittstelle (Direct Connect) der Lufthansa Group Airlines, über das webbasierte Buchungstool SPRK von Farelogix sowie über die Webseiten austrian.com, lufthansa.com, swiss.com und lhgroup-agent.com verfügbar. Zu beachten ist, dass die Bestpreise nicht für Gruppenbuchungen verfügbar sind, diese sich also nur auf Einzelpreise beziehen.

«Mit unserer NDC Schnittstelle bieten wir eine technische Distributionslösung auch für unsere indirekten Vertriebspartner, um von zusätzlichen Produkten oder Tarifen zu profitieren», führt Vasic aus, «wir stehen kontinuierlich mit unseren Vertriebspartnern im Austausch, welche Distributionslösung für sie am besten geeignet ist und wir informieren kontinuierlich von Funktions- und Contenterweiterungen in unserer NDC-Schnittstelle, die seit mehr als zwei Jahren auf dem Markt ist.»

Erzwungene Umkrempelung der Distributionslandschaft

Das klingt in etwa so, dass Agenten, welche noch nicht über eine NDC-Schnittstelle verfügen, selber schuld sind. Allerdings können sich viele kleinere Reisebüros so eine Schnittstelle nicht leisten. Manche Consolidator bieten Abhilfe. Doch für ein Reisebüro ist auch die dortige Buchung mit Kosten verbunden, d.h. den effektiv auf der Webseite vorhandenen Preis kann man in keinem Fall matchen.

Die GDS ihrerseits arbeiten unter Hochdruck an Lösungen. Manche Reisebüros, welche mit Galileo arbeiten, hofften darauf, dass Travelport dank seiner Zertifizierung als NDC-Level-3-Aggregator Abhilfe schaffen kann. Auf Anfrage von travelnews.ch winkt jedoch Dieter Rumpel (Managing Director Germany/Switzerland, Travelport) ab: «Die Level-3-Zertifizierung hat nichts mit dem Bestpreis-Angebot der Lufthansa-Gruppe zu tun. Auch wir können die Bestpreise somit momentan nicht anbieten. Das ist primär ein kommerzieller Entscheid der Lufthansa-Gruppe. Wir wären technisch in der Lage, gewisse NDC-Inhalte zu aggregieren. Wir arbeiten aktuell aber an einer Lösung, mit welcher wir künftig NDC mit voller Funktionalität auf unserer Plattform anbieten wollen, also mit noch mehr Möglichkeiten, als aktuell etwa in der Farelogix-Lösung zu haben sind.»

Einen klaren Zeithorizont gibt es aber nicht. Rumpel erklärt, dass man mit allen Fluggesellschaften, welche an NDC-Lösungen arbeiten, in Kontakt sei: «Die Rede ist hier von weniger als 30 Airlines weltweit – alle anderen bauen noch auf herkömmlichen ATPCO-Content.» Rumpel geht davon aus, dass künftig nicht «alles NDC» sein wird, auch nicht bei den Airlines, welche NDC jetzt forcieren: «Es wird Hybridmodelle geben.»

Das dürfte vorläufig ein schwacher Trost sein für die Agenten. Diese müssen sich eingestehen, dass sie nun in Sachen Direct Connect «spuren» müssen, oder sonst im Vertriebsmix an den Rand gedrängt werden. Denn bei der Erhebung der DCC argumentierten die Airlines noch mit den GDS-Vertriebskosten, welche eben 16 Franken ausmachen; die Reisebüros erlitten gewissermassen einen Kollateralschaden der Auseinandersetzung zwischen Airline und GDS. Dieses Mal gehen die (Lufthansa-) Airlines direkt auf die Vertriebslandschaft los.

Genervte Reisebüros

Manche Reisebüro-Vertreter, welche lieber anonym bleiben wollen (was eigentlich auch kein gutes Zeichen ist), sind richtig genervt – schon nur ob der Anschrift «Liebe Reisebüropartner» im eXpertsworld, dem Magazin der Lufthansa-Gruppe für Agenten. Viele Reisebüros finden, das Gehabe der Lufthansa-Group habe nichts mehr mit Partnerschaft zu tun. Nicht zu Unrecht: Wie oft hat der stationäre Vertrieb etwa für die Lufthansa in ihren vielen Streiksituationen 2017 enorme Hilfeleistung erbracht?

So sieht das auch der Deutsche Reise-Verband (DRV), der mit klaren Worten in einer öffentlichen Stellungnahme gegen die LH-Group wettert. Auch der Fachverband der Reisebüros im WKÖ (Wirtschaftskammer Österreich) hat nun öffentlich Stellung bezogen. In Österreich wurde die Lufthansa Group wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung bereits vor Gericht gezogen. Eine Einschränkung der Marktbeherrschung hätte nach Ansicht des Fachverbandes die Auswirkung, dass Reisebüros nicht diskriminiert bzw. ihnen keine unangemessenen Preise verrechnet werden dürften. Der Schweizer Reise-Verband (SRV) hat sich bis dato noch nicht öffentlich geäussert, will aber in einer kommenden Sitzung mit Vertretern der Lufthansa Group seine Positionen vertreten.

Ob die Reisebüros damit wirklich etwas gegen den Airline-Giganten ausrichten können? Eine Phocuswright-Studie aus den USA hat festgestellt, dass proprietäre Kanäle von Leistungsträgern, aber auch OTAs einen immer grösseren Anteil der gesamten Reisebuchungen beanspruchen, und dass Flugverkäufe im Agentenkanal «praktisch tot» seien. Doch dieselbe Studie bietet auch Lichtblicke: So gebe es Segmente, wo Buchungen, welche im Reisebüro getätigt werden, anteilsmässig weiter zunehmen. Etwa beim Verkauf von Kreuzfahrten und von Ausflügen werde der Vertrieb vom stationären Kanal dominiert. 

(JCR)