Flug

Ryanair ist, allein genommen, längst grösste Airline Europas, gemessen an den Passagierzahlen. Die Bestrebungen hin zu einem Netzwerk sind deshalb von den Grossen (Lufthansa Group, IAG, AIr France-KLM) sehr ernst zu nehmen. BIld: Ericyu

242 Millionen Passagiere für Ryanair, Easyjet und Norwegian

Die drei europäischen Low-Cost-Giganten mischen den Flugmarkt weiterhin intensiv auf und dürften für weitere Konsolidierung sorgen.

Man erinnert sich nicht ohne Schmunzeln an die gar nicht so weit zurück liegenden Zeiten, als die Low-Cost-Carrier aufkamen und von den etablierten Carriern belächelt wurden. Die Situation heute ist nämlich eine ganz andere: Die Low-Coster haben den Kurz- und Mittelstreckenverkehr bereits massiv beeinflusst und schicken sich nun an, auch auf der Langstrecke Marktanteile zu gewinnen. Die kürzlich präsentierten Jahresergebnisse von Ryanair und Norwegian beeindrucken und die Zukunftspläne lassen aufhorchen.

Ryanair will 200 Millionen Passagiere jährlich

Sinnbild für den kommerziellen Erfolg ist die irische Ryanair. Trotz einem «Problemjahr», wo infolge eine Planungspanne bei den Piloteneinsätzen im September zahlreiche Flüge gestrichen wurden, konnte die Airline 2017 nochmals markant zulegen. Der operative Umsatz wuchs um 2 Prozent auf 6,648 Milliarden Euro, der Gewinn nach Steuern um 6 Prozent auf 1,316 Milliarden Euro. Die Flotte wurde um 12 Prozent auf nunmehr 383 Flugzeuge ausgebaut, die Belegschaft um 14 Prozent auf 12‘438 Angestellte. 10 neue Basen und 206 neue Routen wurden eröffnet; trotzdem konnte der Ladefaktor auf 94 Prozent gesteigert werden. Total wurden 129 Millionen Passagiere befördert, satte 10 Prozent mehr als noch 2016. Das erklärte Ziel lautet, bis 2024 über 200 Millionen Passagiere jährlich zu befördern.

Norwegian rüttelt das Transatlantikgeschäft durch

Auch Norwegian hat inzwischen ihre Zahlen für 2017 bekannt gegeben. Die Passagierzahl konnte um 13 Prozent auf 33,15 Millionen gesteigert werden, trotz einem ganz leichten Rückgang bei der Auslastung (von 87,7 auf 87,5 Prozent). Letzteres hatte mit der Lancierung von 54 neuen Routen zu tun – welche hauptsächlich im Langstreckenverkehr zwischen Europa und Nordamerika aufgenommen wurden. Total wurden 32 neue Flugzeuge in die Flotte aufgenommen; insgesamt wurden auch 2000 Personen neu eingestellt. Norwegian hat sich vor allem als «Störefried» im Transatlantik-Geschäft etabliert, wo sich die Netzwerk-Carrier lange vor dem Zugriff der Low-Coster geschützt glaubten.

Neue Netzwerke entstehen

Easyjet hatte ihre Zahlen infolge eines anders getimten Geschäftsjahrs bereits im September bekannt gegeben. Sie hatte bei den Passagieren ein Wachstum von 9,7 Prozent auf 80,2 Millionen vermeldet, bei einem Ladefaktor von 92,6 Prozent (plus 1 Prozentpunkt), trotz 8,5 Prozent Kapazitätswachstum. Der Umsatz wuchs 8,1 Prozent auf 5,047 Milliarden Pfund.

Nimmt man also mal die Passagierzahlen 2017 von Ryanair, Norwegian und Easyjet zusammen, kommt man auf etwas mehr als 242 Millionen. Das dürfte in etwa der Zahl entsprechen, welche die Lufthansa Gruppe (Lufthansa, Swiss, Austrian, Brussels, Eurowings) und die IAG (British Airways, BMI, Iberia, Vueling, Aer Lingus) gemeinsam erzielen würden – deren vollständige Zahlen für 2017 liegen allerdings noch nicht vor, erst jene bis und mit November.

Für das kommende Jahr deuten sich weitere interessante Entwicklungen an. Bekanntlich werden Easyjet und Norwegian kooperieren, derweil Ryanair und Air Europa auf der Langstrecke zusammenarbeiten. Diese im letzten Jahr lancierten Kooperationen, welche die bisher als reine Point-to-Pointer operierenden Low-Coster zumindest partiell zu Netzwerk-Airlines macht, werden 2018 erst richtig durchschlagen. Und den Konkurrenzkampf weiter anheizen. Wobei eine erweiterte Kooperation weiterhin im Raum steht: Norwegian-CEO Björn Kjos hat mehrfach öffentlich erklärt, dass er auch gerne mit Ryanair kooperieren würde; Ryanair hat zumindest Gespräche diesbezüglich zugegeben.

Was wiederum die zu Jahresbeginn bereits oft gehörte Vermutung, wonach es 2018 zu einer weiteren Konsolidierung im europäischen Flugmarkt kommen könnte, klar erhärtet.

(JCR)