Flug

Ein CSeries-Prototyp, noch ohne Fluggesellschafts-Bemalung: Boeing bezweifelt, dass der Verkauf der Bombardier-Neuentwicklung fair geführt wird. Bild: Patcard

War die C Series «absurd billig» zu haben?

Die Flugzeughersteller Boeing und Bombardier sind auf hartem Konfrontationskurs. Die Vorwürfe und geplanten Wirtschafts-Kampfmassnahmen sind happig.

Der Listenpreis für ein CSeries-Flugzeug des kanadischen Flugzeugbauers Bombardier beginnt bei 79,5 Millionen Dollar. Während es nicht unüblich ist, dass Kunden Rabatte bis zu 50 Prozent erhalten, geht der US-Flugzeugbauer Boeing davon aus, dass Bombardier «absurd tiefe Preise» verlangt hat, um sein Flugzeug – von welchem Swiss bekanntlich Erstkunde war – auch im amerikanischen Markt zu platzieren. Hintergrund ist ein im April gescheiterter Deal von Boeing mit der US-Fluggesellschaft Delta Air Lines, weil Delta sich letztlich statt für gebrauchte Boeing-Maschinen für neue CSeries-Flugzeuge von Bombardier entschieden habe, welche laut Boeing aber «neue Flugzeuge zum Preis von Gebrauchten» waren. Die Rede ist von gerade mal 19 Millionen Dollar pro Flugzeug, was von Bombardier allerdings abgestritten wird.

Boeing reichte daraufhin beim US-Wirtschaftsdepartement formell Klage ein. Und wie das mit der aktuellen US-Regierung eben ist, wurde Protektionismus betrieben: Das Department of Commerce hat im September provisorisch Schutzzölle (so genannte «Ausgleichszölle») in Höhe von 220 bis 300 Prozent auf die CSeries geschlagen. Begründung: Bombardier profitiere von staatlicher Unterstützung.

Damit die Schutzzölle wirksam werden, müssen sie aber noch von der US International Trade Commission (USITC) abgesegnet werden. Dies wird in diesen Tagen erwartet. Ob dabei die «America First»-Politik berücksichtigt wird oder die USA den Konflikt mit Kanada und Grossbritannien (in Belfast, in Nordirland, steht ein riesiges Bombardier-Werk) vermeiden, ist aktuell noch unklar. Es ist so oder so feststellbar, dass US-Unternehmen jetzt vermehrt behördlichen Schutz vor aus ihrer Sicht «unfairem Wettbewerb» suchen. Vor wenigen Monaten war Stahl aus China bei der Einfuhr in die USA mit einem Schutzzoll von 256 Prozent belegt worden.

Der Konflikt eskaliert

Der Kampf wird mit harten Bandagen geführt – und hat inzwischen auch Airbus auf den Plan gerufen. Die CSeries wurde im Oktober in eine Art Joint Venture von Bombardier und dem Boeing-Erzrivalen Airbus überführt: Die beiden Unternehmen kündigten an, dass der europäische Konzern künftig 50,01 Prozent der CSeries halten werde; Bombardier behält 31 Prozent und die Investmentbehörde von Quebec 19 Prozent. Airbus verpflichtete sich dabei, die Regionaljets weiterzuentwickeln. In der Nähe von Montreal übernimmt der europäische Hersteller 2000 Bombardier-Mitarbeiter, in Belfast weitere 4800.

Doch damit nicht genug: Kanada hat am 11. Dezember einen Militärdeal zum Kauf von F/A-18 Super Hornets abgeblasen und kauft stattdessen australische Jets. Und am 12. Dezember soll sich Delta mit Airbus über den Kauf von 100 A321neo einig geworden sein, nachdem lange über den Kauf von 100 B737Max von Boeing verhandelt worden war. Auch in diesem Fall müssen die USA aber vorsichtig vorgehen, denn die von Delta bestellten Airbus-Flugzeuge dürften grösstenteils in einem Werk in Mobile (Alabama) und nicht etwa in Europa zusammengebaut werden, sorgen also auch da für Jobs in den USA und würden insbesondere auch erlauben, die Strafzölle zu umgehen. Infolge des Airbus/Bombardier-Deals sollen in Mobile künftig übrigens auch CSeries hergestellt werden.

Im Vorfeld des Entscheids der USITC hielt Kanadas Botschafter in den USA, David McNaughton, an einem Hearing am Montag (18. Dezember) fest, dass Boeings Klage auf Spekulationen und Mutmassungen fusse, was von der Weltwirtschaftsorganisation (WTO) untersagt ist. Es gebe auch keine klaren Hinweise darauf, dass die Bestellungen bei Boeing von Bombardier direkt und auf unfaire Weise bedroht seien. Letztlich verwies er auch darauf, dass Bombardier-Zulieferer in den USA 23‘000 Jobs in neun Bundesstaaten böten, welche allenfalls durch ein Fernhalten vom Bombardier aus dem US-Markt in Gefahr sein könnten. Und nicht zuletzt wurde auch Boeing vorgeworfen, bereits von unzulässigen Staatshilfen profitiert zu haben, weshalb die aktuelle Klage heuchlerisch sei.

Man darf gespannt auf die Fortsetzung dieses Konflikts sein.

(JCR)