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Bis Ende Oktober bleiben täglich bis zu 50 Maschinen der Ryanair am Boden. Bild: Ryanair.

Ryanair streicht täglich bis zu 50 Flüge: Was steckt wirklich dahinter?

UPDATE Laut Ryanair stelle man das Ferienjahr um und wolle mit den Flugstreichungen zudem die Pünktlichkeit verbessern. Es könnten aber auch taktische Gründe dahinterstecken: Die Airline soll mit den begehrten Start- und Landerechte der insolventen Air Berlin liebäugeln.

Chaos bei Ryanair: Am Sonntag wurden 82 Flüge gestrichen. Bis Ende Oktober werden täglich weitere 40 bis 50 Verbindungen storniert, das sind total um die 2000 Flüge. Die Airline sagt, dass sie ihr bislang geltendes Ferienjahr von April bis März auf Januar bis Dezember umstelle und mit den Flugstreichungen die Pünktlichkeit verbessern wolle.

Laut irischem Gesetz müssen Mitarbeiter ihre Ferienzeit im Laufe des Kalender-Jahres beziehen - die Human Ressources-Abteilung der Ryanair habe infolge der Umstellung ein wenig die Übersicht bei der Ferienplanung der Piloten und Crew-Mitglieder verloren. Zuletzt hätten zudem Fluglotsenstreiks in Frankreich, aber auch schlechtes Wetter zu vielen Verspätungen geführt, sagt ein Sprecher der Airline. Dadurch sei die Pünktlichkeitsquote der Ryanair auf 60 bis 70 Prozent gesunken. Dieser Wert sei unakzeptabel, daher müsse man handeln.

Die Absage von weniger als zwei Prozent aller Flüge helfe dabei, Flugzeuge in Reserve zu haben, um wieder auf einen Wert von über 90 Prozent zu kommen. Um den Druck zu mildern, will die Airline zudem Ferientage der Piloten zurückkaufen. Betroffen von den Streichungen dürften 308‘000 bis 385‘000 Passagiere sein. Passagiere würden direkt informiert werden. Sie können umbuchen oder den Ticketpreis erstattet bekommen. Um der Unsicherheit der Kunden über Flugausfälle zu begegnen hat die Fluglinie die Liste aller gestrichenen Flüge veröffentlichet.

EU-Kommission mahnt Ryanair ab

Im Juli und August habe man bei der Billig-Airline Rekord-Auslastungen gehabt. Alleine im August flogen 12,7 Millionen Passagiere mit Ryanair, das entspricht einer Auslastung von 97 Prozent. So sollen die Stornierungen, die weniger als zwei Prozent der täglichen Flüge betreffen, auch keine negativen Auswirkungen auf das Jahresergebnis haben. Vorstandsvorsitzender Michael O'Leary schätzt den negativen Ergebniseffekt auf unter 5 Millionen Euro. Die Ausgleichsansprüche bezifferte der Manager auf bis zu 20 Millionen Euro. 

Die EU-Kommission hat die Fluglinie gemahnt, die europäischen Verbraucherrechte der Passagiere zu achten. Diese hätten bei der Absage eines Flugs eine Reihe von Ansprüchen, sagte ein Kommissionssprecher am Montag. So müssen nach den einschlägigen EU-Regeln von 2004 Fluglinien eigentlich mindestens zwei Wochen vor Abflug über eine Streichung informieren. Ist die Frist kürzer, müssen sie den Kunden eine neue Verbindung anbieten.

Je weniger Zeit bis zum gebuchten Abflug bleibt, desto weniger Spielraum hat die Airline dabei: Werden Kunden weniger als sieben Tage vorher unterrichtet, darf der Ersatzflug nicht mehr als eine Stunde früher abgehen und nicht mehr als zwei Stunden später ankommen als die ursprünglich gebuchte Verbindung. Schafft die Fluglinie das nicht, muss sie den Kunden entschädigen, wie die Kommission klarstellte. Man erwarte, dass sich Ryanair daran halte, sagte der Sprecher.

Wenn die Air Berlin groundet, stünde Ryanair mit ausreichend einsatzbereiten Maschinen bereit

Die aktuellen Flugstreichungen könnten nach Einschätzung eines Luftverkehrsexperten aber auch einen ganz anderen Hintergrund haben. Das Unternehmen bereitet sich seiner Meinung nach auf den möglichen Fall vor, dass die insolvente Air Berlin ihren Flugbetrieb aus Geldmangel vorzeitig einstellen muss, wie Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne am Montag der Deutschen Presse-Agentur sagte.

 «Im Fall eines vorzeitigen Groundings der Air Berlin müssten die begehrten Start- und Landerechte vom zuständigen Koordinator der Bundesrepublik sofort neu vergeben werden», sagte Wissel. Den Zuschlag könnten aber nur Gesellschaften erhalten, die dann auch mit entsprechenden Flugzeugen die Strecken tatsächlich fliegen könnten. Dafür wolle Ryanair einige Maschinen in der Hinterhand haben. Denn trotz eines stetigen Zugangs von neuen Boeing-Jets war bislang die Flotte der Ryanair mit aktuell 400 Maschinen restlos verplant. Die irische Gesellschaft hat nach eigenen Angaben nicht für Betriebsteile der Air Berlin geboten.

(AWP/TN)