Flug

Wer sitzt künftig an den Steuerknüppeln der 144 Air-Berlin-Maschinen? Bild: TN

Kommentar Das ging verdächtig schnell

Gregor Waser

Am Dienstag meldete Air Berlin Konkurs an. Drei Tage später verdichtet sich das künftige Szenario: Lufthansa schnappt sich einen Grossteil der Flieger.

«Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr», sagte am Donnerstag der deutsche Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, «es ist dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen kann». Der Luftverkehr befände sich in einem europäischen und internationalen Marktumfeld, deshalb könnten Monopolfragen nicht mehr mit der rein regionalen Brille auf einzelne Standorte betrachtet werden.

Erstaunlich, wie salopp die deutsche Regierung über Monopol- und kartellrechtliche Fragen hinweggeht. Kein Wunder schreit Ryanair-Chef Michael O’Leary auf, der grosse Verlierer im aktuellen Monopoly, sowie auch grüne Politiker, die um die bestehenden Arbeitsverträge der rund 8000 Air-Berlin-Angestellten bangen. Erstaunlich ist ebenso, wie schnell nun die Lufthansa in die Bresche springt. Der Deal war offensichtlich von langer Hand geplant.

Nun geht es viel schneller als noch am Dienstag erwartet. Schon nächste Woche dürfte sich zeigen, wieviele Air-Berlin-Flieger und welche Mitarbeiter und Slots in der Lufthansa aufgehen. Und welche Restposten für andere Airlines übrig bleiben. Bei einigen Strecken wird die Lufthansa nicht um die Abgabe von Strecken herumkommen, ansonsten hätte sie wie im Fall Berlin ein nahezu vollständiges Monopol. Dass hier Easyjet – bereits in Berlin mit einem Mini-Hub präsent – in die Bresche springen wird, zeichnet sich ab.

Ungewisse Planung für den Sommer

Auch der Nebel um die Zukunft von Niki lichtet sich. Zwar weiss niemand so genau, wem Niki aktuell gehört. Etihad überwies zwar 300 Millionen an Air Berlin für Niki, doch handelsrechtlich wurde der Kaufvertrag zwischen Niki, Air Berlin und Etihad noch nicht vollzogen. Dass Niki in der Lufthansa-Billigtochter Eurowings integriert wird, scheint mittlerweile ein plausibles Szenario. Von der tiefen Kostenstruktur her, wäre Niki für die Lufthansa ein passendes Filetstück.

Ob es für Schweizer Reiseveranstalter schon im September Planungssicherheit gibt, wie es im nächsten Sommer Richtung Mittelmeer weitergeht, ist aber noch ungewiss. Beim Übernahmeprozess von Air Berlin ist die Niki ein Nebenschauplatz, der Markt Schweiz erst recht. Dass es zu Umwälzungen kommt, ist aber klar. Und auch zu Chancen für weitere Carrier? Germania Schweiz etwa könnte wohl schnell in aufgehende Lücken springen, mit der deutschen Mutter und einer grossen Flotte im Rücken.

Viele ehemalige Swissair-Leute dürften sich aber in diesen Tagen die Augen reiben, wenn sie dem deutschen Verkehrsminister zuhören. Allzugerne hätten sie im Oktober 2001 diese Worte vom damaligen Schweizer Verkehrsminister Moritz Leuenberger gehört: «Die Schweiz braucht eine starke Airline.» So weit kam es nicht. Stark ist die aus der Swissair hervorgegangene Swiss zwar heute, aber nach einem schmerzhaften Prozess und nun unter den Flügeln einer deutschen Mutter, die künftig in Europa noch dominanter sein wird.