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Bei den Schweizer Flugreisenden und Planespottern beliebt, bei den Airlines etwas weniger: Der A380 von Airbus, hier jener von Singapore Airlines am Flughafen Zürich. Bild: B1 Foto

Airbus streicht A380-Produktion stärker zusammen

Nachfrageschwäche, Auslieferungsprobleme, Gewinnrückgang: Die Präsentation der Halbjahreszahlen war für den europäischen Flugzeugbauer ein Spiessrutenlauf.

Schon zu Beginn der Woche stellte sich die Frage, ob Airbus seine A380-Produktion zurückfahren werde. Nach der heutigen Präsentation der Halbjahreszahlen ist klar: Diese Frage ist mit Ja zu beantworten. Der weltgrösste Passagierjet wird für Airbus nämlich zu einer immer herberen Enttäuschung. Weil Airlines den Flieger nicht mehr bestellen, streicht der Hersteller die Produktion ab 2019 auf acht Maschinen pro Jahr zusammen. Konzernchef Tom Enders rechnet kaum noch damit, dass in diesem Jahr eine Fluggesellschaft die Maschine bestellt. Dabei gilt der Flieger als ausgereift. Die Hoffnungen auf neue Grossbestellungen von Emirates, IAG, ANA oder Thai haben sich nicht konkretisiert; Enders hält eine schnelle Unterschrift für unwahrscheinlich. Und falls es doch zu einem Grossauftrag komme, könne Airbus die Produktion ja wieder etwas hochfahren. Dass Airbus bei dem Flieger bei so geringen Absatzzahlen Geld drauflegt, hält das Management für verkraftbar. Die Verluste bei der A380 seien marginal, liess Finanzchef Harald Wilhelm wissen.

Beim modernisierten Mittelstreckenjet A320neo sorgen hingegen Triebwerksprobleme für Dauerfrust - und werfen Airbus bei den Auslieferungen zurück. Die geplante Auslieferung von 200 «neos» sei in diesem Jahr nur zu schaffen, wenn die Triebwerksbauer ihre Verpflichtungen einhielten, sagte Enders am Donnerstag. Damit wackelt auch das Ziel, insgesamt rund 720 Jets an Kunden auszuliefern. Schon 2016 musste Airbus den Grossteil der «neo»-Auslieferungen ans Jahresende verschieben, für 2017 sieht es ähnlich aus. Von Januar bis Juni hat der Hersteller erst 59 «neo»-Maschinen übergeben.

Die Hauptschuld gab Enders dem Triebwerksbauer Pratt & Whitney (P&W), der mit Partnern wie der Münchner MTU für rund die Hälfte der «neo»-Antriebe verantwortlich zeichnet. Die spritsparenden Turbinen haben Enders zufolge noch zu viele Kinderkrankheiten: «Wir müssen zu oft die Triebwerke von Flugzeugen abnehmen, die schon im operativen Einsatz sind.» Nachdem die P&W-Antriebe 2016 mit Hitzeproblemen zu kämpfen hatten, bereiteten jetzt unter anderem die Brennkammer und eine Luftdichtung Probleme. Laut Finanzchef Harald Wilhelm stehen 30 bis 35 «neo»-Jets vor den Werkshallen und warten auf ihre Triebwerke.

Airbus lässt Federn bei Umsatz und Gewinn

Auch wegen der Auslieferungsprobleme musste Airbus im zweiten Quartal bei Umsatz und Gewinn Federn lassen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank der Umsatz um 5 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro. Der um Einmaleffekte bereinigte operative Gewinn (EBIT) brach um 27 Prozent auf 859 Millionen Euro ein und verfehlte die Erwartungen von Analysten. Unter dem Strich sank der Überschuss um 34 Prozent auf 895 Millionen Euro. Die Airbus-Aktie war um die Mittagszeit mit einem Minus von mehr als 3 Prozent grösster Verlierer im MDax der mittelgrossen deutschen Werte und im französischen Leitindex CAC-40 .

Zum Gewinnrückgang trugen auch weitere Mehrkosten beim problembehafteten Militärtransporter A400M bei. Das Erreichen der vereinbarten technischen Fähigkeiten und die Einhaltung des Kostenplans blieben «höchst anspruchsvolle Aufgaben», erklärte das Management. Nachdem in den vergangenen Jahren bereits Mehrkosten von 7 Milliarden Euro aufgelaufen sind, kamen nun weitere 70 Millionen hinzu. Airbus versucht in Verhandlungen mit Käufern wie Deutschland und Frankreich sowie der europäischen Beschaffungsbehörde Occar, weitere Risiken und Mehrkosten bei dem Flugzeugtyp zu begrenzen. Enders berichtete von «konstruktiven Gesprächen», wollte aber keine Details nennen.

Airbus glaubt trotz allem weiterhin an den A380

Den Niedergang bei der A380 versuchte der Manager gar nicht erst schönzureden. «Die Lage ist nicht angenehm. Wir treffen die notwendigen Entscheidungen», sagte er. Hatte Airbus im vergangenen Jahr noch 28 Exemplare der A380 ausgeliefert, sollen es in diesem Jahr nur noch 15, im kommenden 12 und ab 2019 nur noch 8 Maschinen pro Jahr sein. «Wir sind zuversichtlich, das Flugzeug mit dieser Produktionsrate ins nächste Jahrzehnt zu bringen», sagte Enders. Rivale Boeing baut von seinem riesigen Jumbo-Jet sogar nur noch 6 Maschinen pro Jahr - und diese praktisch nur noch in der Frachtversion.

Für Airbus ist indes das anhaltende Wachstum des Flugverkehrs der wichtigste Grund, weiterhin an die A380 zu glauben. Derzeit setzen Airlines bei ihren Langstreckenflotten meist auf normalgrosse Grossraumjets wie den Airbus A350 und Boeings 787 «Dreamliner», die sich auf einer Vielzahl von Routen rentabel einsetzen lassen. Die A380 rentiert sich mit ihren typischerweise 544 Sitzplätzen nur auf Verbindungen zwischen grossen Metropolen. Verkaufschef John Leahy (66), der nach 23 Jahren auf seinem Posten seinen Abschied angekündigt hat, glaubt jedoch, dass die wachsenden Passagierzahlen über kurz oder lang nur mit Riesenfliegern wie der A380 zu bewältigen sind. «Der Passagierverkehr wird sich alle 15 Jahre verdoppeln, aber wir können nicht so viele Flughäfen bauen», stellte er vor wenigen Wochen klar.

Auf der Pariser Luftfahrtmesse präsentierte Airbus eine aufgewertete «A380plus». Sie soll dank einer veränderten Kabine 80 Fluggäste mehr fassen. Riesige abgeknickte Flügelenden sollen den Spritverbrauch drosseln. Insgesamt sollen die Betriebskosten je Sitzplatz dadurch um 13 Prozent senken.

(AWP)