Flug

Tested Eine himmlische Rezeptur

Raphaël Surber

Unser Autor ist kein Freund der Flugzeug-Kulinarik. Einen besonderen, extra für die Lüfte kreierten Genuss liess er sich neulich dennoch nicht entgehen.

«Flugzeuge sind für mich ein guter Ort, um zu fasten», sagt der österreichische Starkoch Wolfgang Puck einmal. Auch der britische «Chef ohne Gnaden», Gordon Ramsay, meinte kürzlich zum Thema Flugzeug-Essen: «There’s no fucking way I eat on airplanes.» Und Ramsay hat immerhin zehn Jahre lang für Singapore Airlines als Berater gearbeitet. Wie so manch anderer Sternekoch und Michelin-Held.

Tatsächlich ist Flugzeug-Essen fast immer schrecklich, manchmal sogar eine pure Beleidigung für Menschen mit etwas Geschmack. Dafür gibt es eine ganze Reihe technischer Erklärungen, die im Quora-Beitrag von Jay Wacker nachzulesen sind. Aber natürlich auch wissenschaftliche.

Unsere Geschmacksnerven sind einfach nicht gemacht für kulinarische Höhenflüge auf 11'000 Metern. Ja mehr noch, die zarten Knospen leiden unter dem Kabinendruck, der trockenen Luft und dem Lärm in der Röhre dermassen, dass sie sich – so sensibel wie sie sind – fast komplett verabschieden. Das ist natürlich auch den Airlines und den Flug-Caterern dieser Welt schmerzlich bewusst. Sie versuchen deshalb so einiges, um dieses Manko zu übertünchen, um nicht zu sagen, zu übersalzen.

Doch Wissenschaft lässt sich immer auf zwei Arten nutzen, wie etwa das Beispiel von Cathay Pacific zeigt. Der Carrier aus Hong Kong hat kürzlich das erste «wissenschaftlich-traditionell gebraute Bier für den Genuss in 35'000 Fuss über dem Boden» vorgestellt: Betsy Beer, benannt nach dem ersten Flugzeug der Airline, einer DC-3.

Wer schon einmal ein Bier im Flugzeug bestellt hat, weiss, dass selbst ein einigermassen akzeptables Bier wie das Quöllfrisch aus dem Appenzellerland an Bord wie Heineken schmeckt. Lassen wir also lieber die Finger davon und trinken noch einen Tomatensaft. Offen für kulinarische Experimente und neugierig, wie wir sind, haben wir uns das Vergnügen, ein Betsy Beer zu degustieren, dann neulich auf dem Flug von Hong Kong nach Zürich aber doch nicht nehmen lassen.

Weizen, Hopfen, Drachenaugen

Betsy Beer, so die Ankündigung, vereint das Beste aus der Braukunst Hong Kongs und Grossbritanniens. Ein Weizenbier, das mit altem, englischen Hopfen aus Kent veredelt wird, dazu ein Schuss Drachenaugen-Frucht (auch bekannt als Longan, aromatisch nahe verwandt mit der Lychee-Frucht) und Honig von Hong Kongs New Territories. Verfeinert wird das Ganze mit etwas mehr als der üblichen Menge Kohlensäure und Vitamin B (seiner restorativen Wirkung wegen). Was für eine Kombination.

Auch wenn man sich über den Namen streiten kann, Betsy Beer hält tatsächlich, was es verspricht. Eine Wucht an Aromen, Fülle und Biervergnügen, frisch und kraftvoll zugleich. Insbesondere die fruchtigen und süsslichen Noten der Longan-Frucht und des Honigs machen das Weizenbier geschmeidig und angenehm. Der englische Hopfen verleiht ihm Tiefe und Erdigkeit. Um es kurz zu machen: das Bier ist eine Wucht. Das Know-how der Hong Kong Beer Co. aus ihrer Arbeit mit Mikrobrauereien in Asien und dem Westen scheint sich auszuzahlen.

Natürlich wäre es interessant, herauszufinden, wie das Betsy Beer am Boden schmeckt. Dazu fehlte bislang leider die Möglichkeit, denn Betsy Beer gibt es als limitierte Edition nur an Bord oder den Lounges von Cathay Pacific – und das auch nur in der Business und First Class – sowie an einigen wenigen ausgewählten Restaurants in Hong Kong.