Flug

Der Blick aus dem Kabinenfenster bietet oft mehr als die Timeline auf dem Smartphone. Bild: TN

Einwurf Langsam verfliegt die Magie

Kristina Roder

Unsere Autorin ist Bloggerin und Flight Attendant. Sie plädiert für die Freude am Wolkenspiel und das Abschalten in der Luft.

Es ist ja längst bekannt: Die goldenen Zeiten des Fliegens sind vorbei. Der Glamour verpufft, die Luft draussen. Heute zählt nicht mehr Service, sondern der Preis. Je billiger, desto besser. Dass dann aber immer noch über die pappige Kost, zu wenig Platz in der Economy Class und die mangelnde Filmauswahl an Bord gemotzt wird, verstehe ich nicht. Logisch fliegt jemand «hinten» nur mit uns, weil wir am billigsten sind. In anderen Klassen sieht das vielleicht anders aus, weil nebst dem Preis noch andere Faktoren zählen. Aber auch da verfliegt die Magie langsam. Und schuld daran ist wieder einmal das Internet.

Versteht mich nicht falsch, ich liebe das Internet. Ich poste gerne Impressionen meiner Layovers auf Instagram, blogge seit Jahren und finde nichts praktischer, als via WhatsApp über den Klatsch und Tratsch meiner Freunde informiert zu werden. Aber das Flugzeug war, sobald auf der Startbahn, connection-freie Zone. Ein Ort zum Abschalten, sich verwöhnen lassen, in Ruhe zu dösen und ohne schlechtes Gewissen alte, amerikanische Komödien zu schauen. Funktionierte etwas nicht, suchte man Rat und Hilfe beim Flugpersonal, statt in blinder Wut seinen Frust auf Facebook rauszulassen. Probleme wurden gelöst statt via Social Media hochgebauscht.

«Kapitän und Flight Attendants freuts, die Gäste aber scrollen lieber durch Social Feed und Newsticker»

Mich graust es vor dem Tag, an dem ein medizinischer Notfall oder eine Belästigung im Flugzeug passiert und es die Passagiere lieber live streamen statt Alarm zu schlagen und zu helfen. Ein rauchendes Triebwerk? Was für ein geiler Snap! Heute zählen Likes. Zivilcourage ist von gestern.

Dass Kleinigkeiten in der Luftfahrt nach wie vor schnell bedrohlich werden, wird vergessen. Dass der Vogel oben bleibt und alle munter ans Ziel kommen, ist nämlich, entgegen der Annahme, kein Kinderspiel. Aber Unfälle in der Luftfahrt wird wohl kaum einer der Passagiere googeln – ausser die, die bereits Flugangst haben. Und diese sollten sich lieber am Wolkenspiel oder den amerikanischen Komödien erfreuen, statt angstvoll im Sitz zu kauern.

Ja, die goldenen Zeiten sind vorbei. Und mangelnder Anstand on- und offline und das sich ständige Präsentieren helfen kräftig mit, dass bald auch noch der letzte Funken Magie verschwindet. Ein schöner Ausblick auf Grönland? Kapitän und Flight Attendants freuts, die Gäste aber scrollen lieber durch Social Feed und Newsticker.