Flug

So sexy wie eine Bahnfahrt von Zürich nach Bern

Daniel Gerber

Von Zürich nach Krakau und zurück – mit vier Teilflügen von Billig-Airlines. Der Autor nimmt den Trip zum Anlass für ein persönliches Rating.

Airberlin: Zürich – Berlin Tegel, Abflug 15.00 Uhr

Der zügige Lauf zum Gate wird jäh gebremst. Der Kontrollblick zum Monitor ergibt ein «verspätet». Erwartete Abflugzeit: 16.10 Uhr. Die Uhr zeigt schlussendlich 16.40 Uhr an, als der Pilot den A319 in Fahrt und in die Höhe bringt. Der Flight Attendant scheint die Verspätung am meisten zu ärgern – eine Begrüssung entfällt jedenfalls. Dafür glänzt die Cockpit-Besatzung mit überraschend ausführlicher und klar verständlicher Erklärung zur Verspätung: In Berlin habe die Bodenbesatzung nicht versucht, den in Zürich früh morgens eingeflogenen Rückstand zu verringern – ganz im Gegenteil. Die Passagiere der ersten beiden Sitzreihen freuen sich über die angebotenen Getränke, allerdings nur kurz. Als sie erfahren, dass gratis gestern gewesen ist, gehen die Getränke zurück zum Trolley. So ist die Verkaufstour durchs Flugzeug in Kürze erledigt. Auch die Ankündigung vom Duty-Free-Verkauf ist eher eine pro forma Information. Kurz vor der Landung gibt es dafür verständlich vorgetragene Informationen zu den Transfers. Bei der Schoggiherz-Verabschiedung hat dann sogar der zu Beginn verstimmte Flight Attendant sein Lächeln wiedergefunden.

Check-In: 5 / Betreuung: 2 / Cockpit: 5 / Verpflegung: 2 / Flug: 4

Total: 18 Punkte

Airberlin: Berlin Tegel – Krakau, Abflug 21.35 Uhr

Das Warten auf das Boarding zieht sich hin. «Wegen verspätetem Erscheinen der Besatzung wird sich der Abflug um zirka 20 Minuten verzögern», informiert die Ansage gegen 21.20 Uhr. Die Cockpit-Besatzung der 78-plätzigen Dash Q-8-400 bestätigt den guten Eindruck des vorherigen Fluges bezüglich verständlicher Informationsvermittlung. Unter anderem wird den wenigen Fluggästen ein weiterer Grund für die Verspätung offeriert: «Wegen verspäteter Ankunft des Flugzeuges, . . .». Der Fluggast ist wiederum ein wenig enttäuscht, dass die eine der beiden Flugbegleiterinnen den freundlichen Gruss nicht erwidert, aber auch froh, dass es endlich in Richtung Krakau geht. Weil einige Zeit in geringer Höhe geflogen wird, strahlen die unzähligen Lichter vom Boden aus schöner in die Nacht als die teuerste Weihnachtsbeleuchtung. Wiederum wird eher lieblos auf die Verpflegungsmöglichkeiten hingewiesen. Dann sinkt die eine Flight Attendant ermattet in einen der vielen leeren Sitze. Wie schön wäre jetzt «än Campari Soda, dä Ventilator summet liislig». Das kann von den zwei 5071-PS Turbo-Prop-Triebwerken nicht behauptet werden. Allerdings ist der Lärm gleichmässig und wird vom Hirn irgendwann weggefiltert. Die schönen und bequemen Ledersitze bringen sogar schon fast ein wenig Lounge-Feeling.

Check-In: 4 / Betreuung: 2 / Cockpit: 4 / Verpflegung: 1 / Flug: 4

Total: 15 Punkte

Eurowings: Krakau – Düsseldorf, Abflug 14.10 Uhr

Ein neues Gefühl dank Eurowings: Pünktlich in der Luft! Geflogen wird in einer Boeing 737-800 der Sunexpress Deutschland. Die Begrüssung ist freundlich. Bei knapp 20 Prozent Auslastung der 189 Sitze ergibt sich ein ausgezeichnetes Betreuungsverhältnis. Absolut sehenswert ist die Choreografie bei der Vorführung der Sicherheitshinweise. Die drei Flight-Attendants agieren synchron, wie ein Ballett-Ensemble. Die Piloten konzentrieren sich offenbar voll und ganz aufs Fliegen – ausser ein paar harschen Kommandos an die Crew lassen sie nichts von sich hören. Die 0,187 Liter Wein aus der Plastikflasche waren besser als gedacht, die Bezahlung schwieriger als erahnt. Ein 50-Euro-Schein überforderte das Cash-Management, wodurch ein Zukauf von einer Packung Nüsse nötig wurde, um den Mindestbetrag zu erreichen, der für die Bezahlung per Kreditkarte nötig ist.

Check-In: 5 / Betreuung: 3 / Cockpit: 1 / Verpflegung: 2 / Flug: 5

Total: 16 Punkte

Germanwings: Düsseldorf – Zürich, Abflug 17.10 Uhr

Ganz schön hart, wenn die Smart- und Best-Gäste in der Germanwings A319-132 ihre Essensbox kriegen. Der Basic-Gast kontert mit einer Kaffeebestellung. Wiederum fehlt das Rückgeld für die offerierte 20-Euro-Note. «Dann schenk ich Ihnen den Kaffee», meint die Flight Attendant mit einem überaus charmanten Lächeln. Die kleine Episode ist typisch für den Flug. Die ganze Crew scheint motiviert, routiniert und freundlich. Der Flug ist angenehm und das freundliche «Tschau und Tschüss» beim Aussteigen wirkt beschwingt, wie man es von sich selber kennt, wenn der Feierabend naht.

Check-In: 5 / Betreuung: 4 / Cockpit: 3 / Verpflegung: 3 / Flug: 5

Total: 20 Punkte

Fazit: Die Menschen sinds – und das Schoggiherz

Der Internet-Check-In funktionierte bei allen Gesellschaften tadellos. Die Flugleistungen als solche sind austauschbar geworden und auf der Kurzstrecke ausreichend bequem. Die Erinnerung an Gratis-Verpflegung ist älteren Reisenden vorbehalten. Der Verkauf in luftiger Höhe läuft harzig, wird aber auch nicht mit Inbrunst zelebriert. Billige Kurzstreckenflüge sind so sexy wie eine Zugfahrt von Zürich nach Bern geworden. So werden die passende Startzeit und natürlich der Preis zum Auswahlkriterium. Was dem Produkt aber Leben und Erinnerungswert einhaucht, sind die Crewmitglieder. Die Ausstrahlung der Flugbegleiter, die Qualität der Informationsvermittlung aus dem Cockpit und die aufmerksame Freundlichkeit der Betreuung bringen den merkbaren Unterschied. Es sind die kleinen Details, die einem im Gedächtnis bleiben. So wie das feine Schoggiherz der Airberlin.