Flug

Das Ziel von Easyjet-CEO Carolyn McCall (7.v.l.) sind mindestens 20% Frauenanteil im Cockpit, möglichst schon per 2020. Bild: Easyjet

Warum gibt es nicht mehr Pilotinnen?

Jean-Claude Raemy

Easyjet hat mit einem Förderungsprogramm für weibliche Piloten Erfolg und hat überdurchschnittlich viele Pilotinnen. Nehmen sich andere Airlines ein Beispiel daran?

Frauen sollen angeblich besser als Männer einparken können, trotz des hartnäckigen Klischees, welches das Gegenteil behauptet. Gestern stand im «Tages-Anzeiger» sogar, dass Frauen die besseren Biertrinker sind. Sind Frauen denn auch bessere Pilotinnen? Diese Frage hat bislang kaum jemand gestellt. Denn Frauen stellen in den Pilotencorps weiterhin eine krasse Minderheit dar.

Die britische Fluggesellschaft Easyjet will diesem Umstand aktiv entgegenwirken. Schon vorletztes Jahr wurde die Initiative «Amy Johnson Flying» lanciert, welche sich spezifisch an Frauen richtete – mit dem Ziel, innert zwei Jahren mindestens 12% Frauen im Pilotencorps zu haben. Das Ziel wurde bereits innert einem Jahr erreicht. Letztes Jahr waren 12% der neu eingestellten Piloten bei Easyjet Frauen. Im Total sind jetzt 14% der Piloten bei Easyjet Frauen: 164 Pilotinnen total, wovon 62 auch gleich Captain sind. In den kommenden Jahren sollen rund 50 Pilotinnen pro Jahr rekrutiert werden, um die Quote weiterhin zu steigern, bis 2020 auf mindestens 20%.

PR oder nicht? Wie gesagt, ob Frauen besser fliegen können als Männer, ist unbekannt und auch irrelevant. Sicherlich können sie es nicht à priori schlechter. Schliesslich durchlaufen sie ja auch das strenge Selektionsprogramm mit sämtlichen theoretischen und praktischen Einführungskursen und spezifischen Flugtrainings. Es geht also nicht darum, einfach mehr Frauen durch den Kurs zu boxen, sondern mehr Frauen dazu zu bringen, sich überhaupt für den Pilotenjob zu bewerben.

Nur 6% der Piloten weltweit sind Frauen

Wie steht Easyjet mit seinen 14% Pilotinnen im Vergleich da? Bei Swiss betrug der Frauenanteil im Cockpit per Ende Januar 2017 laut Sprecherin Sonja Ptassek gerade mal 4,7%. In den USA und in Kanada sind laut Zahlen der ALPA (Air Line Pilots Association) gerade mal 5% der über 53‘000 Mitglieder Frauen. Die «International Society of Women Airline Pilots» (http://www.iswap.org/) zitiert auf ihrer Website die US-Flugbehörde FAA, gemäss welcher es global ähnlich aussieht: Von weltweit über 600‘000 Personen mit Fluglizenz sind lediglich rund 40‘000 oder 6% Frauen.

Dass nicht mehr Frauen eine Pilotenausbildung verfolgen, mag weiterhin mit tradierten Rollenbildern zu tun haben. Dass diese keinerlei Bedeutung im Hinblick auf Qualifikationen und Kompetenzen haben, sollte längst klar sein. Und das gilt auch für andere Jobs, etwa im administrativen Bereich. Auch dort punktet Easyjet mit speziell auf Frauen zugeschnittenen Karriere-Initiativen: So waren 2016 rund 35% der mittleren und höheren Kaderstufen Frauen – darunter natürlich auch der CEO-Posten, den Carolyn McCall innehat – sowie 55% der Geschäftsführung und 22% des Verwaltungsrats. Ist Easyjet deswegen schlecht gefahren? Im Gegenteil.

Darüber hinaus ist die eingangs erwähnte Initiative sicherlich eine gute Strategie, um dem globalen Pilotenmangel entgegenzutreten. Zur Erinnerung: 2016 war der «Pilotenmangel» ein wiederkehrendes Thema in den Medien – weltweit seien rund 30'000 Piloten zu wenig ausgebildet wurden, um dem globalen Wachstum der Luftfahrt zu entsprechen, hiess es da.