Flug

Powdair hat noch keine Flugzeuge in eigener Bemalung. Künftig soll aber mit Hundertplätzern, ähnlich dieser Boeing B717 am Flughafen Sitten, unter der Marke Powdair geflogen werden. Bild: Joel Bessard, Aéroport de Sion.

«Mit Powdair wollen wir ganzjährig ab Sitten fliegen»

Jean-Claude Raemy

Powdair ist ein modernes Konstrukt: Basis in der Schweiz, Sitz (bald) in einem EU-Land, Management und Zielkunden in Grossbritannien. Wird der Flughafen Sitten damit glücklich?

Mit «PowdAir» steht eine neue britische Fluggesellschaft kurz davor, den Flugbetrieb ab einer Schweizer Basis zu diversen Flughäfen in Grossbritannien aufzunehmen, wie travelnews.ch am Wochenende berichtete. Doch wer steckt hinter der neuen Airline?

Nicholas Davis, Head of Strategy der in London beheimateten Powdair, stellt klar: «Die Airline wird ihre Hauptbasis in Sitten haben. Im ersten Jahr wird sie noch als virtuelle Airline operieren, also unter der Lizenz und Flugnummer einer bestehenden Fluggesellschaft.» Da ein Airline-Startup kostenintensiv und die Rate der Geschäftsaufgaben relativ hoch sei, habe man zuerst nach einem Partner im Charter/ACMI-Bereich geschaut.

Dieser wurde in der kroatischen Trade Air gefunden. Diese ist von der EASA zertifiziert und wird laut Davis ihre Crews ab Sommer in ein C-Kategorie-Training schicken. Trade Air wird eine Fokker 100 zur Verfügung stellen, mit einer Kapazität von 100 Personen.

Da bekannt war, dass Powdair eine Fokker 100 einsetzen würde, hatte sich travelnews.ch auch schon bei Tobias Pogorevc, CFO und Sprecher von Helvetic Airways, erkundigt, ob nicht sie hinter diesem neuen Projekt stehe. Pogorevc bekräftigt, dass Helvetic damit nichts zu tun habe und ohnehin mit einer Embraer ab Sitten fliege. Davis sagt hierzu nur, dass Powdair sehr gerne mit Helvetic Airways kooperieren würde, sollten denn Flugzeuge verfügbar sein, was offenbar aber nicht der Fall war.

Ob es überhaupt noch zu solch einer Kooperation kommt, ist ohnehin unwahrscheinlich. Laut Davis ist das Ziel nämlich, ab der Wintersaison 2018/2019 mit eigenen Flugzeugen zu fliegen – welche dann ebenfalls «100-Sitzplatz-Flugzeuge» sein werden, wobei man sich hier noch nicht festgelegt habe. Wo das eigene AOC erworben wird, ist noch unklar. Für den Betrieb einer Basis in Sitten braucht es nicht zwingend ein Schweizer AOC. Die Unklarheit hat sowieso einen politischen Hintergrund. Dazu Davis: «Momentan sind wir in London als Teil einer Ltd SPV (Special Purpose Vehicle) angemeldet. Die offizielle Geschäftseintragung wird aber in einem EU-Land stattfinden. Dies aufgrund der wegen dem Brexit entstandenen Unsicherheiten, etwa hinsichtlich der Regeln, welche von der britischen Civil Aviation Authority erstellt werden und möglicherweise mit EASA-Regeln in Konflikt stehen.»

Investoren aus England und der Schweiz

Zunächst geht es allerdings darum, das aktuelle Projekt im kommenden Winter zum Erfolg zu führen. Hinter dem Projekt stehen britische und schweizerische Investoren, erklärt Davis, will dabei aber keine präziseren Angaben machen. Zurzeit gebe es auch noch keine fixe Kooperation mit Reiseveranstaltern. Davis erhofft sich Interesse der Reisebranche, sobald dann die Flüge offiziell sind. Klappt alles, soll Ende März 2017 mit dem Ticketverkauf losgehen, über eine eigene Website sowie eine App. Auf Nachfrage von travelnews.ch bestätigt der Flughafen Sitten, dass man in Verhandlungen mit Powdair stehe, aber zum aktuellen Zeitpunkt noch keine unterschriftsreife Vereinbarung bestehe.

Davis gibt sich jedenfalls zuversichtlich, dass das Projekt durchkommt. Mehr als das: «Wir wünschen, ab 2018 ganzjährig ab Sitten zu Geschäfts- und Leisure-Destinationen in Europa fliegen zu können.» Obwohl Powdair primär auf britische Skisport-Freaks ausgerichtet ist, vergisst man also den potenziellen Schweizer Quellmarkt nicht: «Verkauft werden die Flüge jeweils pro Weg; wenn Verfügbarkeit vorhanden ist, kann man Tickets haben», unterstreicht Davis. Da sei nichts den britischen Skifahrern vorbehalten. Zudem könne man Preise problemlos in Franken abbilden, «weil wir ein Revenue-Management-System von Inteliysis/AmeliaRES für Ticketverkäufe nutzen», wie Davis unterstreicht.

Das Projekt Powdair wirkt jedenfalls seriös. Ob man ab Sitten wirklich ganzjährige Operationen zu diversen Zielen mit einem Hundertplätzer durchführen kann, steht auf einem anderen Blatt. Sicher ist, dass sich der Flughafen Sitten genau so eine Fluggesellschaft wünscht.