Flug

«Die Gehaltsforderungen sind nicht entscheidend bei diesem Streik»

Linda von Euw

Aeropers-Geschäftsführer Henning Hoffmann äussert sich zum Streik der Lufthansa-Piloten.

Henning M. Hoffmann ist Rechtsanwalt und der Geschäftsführer von Aeropers. Das ist der Zusammenschluss der Verbände der drei Airlines Swiss International, Swiss Global und Edelweiss Air. Im Gespräch mit travelnews.ch nimmt er Stellung zur Arbeitsniederlegung der Berusfkollegen der Lufthansa.

Hoffmann kann die Beweggründe der Lufthansa-Piloten nachvollziehen, denn «diesem Streik liegen jahrelange Verhandlungen zugrunde, in denen sich das Lufthansa-Management immer wieder verweigert hat.» Insofern sei der Streik das Resultat eines langjährigen Versagens eines vernünftigen Miteinanders zwischen Angestellten und Arbeitgeber. «Das Vertrauen der Lufthansa-Mitarbeiter in den Arbeitsgeber ist am Nullpunkt. Ein Streik ist der Weg über den offenen Konflikt und immer das letzte Mittel.»

Auf die Frage, ob die Lufthansa-Piloten denn wirklich so wenig verdienten, sagt Hoffmann: «Die Geld- oder Gehaltsforderungen sind nicht entscheidend bei diesem Streik. Es geht viel mehr darum, dass man vernünftige Lösungen zu zahlreichen Problemen finden soll und sich wieder gemeinsam an einen Tisch setzt.» Die Strategie des Managements verschlechtere die Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeiter des Unternehmens. Man müsse das Personal in die Strategie miteinbinden. «Dass Unternehmen, die ihre Mitarbeiter aussen vorlassen, auf Dauer nicht erfolgreich sind, hat die Geschichte schon mehrfach gezeigt», sagt Hoffmann.

«Der Streik ist nicht unsolidarisch gegenüber den anderen Mitarbeiter des Unternehmens»

Dass andere Mitarbeitenden der Lufthansa durch die vielen Umbuchungen und Ausarbeitungen von Sonderflugplänen Überstunden machen müssen, findet Hoffmann nicht unsolidarisch: «Man muss sich immer die Frage stellen, wen man bestreikt. Und in diesem Fall ist das der Arbeitgeber und nicht die Kollegen. Klar hat ein Streik grundsätzlich nur Verlierer und keine Gewinner – aber nach fünf Jahren erfolglosen Verhandlungen ist diese Massnahme das letzte Mittel.»

Warum streiken dann aber zum Beispiel die Swiss-Piloten nie? «Die Voraussetzung für einen Streik ist, dass man sich im vertragslosen Zustand befindet. Das waren die Swiss-Piloten im Jahr 2010. Damals wurde kommuniziert, dass man sich einen Streik überlege – aber man konnte sich rechtzeitig mit dem Management einigen.»

Der Unterschied zwischen Swiss- und Lufthansapiloten seien vor allem die Verträge: Während die Swiss-Piloten einen Gesamtarbeitsvertrag haben, in dem Ferien, Salär und Arbeitszeiten geregelt sind, haben Lufthansa-Piloten einzelne Tarifverträge, die zu unterschiedlichen Zeiten auslaufen und jeweils zum Zeitpunkt des Auslaufens bestreikt werden können. «Im Moment gibt es etwa 17 solcher offenen Verträge», erklärt Hoffmann.

In der Schweiz setzt man auf Sozialpartnerschaft

Die eher zurückhaltende Streikkultur der Schweizer gründet sich unter anderem im Friedensabkommen von 1937. Dieses Abkommen wurde von den Verbänden der Maschinenindustrie unterzeichnet und besagt, dass während der Vertragsdauer auf Kampfmassnahmen zu verzichten ist. Die Gewerkschaften erhielten dafür neue Rechte und Leistungen – in diesem Zusammenhang fällt auch oft der Begriff «Sozialpartnerschaft»; was bedeutet, dass die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände gemeinsam Probleme lösen und zwar so, dass diese für alle Beteiligten von Vorteil sind.