Flug

Wenn Airlines das Blaue vom Himmel versprechen

Denise Weisflog

Die Werbespots der Fluggesellschaften suggerieren eine Welt, die mit der Realität oft wenig gemeinsam hat. Low-Cost-Airlines weisen die grössten Verspätungen auf, Premiumflieger Lufthansa führt die Statistik der Annullierungen an.

Pünktlich zu Beginn der Herbstferien wecken Airline-Slogans unsere Reiselust. Doch was steckt tatsächlich hinter den Versprechen der Fluggesellschaften? Das deutsche Verbraucherportal Flightright wollte es genau wissen und prüfte die Werbebotschaften auf ihren Wahrheitsgehalt.

Dafür analysierten die Tester die Verspätungen, Annullierungen und Entschädigungen von easyJet, Ryanair, Air Berlin, Lufthansa und Air France. Alle Daten dazu basieren auf der Flightright-Jahresanalyse 2015, die die verspäteten und annullierten Flüge am Gesamtflugvolumen der Airlines misst. Betrachtet werden 14 Fluggesellschaften. Dies sind die Ergebnisse:

Air Berlin positioniert sich seit der diesjährigen ITB als «The Smart Alternative» auf Langstrecken. Ein Imagefilm über eine mit Air Berlin reisende Geschäftsfrau erläutert die Liebe zum Detail beim Service für diese Reisenden. Dagegen vermarktet sich die Lufthansa im aktuellen TV-Spot selbstbewusst mit dem Slogan «Nonstop you» als Fluggesellschaft, die den Kunden zur Top-Priorität erklärt, und wirbt betont humorvoll mit CEO Wilson, die dank Lufthansa entspannt zum Meeting erscheint. Air France dagegen suggeriert mit «France is in the Air» auf poetische Art und Weise, dass eine Flugreise mit der grössten französischen Airline einer Reise mit der gesamten französischen Kultur an Bord gleicht.

Ein Blick in die Daten der Airlines offenbarte die Realität: Air Berlin ist von den drei Premiumairlines am häufigsten mehr als drei Stunden zu spät. Und ausgerechnet Lufthansa, die «Nonstop you»-Flieger, sind diejenigen, die wegen Annullierungen am häufigsten gar nicht starten – von allen 14 untersuchten Airlines. Air Berlin befindet sich hier auf Platz 4, während Air France mit den wenigsten Annullierungen das positive Schlusslicht bildet.

Air Berlin holt den ersten Platz, wenn es um faire Behandlung geht: Machten Reisende ihre Entschädigungsansprüche geltend, erfolgten die Entschädigungszahlung bei 138 untersuchten Strecken anstandslos und fristgerecht, während Lufthansa auf 197 Strecken versuchte, in erster Instanz zunächst alles auf aussergewöhnliche Umstände zu schieben. Air France lehnte auf 148 Strecken strittige Fälle zunächst kategorisch ab. Laut Flightright hält der französisch-holländische Carrier von den drei Premiumfliegern dennoch seine Versprechen am besten und ist am zuverlässigsten «in the Air».

Günstig heisst nicht pünktlich

«Ich fliege easyJet» – unter diesem Claim stellt die Günstig-Airline in ihrem Werbespot klar, dass bei ihr eben nicht alles inklusive ist, sondern Reisende für Services draufzahlen müssen. Das Gegenteil vermittelt Ryanair: Unter dem Slogan «Low fares, made simple» wirbt die Fluggesellschaft damit, dass man mit bevorzugter Priorität fliegen und auch ein zweites Handgepäck mitnehmen darf. Bei easyJet zahlen Reisende laut Flightright jedoch nicht nur für Essen und Trinken extra, die Airline kostet Passagiere auch oftmals extra Zeit. Denn von allen 14 Airlines der Flightright-Analyse hebt easyJet gleich an zweiter Stelle am häufigsten zu spät ab. Direkt dahinter folgt Ryanair. Allerdings annullieren beide Gesellschaften ihre Flüge seltener als die Premiumairlines – Ryanair noch weniger oft als easyJet. Anders sieht es bei den Entschädigungen aus, denen sich beide Gesellschaften in der Regel komplett verweigern. Im Falle der 194 Strecken von Ryanair musste Flightright 2015 so gut wie alle Ansprüche gerichtlich durchsetzen. eayJet dagegen versuchte auf den 136 untersuchten Strecken alles über Kundenanfragen zu regeln und so gerichtliche Verfahren zu umgehen.

Dazu Philipp Kadelbach, Mitbegründer von Flightright: «Die Werbeversprechen der Airlines drehen sich sinngemäss um den vermeintlich besten Service, die grösstmögliche Bequemlichkeit, den günstigsten Preis oder das einfachste Reiseerlebnis. Kommt es jedoch zu Krisen in Form von Verspätungen und Annullierungen, zeigt sich, dass bei einigen Fluggesellschaften ‹Service› nicht einmal mehr gross geschrieben wird und statt ‹Einfachheit› ein langwieriger Streit um die Entschädigung entsteht.»