Flug

Beim Absturz einer Germanwings-Maschine am 24. März 2015 kamen alle 150 Insassen ums Leben. Bild: Germanwings

Der Germanwings-Absturz jährt sich zum 10. Mal

Patrick Huber

Es ist eines der schrecklichsten Flugzeugunglücke aller Zeiten: Ein deutscher Co-Pilot nahm am 24. März 2015 mit seinem Suizid den Tod von 150 Menschen in Kauf. Er steuerte eine Germanwings-Maschine in einen Berg in den französischen Alpen, nachdem er den Captain ausgesperrt hatte.

Ich erinnere mich an dieses grausame Massaker – anders kann man die Tat wohl nicht bezeichnen –, wie wenn es gestern gewesen wäre. Ein Flugzeug der Billigairline Germanwings war nach dem Start in Barcelona in einen Berg in den französischen Alpen gedonnert. Es gab keine Überlebende.

Als Chefredaktor des Aviatikmagazins Cockpit war ich zweimal hintereinander Studiogast beim Talk von «Tele Züri», damals moderiert vom legendären Markus Gilli. Zusammen mit dem früheren Swissair-Captain Olav Brunner analysierten wir gemeinsam, wieso dieses Flugzeug in einen Berg in den französischen Alpen crashen konnte. Schnell wurde klar, dass es sich um kein technisches Vergehen handeln konnte. Die Maschine war bestens gewartet worden, es hatte keine Beanstandungen gegeben. Vielmehr gab der Co-Pilot Anlass zu Spekulationen. Im Tele Züri-Talk kamen beide Experten zur Erkenntnis, dass es sich um einen gezielten Selbstmord handeln musste. Ich sprach damals von einem 150-fachen Mord (144 Passagiere, 6 Crewmitglieder), was nicht überall goutiert wurde, sich am Schluss aber als richtig erwies.

Jedenfalls wurde im Verlaufe der Ermittlungen die Mord-/Selbstmordtheorie immer stringenter, wie nun mein österreichischer Namensvetter und Aviatikexperte Patrick Huber in seinem neuesten Buch beweist.

Dramatische Szenen in der Kabine

Hier sind seine Erkenntnisse: Co-Pilot Andreas Lubitz hatte seinen Kapitän aus dem Cockpit ausgesperrt und das Flugzeug danach in einem gut 11 Minuten langen Sinkflug kontrolliert und vorsätzlich gegen ein Bergmassiv gesteuert. Während der letzten Momente dieses Fluges, die für die Menschen an Bord zur grausigen Ewigkeit wurden, müssen sich in der Kabine dramatische Szenen abgespielt haben, die man mit Worten kaum beschreiben kann.

Denn die Passagiere und Besatzungsmitglieder spürten aufgrund des starken Sinkfluges nicht nur den zunehmenden Druck in ihren Ohren, sondern bekamen zudem ohne jeden Zweifel mit wie Kapitän Patrick Sondenheimer heldenhaft aber leider vergeblich versuchte, die gepanzerte Cockpittür vermutlich mit Hilfe der Crash Axe aufzubrechen, um sein Flugzeug und die Menschen an Bord zu retten. In den ersten Reihen der Passagierkabine waren höchstwahrscheinlich auch die markerschütternden Warnsirenen und Computerstimmen («Terrain, Terrain, Pull up, Pull up!») aus dem Cockpit, die den unmittelbar bevorstehenden Absturz ankündigten, zu vernehmen.

Gleichzeitig sahen die 144 Passagiere durch die Fenster auch die Berge immer schneller auf sich zurasen, ehe der Jet um 09:41:06 Uhr UTC, das entspricht 10:41:06 Uhr Lokalzeit, in den französischen Alpen zerschellte. Die Opfer von Andreas Lubitz müssen unvorstellbare Qualen und Todesangst erlitten haben.

Feilschen um jeden Euro

Doch bei den Entschädigungszahlungen zeigte sich die Konzernmutter Lufthansa knausrig und gefühlskalt, wie Hinterbliebene kritisieren. Teilweise habe man um jeden Euro feilschen müssen, war immer wieder zu hören. Bis heute gibt es deshalb ein schwebendes Verfahren, in dem Hinterbliebene zusätzliches Geld fordern. Dabei geht es auch um die Frage, ob Lufthansa beziehungsweise der flugmedizinische Dienst der Lufthansa verhindern hätte müssen, dass der psychisch kranke Erste Offizier Andreas Lubitz überhaupt im Cockpit sass.

Mit aussergewöhnlicher Akribie hat der Flugspezialist Patrick Huber den Absturz von Germanwings Flug 9525 sowie die Untersuchung des Unfalls mit Unterstützung von Verkehrspiloten und Technikexperten bis ins kleinste Detail rekonstruiert. Gleich in zwei der 23 Kapitel dieses Sachbuches widmet sich der erfahrene Fachjournalist einigen der zur Absturzursache kursierenden Verschwörungstheorien und sonstigen wilden Spekulationen. Huber widerlegt sie allesamt mit stichhaltigen präzisen Analysen und zeigt anhand unstrittiger Fakten auf, weshalb es an der Schuld des Ersten Offiziers Andreas Lubitz für die Katastrophe nicht den geringsten Zweifel gibt.

Abgerundet wird dieses Sachbuch (232 Seiten, ISBN Hardcover: 978-3-818776-21-3 / EUR 28,99) durch 56 Fotos und Grafiken. Erhältlich ist «Germanwings Flug 9525 ‒ Absturz in den französischen Alpen» ab sofort über den Webshop des Verlages Epubli. Ausserdem kann es unter Angabe der ISBN über Buchhandlungen bezogen werden.