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EU gibt Lufthansa grünes Licht für ITA-Übernahme
Die Europäische Kommission gibt offiziell grünes Licht für die Hochzeit zwischen ITA Airways und Lufthansa. Nach mehrmonatigen Verhandlungen und Konfrontationen zwischen den Parteien, Streitigkeiten, Schritten nach vorn und abrupten Bremsen und Fortschritten gibt die EU-Kartellbehörde grünes Licht für den Einstieg des deutschen Luftgiganten in die italienische Fluggesellschaft, die aktuell im Besitz des Wirtschaftsministeriums ist. Dies wurde in einem Vermerk von Brüssel selbst bestätigt, einen Tag vor dem für den 4. Juli angesetzten Entscheidungstermin.
Die Europäische Kommission «hat den geplanten Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über Ita Airways durch die Deutsche Lufthansa AG und das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt», heisst es in der Mitteilung. «Die Genehmigung erfolgt vorbehaltlich der vollständigen Erfüllung der von Lufthansa und dem Mef angebotenen Abhilfemassnahmen».
«Finalmente...»
«Heute schliessen wir eine historische und langjährige Affäre der nationalen Fluggesellschaft, die 40 Jahre lang die öffentliche Debatte geprägt hat, positiv ab», atmete der italienische Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti während der Pressekonferenz in Rom auf, zusammen mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Ita-Präsident Antonino Turicchi. «Es ist ein Erfolg für diese Regierung und vor allem für dieses Land–, fügte er hinzu. Die positive Lösung mit einem Betreiber, der uns die Möglichkeit gibt, den Luftverkehr von und nach Italien auszubauen, wird Rom zum Referenzdrehkreuz für Amerika, Asien und Afrika machen».
Carsten Spohr sagte, er freue sich, die italienische staatliche Fluglinie ITA bald «als neues Mitglied unserer Airline-Familie begrüssen zu können». Mit dem Abschluss des Anteilserwerbs mittels Kapitalerhöhung wird im vierten Quartal gerechnet.
Konzentrierte Marktmacht
Nach Meinung vieler Experten könnte ITA allein nicht überleben. Im Heimatmarkt wurde sie von Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet in die zweite Reihe gedrängt. Auf den gewinnbringenden Strecken über den Atlantik tut sie sich schwer, gegen die Macht der sehr viel grösseren US-Anbieter anzukommen. Das ist in einem starken Verbund wie mit der Lufthansa erheblich einfacher, wie auch die EU-Kommission nunanerkannt hat.
Gerade an diesem Punkt hatten die EU-Wettbewerbshüter aber Bedenken angemeldet, weil Lufthansa über dem Nordatlantik in einem Joint Venture auch Absprachen mit United und Air Canada trifft. Auf dem lukrativsten Luftverkehrsmarkt der Welt sind aber auch sämtliche anderen US-Carrier sowie die europäischen Lufthansa-Konkurrenten IAG um British Airways und Air France-KLM aktiv. Die Kommission war im März überzeugt, dass der von anderen Fluggesellschaften ausgehende Wettbewerbsdruck auf Strecken zwischen Italien und den USA sowie von und nach Kanada sowie Japan vernachlässigbar sei.
Zudem hatten die EU-Beamten Bedenken, dass sich bei der Lufthansa auch auf Kurzstrecken zwischen Italien und mitteleuropäischen Ländern zu viel Marktmacht konzentrieren könnte. Konkurrenz gebe es zwar – in erster Linie durch Gesellschaften wie Ryanair – solche Billigfluggesellschaften starteten aber oft von abgelegenen Flughäfen. Lufthansa ist auch seit Jahren mit der eigenen Regionalgesellschaft Air Dolomiti in Norditalien aktiv.
325 Millionen Euro für 41 Prozent
325 Millionen Euro sollen als erste Rate für 41 Prozent der Anteile in das Eigenkapital on ITA fliessen. Der italienische Staat bleibt zunächst noch an Bord. Ab 2025 kann Lufthansa unter genau definierten Bedingungen die Option für weitere 49 Prozent ziehen und unter Umständen sogar alleiniger Eigentümer der Airline werden. Für die Übernahme der restlichen 10 Prozent vom Staat muss noch die geschäftliche Entwicklung bewertet werden.
Als neuer ITA-Chef ist Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch, der bereits knappe acht Jahre lang die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. ITA verfügt über 71 Flugzeuge und 4500 Beschäftigte.