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Bitter: Die grösste rumänische Fluggesellschaft Blue Air ist bis auf Weiteres gegroundet. Bild: zVg

Das rumänische Flugproblem

Urs Huebscher

Blue Air hat am Freitag, 9. September in einer offiziellen Mitteilung bekannt gegeben, dass man erst ab dem 10. Oktober 2022 wieder fliegen will. Das Unternehmen verfügt derzeit nicht über die erforderlichen Mittel, um Treibstoff und andere Betriebskosten zu bezahlen, die für die ab Montag, 12. September geplanten Flüge erforderlich wären.

Die rumänische Blue Air ist am Boden. Das Unternehmen verfügt derzeit nicht über die erforderlichen Mittel, um Treibstoff und andere Betriebskosten zu bezahlen, die für die ab Montag, 12. September geplanten Flüge erforderlich wären. Eine Wiederaufnahme der Flüge steht per 10. Oktober im Raum. Allerdings müssen die Strecken, auf denen die Billigairline ab dem 10. Oktober wieder fliegen möchte, erst noch bestätigt werden.

Seit Donnerstag stellten die Geschäftsleitung, der Verwaltungsrat und die Aktionäre von Blue Air fest, dass das Niveau der Ticketverkäufe erheblich beeinträchtigt wurde und die Beträge, die von den Zahlungsabwicklern eingezogen wurden, von ihnen blockiert wurden. Darüber hinaus haben alle Anbieter wesentlicher Flugleistungen die Erbringung solcher Leistungen von der Begleichung ausstehender Schulden abhängig gemacht. In diesem Zusammenhang wurden alle Aspekte hinsichtlich einer schnellstmöglichen Wiederaufnahme des Flugbetriebs analysiert und direkt mit Dutzenden von kritischen Lieferanten des Unternehmens, nämlich Flughäfen, Abfertigungsunternehmen, Treibstofflieferanten, Verkehrskontrollbehörden der Fluggesellschaft sowie mit dem Eigentümer, diskutiert.

Die Entscheidung zur Wiederaufnahme der Flüge berücksichtigt die Möglichkeit, allen betroffenen Passagieren die geschuldeten Beträge zurück zu erstatten und allen Handelspartnern die Kosten für die erbrachten Leistungen zu erstatten.

Die Tourismusbranche kennt die Wahrheit

Der rumänische Reisebüro-Verband geht davon aus, dass die örtlichen Reisebüros zwischen 2 und 3 Millionen Euro durch dieses von Blue Air verursachte Chaos verloren haben. Der rumänische Staat verlor auch mindestens 1 Million, die an TAROM überwiesen wurden für die Rückholungsflüge.

Die Schulden beim Umweltfonds wurden gestaffelt, also ein weiterer Verlust für den Staat. Mehr als 54.000 betroffene Passagiere verloren Geld, aber auch jede Menge Nerven und verschwendete Zeit. Und diese kommen zu den 230 Millionen Euro Schulden hinzu. Blue Air – Blaue Luft…

Was bleibt, wenn Blue Air am Ende verschwindet?

Der Ruf einer Fluggesellschaft und das Vertrauen der Passagiere in sie sind nicht leicht zu verdienen, und wenn Blue Air verschwindet, wird dies höchstwahrscheinlich zu einer noch aggressiveren Expansion von Wizz Air und Ryanair im Markt führen. Kurz gesagt, der Markt würde von diesen dominiert. Derzeit ist Wizz Air die mit Abstand stärkste Fluggesellschaft und eine noch stärkere Zunahme des Marktanteils würde es anderen Fluggesellschaften unmöglich machen, zu wachsen, und damit Konkurrenz schaffen.

Auch wenn in Rumänien in den letzten Jahren viele Fluggesellschaften gegründet wurden, sind die meisten von ihnen derzeit inaktiv oder verfügen über kein Image auf dem Markt, um ihren Eintritt in die Öffentlichkeit zu begünstigen und zu beschleunigen. Wenn also Blue Air verschwindet, wird die Marktlücke, die diese Fluggesellschaft hinterlassen hat, nicht von der staatlichen TAROM abgedeckt, wie viele hoffen, denn auch die staatliche Fluggesellschaft liegt seit 15 Jahren in einem eigentlichen  Koma. Aber ein staatseigenes Unternehmen darf mit dem gleichen fehlerhaften Tempo weitermachen, aber ein privates Unternehmen kann nicht überleben, wenn es über einen so langen Zeitraum nur Verluste meldet. Zudem hat TAROM in den letzten Jahren gezeigt, dass sie nicht in der Lage ist, von den klassischen Routen abzuweichen, die es viele Jahre lang mit Verlust betrieben hat. Strecken, auf denen es in vielen Fällen von kommerziellen Partnern (Air France, KLM, Turkish Airlines usw.) und nicht aus eigenen Kräften beim Sitzplatzverkauf seiner Flugzeuge unterstützt wird. Natürlich spricht nichts dagegen, solche Partnerschaften zu haben, aber es ist wahrscheinlich etwas schwieriger, solche Strecken finanziell nachhaltig zu betreiben.

Dasselbe gilt jedoch nicht für private Unternehmen, ob kostengünstig oder nicht, diese versuchen neue Möglichkeiten zu finden und atypische Routen einzuführen, und dann durch niedrige Preise eine Nachfrage zu schaffen. Neben der Zurückhaltung auf kommerzieller Seite, neue Märkte zu erschliessen, mangelt es TAROM auch an der operativen Kapazität, um zu expandieren. Der Staatskonzern hat in den vergangenen Jahren mehrere Flugzeuge bestellt, allerdings nicht mit dem Ziel, zu expandieren, wie es in der Branche üblich ist, sondern um die von ihm betriebenen alten Flugzeuge zu ersetzen. Flugzeuge, die in den meisten Fällen noch mit den Original-Sitzen ausgerüstet sind, wie sie vor vielen Jahren aus den Werken von Airbus, ATR und Boeing geliefert wurden.

Animawing, Hisky, AirConnect

Zurück zu den in den letzten Jahren gegründeten rumänischen Fluggesellschaften, von denen bisher nur drei reguläre kommerzielle Flüge angekündigt und durchgeführt haben: Animawing, Hisky und bald AirConnect. Die übrigen rumänischen Fluggesellschaften (Fly Lili, Legend Airlines, Just Us Air (Dan Air), Star East Airlines, Aero Direkt, HelloJets) führen Charterflüge für andere Fluggesellschaften durch oder fliegen teilweise gar nicht mehr. Ausserdem sind ihre Flotten klein, und ein unabhängiger Kampf mit den Giganten wie Wizz Air oder Ryanair würde für sie zu katastrophalen Ergebnissen führen, weil sie keinen Ruf und keinen Investitionsfonds haben, um endlos Geld in Handelskriege zu pumpen. Eine alte rumänische Fluggesellschaft, die immer noch fliegt, ist Carpatair, aber sie hat nur drei Flugzeuge in ihrer (aktiven) Flotte und führt seit Jahren Flüge für andere Fluggesellschaften in Europa durch. Viele Menschen wissen nicht einmal, dass es diese noch gibt. Darüber hinaus werden die klassischen Gesellschaften, die Rumänien anfliegen, wie Lufthansa, Austrian Airlines, Swiss, British Airways, LOT, Turkish Airlines, KLM, Air France usw. hier nicht expandieren. Der Grund ist plausibel: Durch die Dominanz der Billigflieger in den letzten Jahren ist die rumänische Bevölkerung sehr preisempfindlich.

Es also ziemlich vorhersehbar, dass Rumänien früher oder später zu einem Markt wird, der von den beiden Billigfluglinien Wizz Air und Ryanair dominiert wird. Zwei Unternehmen, die jede Flugannullierung oder -Verspätung mit viel Spott behandeln. Unternehmen, die trotz europäischen Regelungen Passagiere nur auf ihre eigenen Flüge umbuchen, und für diese es keine Rolle spielt, dass der nächste verfügbare Sitzplatz 3,5 oder 10 Tage entfernt ist. Man spielt mit den Passagieren wie man möchte. Man akzeptiert es, da es keine Alternativen gibt. Ohnehin werden die meisten lokalen Flughäfen bereits von Wizz Air dominiert, aber die vollständige Übernahme des Marktes und der fehlende Wettbewerb würden automatisch zu höheren Ticketpreisen führen. Preise, die leider absolut nichts an den angebotenen Dienstleistungen, den Gehältern der Mitarbeiter und den Einnahmen der Flughäfen ändern werden.